Aus den Ländern

Multikulti in der Apotheke

Religiöse und kulturelle Einflüsse auf die Arzneimitteltherapie

Durch die Globalisierung und den Flüchtlingszustrom begegnen sich Menschen ganz verschiedener Kulturen. Das Wissen über religiöse und kulturelle Hintergründe erleichtert den respektvollen Umgang und die Beratung im pharmazeutischen Alltag. Diese Thematik erörterte die 25. Jahrestagung der Fachgruppe „Christen in der Pharmazie“ vom 17. bis 19. März 2017 in Brotte­rode/Thüringen.

Dr. Devid El-Wahsch, Apotheker in Düsseldorf mit ägyptischen Wurzeln, ermutigte die Teilnehmer, die kulturelle Identität von Menschen ernst zu nehmen und zu respektieren. So wird eine muslimische Mutter dankbar reagieren, wenn sie freundlich auf Alkohol in einem Hustensaft hingewiesen wird. Ähnliches gilt für Hilfs- oder Wirkstoffe vom Schwein, für Rauschpflanzen oder andere im Islam als „haram“ (= unrein) eingestufte Dinge.

Interkulturelle Kommunikation

Die Ärztin Dr. Hanna-Maria Schmalenbach, Tübingen, erläuterte, dass jede Kultur mit nicht hinterfragten Grundannahmen, Werten und Überzeugungen das Verhalten der Menschen prägt. Im pharmazeutischen Alltag ist daher auch das jeweilige Krankheitsverständnis einer Kultur relevant. So gewichten Menschen in Asien, die an Karma und Reinkarna­tion glauben, die Hilfe für Kranke anders als Menschen in Kulturen mit christlicher Tradition.

Animistische Weltanschauungen, die auch bei uns präsent sind, bezeichnete Schmalenbach als „Urreligion des menschlichen Herzens“. Der Animist rechnet sowohl mit Göttern und Geistwesen als auch mit einer unpersön­lichen magischen Kraft, die in bestimmten Gegenständen oder Orten konzentriert sein kann, z. B. in einem Amulett oder Kraftstein.

Die Schwierigkeiten bei der inter­kulturellen Kommunikation erklärte Schmalenbach mit der Existenz von „kulturellen Filtern“. Dazu gehören der Denkstil, sprachliche Ausdrucksweisen, Assoziationen und Verhaltensmuster. Deutsche sind es gewohnt, die Dinge eher direkt anzusprechen, ohne auf den situativen Kontext zu achten. Sie stehen damit im Gegensatz zu Menschen aus kontextbasierten Kulturen mit viel indirekter Kommunikation, die z. B. immer erst einige Minuten Smalltalk brauchen, bevor sie zur Sache kommen.

Dr. Ulrich Mayer, Industrieapotheker in Magdeburg, ermutigte die Teilnehmer zu „echten, persönlichen“ interkulturellen Begegnungen. Sie helfen gegen Vorurteile, und aus anfänglicher Neugierde kann sich ein bereicherndes Miteinander entwickeln, bei dem die Identität aller Beteiligten erkennbar bleiben darf. Der christliche Grundsatz „Einer achte den anderen höher als sich selbst“ sei dafür hilfreich, wenn auch nicht immer leicht umsetzbar.

Diese Tagung wurde bei der LAK Thüringen mit acht Fortbildungspunkten akkreditiert. Die nächste Tagung der Fachgruppe Christen in der Pharmazie findet vom 16. bis 18. März 2018 in Marburg statt. Das Thema lautet: „Schlaf – Schlafmittel – Schlafmittelabhängigkeit“. Weitere Informationen hier: www.pharmazie.smd.org. |

Jens Kreisel, Plauen

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