DAZ aktuell

Alles liberalisieren, was geht

Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber fordert Deregulierung des Apothekenmarktes

bro | Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber hat anlässlich zweier Oppositionsanträge zum Apothekenmarkt eine umfangreiche Liste an Deregulierungswünschen an den Bundestag geschickt. Die Arbeitgeber wollen alles liberalisieren, was geht. Unter anderem fordern sie Apothekenketten und das Ende der Preisbindung.

Am 17. Mai stehen im Gesundheitsausschuss zwei wichtige öffentliche Anhörungen für die Apotheker an. Die Linke hatte bereits vor mehreren Wochen einen Antrag ins Parlament eingebracht, der ein Rx-Versandverbot vorsieht. Die Oppositionspartei spricht sich seit Jahren für eine Abschaffung des Versandhandels und für eine Stärkung der Apotheker aus.

Linke wollen Rx-Versandverbot, Grüne einen Boni-Deckel ...

Unter dem Titel „Gute und wohnortnahe Arzneimittelversorgung“ stellt die Fraktion einen Gesetzgebungsantrag, der deutlicher nicht sein könnte. Zwei Punkte möge der Bundestag beschließen, heißt es darin. Unter Punkt 2 steht kurz und knapp: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der durch Änderung von § 43 Arzneimittelgesetz den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbietet.“

Ein weiterer Apotheken-Antrag kommt aus der Grünen-Fraktion. Die Grünen um Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche fordert ein ähnliches Modell, wie es die SPD-Politiker Sabine Dittmar und Edgar Franke vorgeschlagen hatten. Demnach sollen Rx-Boni für alle Marktteilnehmer gedeckelt erlaubt werden.

... Arbeitgeber weder das eine noch das andere

Als einer der ersten Fachverbände äußerte sich nun die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) zum Arzneimittel-Versandhandel. Die BDA vertritt die Interessen mehrerer Fachverbände, die wiederum einzelne Marktsegmente in der Wirtschaft vertreten. Die BDA hatte schon Mitte März eine Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zum Rx-Versandverbot entworfen und schickte diese Stellungnahme nun im Rahmen der Oppositions-Anträge an den Bundestag. Unter der Überschrift „Arzneimittelmarkt liberalisieren statt Versandhandel verbieten“ fordert der Wirtschaftsverband eine Beibehaltung des Rx-Versandhandels. Ganz im Gegenteil: „Der Wettbewerb beim Arzneimittelvertrieb darf nicht noch weiter eingeschränkt werden, sondern sollte – vor allem auch im Interesse der Versicherten und Beitragszahler – intensiviert werden“, heißt es in der Stellungnahme. Aus Sicht der BDA müssten insbesondere die Patienten unter einem Versandverbot leiden: „Unmittelbar belastet würden dadurch vor allem stark auf Arzneimittel angewiesene Patienten, weil sie dann nicht mehr die Chance hätten, die von ihnen benötigten Arzneimittel so günstig wie bislang möglich zu beschaffen.“

Statt eines Versandverbotes oder eines sogenannten „Boni-Deckels“ fordern die Arbeitgeber die komplette Abschaffung der Rx-Preisbindung. „Diese Preisbindung verhindert heute sonst mögliche Entlastungen der Patienten und Beitragszahler.“ Und damit noch nicht genug: Die Kassen sollten unbedingt die Möglichkeit bekommen, mit den Apothekern oder ihren Verbänden Selektivverträge über die Arzneimittelpreise abzuschließen. Zur Begründung ihrer Forderung führen die Arbeitgeber-Verbände an, dass der Versandhandel nicht – wie etwa vom BMG behauptet – das Apothekennetz zerstöre. Dafür liege schlichtweg kein Nachweis vor. Mit Blick auf den geringen Marktanteil der Versandhändler sei es außerdem „irreführend“, von einer Existenzbedrohung zu sprechen.

BDA war eigentlich gar nicht gefragt

Obwohl die BDA nicht als Fachverband zur öffentlichen Anhörung eingeladen wurde, nutzt der Spitzenverband die Möglichkeit, mit dem Apothekensystem abzurechnen. Weder im Linken- noch in dem Grünen-Antrag spielt die Frage nach dem Fremd- und Mehrbesitzverbot eine Rolle. Die Arbeitgeber wollen dazu trotzdem ihre Meinung abgeben: „Auch das Mehr- und Fremdbesitzverbot für Apotheken ist im Interesse einer höheren Wettbewerbsintensität in der Arzneimittelversorgung vollständig aufzuheben.“ Dass das Apothekennetz durch solche Maßnahmen noch weiter ausgedünnt werden könnte, stört den Arbeitgeber-Spitzenverband nicht. „Zudem wäre auch bei einem deutlichen Rückgang der Zahl der Präsenzapotheken noch eine ortsnahe Versorgung gewährleistet.“

In den kommenden Tagen dürften der Bundestagsverwaltung noch zahlreiche Stellungnahmen zum Rx-Versandverbot der Linken und zum Boni-Deckel der Grünen zugeschickt werden. Bei der öffentlichen Anhörung der beiden Anträge haben dann die Gesundheitspolitiker aller Fraktionen die Gelegenheit, geladene Fachverbände zu ihrer Meinung zu diesen Themen zu befragen. Der Ausschuss gibt die Anträge dann mit einer Beschlussempfehlung an das Plenum weiter. |

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