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Kein Remifentanil erhältlich

Operationen nicht in Gefahr – Lösungen gefordert

ms | Seit Monaten sind Arzneimittel mit dem Anästhetikum Remifentanil entweder gar nicht oder nur kontingentiert zu erhalten. Auch wenn Anästhesisten noch keine akute Gefahr für geplante Operationen sehen, fordern Vertreter aus Ärzteschaft und Politik Lösungen, um solche Probleme zukünftig zu vermeiden.

Bundesweit fehlt in Operationssälen derzeit das Opioid Remifentanil. Zur Zeit sind neben dem Original Ultiva® von Glaxo Smith Kline (GSK) auch Generika der Firmen B. Braun, Fresenius-Kabi, Hameln, Hexal und Teva auf dem Markt. Von diesen nutzten GSK und Teva das freiwillige Meldesystem zu Lieferengpässen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Als Gründe nannten die Firmen „Verzögerungen bei der Herstellung“. Ein Ende des Engpasses sei bisher nicht bekannt. Auf Nachfrage von DAZ.online gab GSK an, dass die erhöhte Nachfrage die bisherigen Produktionskapazitäten übersteigt. Da GSK mit Ultiva® ungefähr 80 Prozent des Marktes abdeckt, wundert es nicht, dass die Generika-Hersteller die entstandenen Lücken nicht ausfüllen können. Zudem gab Hexal an, sich bereits im Jahr 2015 entschieden zu haben, Remifentanil nicht mehr zu vermarkten.

Vorwürfe gegen GSK

In der vergangenen Woche griffen auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) und „Bild“ das Thema auf. Vor allem die FAZ ging mit GSK hart ins Gericht: GSK habe den Vertrieb der Anästhetika an Aspen Pharma verkauft und dieses leite nun die Mittel in andere, womöglich lukrativere Märkte. Der Hersteller sei zur Zeit nur in der Lage, zwei Großkliniken, mit denen Direktverträge bestünden, sowie die Bundeswehr zu versorgen.

GSK wehrt sich gegen die Vorwürfe. Zwar sei die Anästhesie an Aspen verkauft worden, doch liege der Übertrag noch in der Zukunft, weshalb der Remifentanil noch von GSK selbst vertrieben werde. Auch beliefere das Unternehmen mehr als eine Klinik.

Experten sehen keine Gefahr

Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI) sieht angesichts vorhandener begrenzter Remifenatil-Kapazitäten und möglicher Alternativen aktuell keine Gefahr, dass Opera­tionen nicht durchgeführt werden könnten. Das wurde bei einer Gesprächsrunde beim BfArM deutlich, bei der Vertreter des Herstellers GSK und der DGAI eine Strategie zum Umgang mit dem Remifentanil-Engpass diskutierten. In Kürze soll es Empfehlungen seitens der DGAI geben, welche Alternativen anstelle von Remifentanil eingesetzt werden können.

Lösungen für die Zukunft?

Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, fordert derweil „für wichtige Arzneimittel in Deutschland eine Medikamenten­reserve“. Auch soll die Arzneimittelproduktion international besser überwacht werden. SPD-Fraktions­vize Karl Lauterbach fordert, dass sich niedergelassene Ärzte künftig auch über Krankenhausapotheken versorgen dürfen sollen, wenn Lieferengpässe bei lebenswichtigen Arzneimitteln bestehen. |

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