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Sozialwahl 2017

Soll ich da mitmachen – und warum?

Derzeit läuft wieder eine Wahl der Superlative ab: die „größte deutsche Briefwahl“ mit rund 51 Millionen Wahlberechtigten und Kosten in ähnlicher Millionenhöhe. Gewählt werden die Verwaltungsräte bzw. Vertreterversammlungen der gesetzlichen Sozialversicherungen für die nächsten sechs Jahre.

Als Apothekenangestellte haben Sie vielleicht auch schon Infopost und Wahlunterlagen bekommen – von der Deutschen Rentenversicherung Bund bzw. der Deutschen Rentenversicherung Saarland und vielleicht auch von Ihrer Krankenkasse, falls Sie bei einer der vier Ersatzkassen DAK, Techniker Krankenkasse, HKK oder KKH versichert sind. Mitglieder der Barmer wählen aufgrund der Fusion von Barmer GEK und Deutscher BKK erst im September 2017.

Bei allen anderen Trägern von gesetzlichen Renten- und Krankenversicherungen findet statt dieser „Urwahl“ eine sogenannte „Friedenswahl“ statt, bei der die Kandidaten einer einzigen Liste alle bereits „gesetzt sind“ und die Versicherten keine Stimme abgeben können.

Fotos: Infobüro Sozialwahl; www.sozialwahl.de

Einerseits: Kritik und Reformbedarf

Falls Sie sich etwas ratlos fragen, warum und wen Sie da eigentlich wählen sollen, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Bei der Mehrzahl der Wahl­berechtigten wandert der Stimmzettel daher gleich in den Papierkorb.

Aber auch diverse Sozialexperten und Verwaltungsfachleute halten die Wahl in ihrer jetzigen Form für pseudodemokratisch und Geldverschwendung. Dafür gibt es zwei Hauptgründe:

Erstens sind die Einflussmöglichkeiten der zu wählenden Verwaltungsräte begrenzt. Die Aussage der Sozialkassen – „je höher die Wahlbeteiligung, desto größer der Einfluss der Selbstverwaltungsorgane“ – darf angezweifelt werden. So werden bei der Rentenversicherung Beitragshöhe und Rentensteigerung vom Gesetzgeber festgelegt.

Zum zweiten unterscheiden sich die Ziele der zur Wahl stehenden Listen – von Gewerkschaften und von unabhängigen Versichertenvertretern – nicht so wesentlich und sind zumindest für den Laien schwer zu greifen. Einzelkandidaten gibt es ohnehin nicht.

Sie wollen mehr wissen?

Viele Infos rund um die Sozialwahl, zum Beispiel Argumente von Befürwortern wie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), aber auch von Vertretern der Grünen, der Linken, der FDP, der Kirchen u. a., sowie Kurzvideos von Vertreter/innen der kandidierenden Listen finden Sie hier: www.sozialwahl.de

Die Wahlbeteiligung ist daher auch traditionell niedrig; 2011 bei der letzten Sozialwahl betrug sie 30 Prozent. Und das trotz eines beträchtlichen Werbe- und Kostenaufwandes von 93 Cent pro Wahlberechtigtem.

So wird schon seit Langem eine Reform der Sozialwahl gefordert, doch bisher ist alles beim Alten geblieben.

Andererseits: Es geht um die Interessen der Versicherten!

Also zurück zur Frage „Wählen oder nicht wählen?“ Hier die wichtigsten Argumente dafür:

1. Es geht um viel Geld: Die Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Bund beschließt den zweitgrößten öffentlichen Haushalt mit einem Volumen von 137 Milliarden Euro. Alle in der Sozialwahl gewählten Gremien zusammen entscheiden sogar über mehr als 370 Milliarden Euro.

2. Es geht um Beiträge für die Versicherten (Arbeitnehmer, Rentner) und die Leistungen (auch für mitversicherte Familienmitglieder): Bei den Ersatzkassen beschließt der Verwaltungsrat über die Höhe der Zusatzbeiträge, aber auch über Angebote, die über die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen hinausgehen (satzungsgemäße Leistungen wie bestimmte Vorsorgeuntersuchungen, Wahltarife, Bonusprogramme). Außerdem wählen die Verwaltungsräte die Widerspruchsausschüsse der Kassen.

3. Darüber hinaus handelt es sich bei den Kandidatinnen und Kandidaten in aller Regel um engagierte und kompetente Arbeitnehmervertreter. Ihnen gilt es durch die Wahl den Rücken für ihre ehrenamtliche Arbeit zu stärken.

4. Wer auf die Sozialwahl verzichtet, gibt ein Stück Mitbestimmung preis. Wenn irgendwann wirklich eine Reform der Sozialwahl kommen sollte, wäre eine gute Wahlbeteiligung ein Zeichen dafür, dass die Betroffenen ein Interesse an demokratischen Strukturen haben.

5. Und außerdem wäre es sicherlich wünschenswert, wenn die Verwaltungsräte bei der Umsetzung wichtiger Themen wüssten, dass sie im bewussten Auftrag von 51 Millionen Wählerinnen und Wählern handeln. Diese Legitimation der Selbstverwaltung ist gerade auch gegenüber der Politik wichtig!

Eine Wahlempfehlung für eine bestimmte Liste gibt ADEXA jedoch bewusst nicht ab. |

Sigrid Joachimsthaler

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