Interpharm 2017 - Pädiatrie-Symposium

Asthma im Kindesalter – eine therapeutische Besonderheit

Gemeinsame Betreuung durch Arzt und Apotheker steigert Therapieerfolg

cb | Asthma bronchiale kann sich bereits im Säuglingsalter manifestieren. Die Identifizierung dieser jungen Patienten ist eine Herausforderung, ebenso wie ihre Behandlung. Der Kinderpneumologe Dr. med. Marcus Dahlheim und der Apotheker Dr. Eric Martin stellten gemeinsam die Besonderheiten der Symptome und der Behandlung von Asthma im Kindesalter dar.

Im Kleinkindalter lässt sich Asthma häufig schlecht diagnostizieren. Denn Kinder in dieser Lebensphase leiden häufig an Husten infolge wiederkehrender viraler Infekte – insbesondere wenn sie Kindereinrichtungen besuchten. Trockener Husten, insbesondere nachts und nach Belastung, kann auf Asthma hindeuten. Auch wenn zusätzlich Atembeschwerden oder wiederkehrendes Giemen auftreten, ist an diese Erkrankung zu denken. Wenn Kleinkinder sich gern tragen lassen oder sich häufig still sitzend beschäftigen und weniger rennen, spielen und lachen als Altersgenossen, wird dies oft positiv bewertet. Doch diese reduzierte Aktivität kann ebenfalls auf Asthma hindeuten. „Diese Kinder dürfen uns nicht entgehen“, betonte Dahlheim.

Foto: DAZ/Lennart Preiss
Dr. med. Marcus Dahlheim

Einteilung nach dem Grad der Kontrolle

Nach den aktuellen Leitlinien wird eine Einteilung des Asthmas heute nicht mehr nach dem Schweregrad, sondern nach dem Grad der Kontrolle vorgenommen. Bei Kindern liegt ein kontrolliertes Asthma vor, wenn

  • tagsüber keine Symptome auftreten,
  • die Alltagsaktivitäten nicht eingeschränkt sind,
  • keine Bedarfsmedikation notwendig ist,
  • die Lungenfunktion, bestimmt mithilfe von PEV oder FEV1, normal ist und
  • keine Exazerbationen auftreten.

Um das Ausmaß der Asthma-Kontrolle zu bestimmen, gibt es verschiedene Hilfsmittel. Dahlheim stellte einen am Center for Allergy Research and Education (CK-CARE) der Christine Kühne-Stiftung entwickelten Fragebogen (ACTTM, www.ck-care.org) für Kinder zwischen vier und elf Jahren vor, den sowohl Eltern als auch Kinder ausfüllen müssen. Anhand dieses Fragebogens kann der Arzt einschätzen, ob der aktuelle Asthma-Behandlungsplan wirksam ist oder ob er angepasst werden muss. Dahlheim gab zu bedenken, dass die Peak-flow-Messung bei manchen Kindern nicht aussagekräftig ist, da eine hohe interindividuelle Streubreite der Werte auftritt. Bei manchen Kindern kann sie beim Monitoring hilfreich sein, sie ersetzt jedoch keine Lungenfunktionsprüfung.

Kindgerecht aufklären: Therapeutika sind „Feuerlöscher“

Bei Kindern ab dem Schulalter ist nach Dahlheim eine Asthma-Schulung mit jährlicher Nachschulung unerlässlich. Sie wird von fast allen Krankenkassen ohne Antrag erstattet. Darin werden die Therapeutika kindgerecht erklärt. Beispielsweise stellt man Akutmedikamente (Reliever) wie die Beta-2-Sympathomimetika als kleine starke Männchen dar, die die Atemwege aufweiten. Inhalative Corticosteroide, die als Controller die Entzündung dauerhaft bekämpfen sollen, werden als Feuerlöscher bezeichnet.

Richtige Anwendung spielerisch einüben

Bei Säuglingen kommen zur Inhalation Spacer mit Maske zum Einsatz, die laut Packungsbeilagen bis zum vierten Lebensjahr verwendet werden können. Entgegen diesen Empfehlungen kann jedoch bereits ab 15 bis 18 Monaten auf einen Spacer mit Mundstück umgestellt werden. Dabei muss beim Kind eine gute Akzeptanz erreicht werden. „Mit Zwang ist nichts zu machen“, so Dahlheim. Vielmehr sollte die Inhala­tion Spaß machen, das Gerät muss zum „Freund des Kindes“ werden.

Fotos: DAZ/Lennart Preiss
Dr. Eric Martin zeigte anschaulich, wie eine Asthma-Therapie gelingen kann: Erklären und Schulen.

Anwendungsfehler vermeiden

Der Behandlungserfolg bei Asthma ist selten größer als die Handhabungskompetenz der Patienten, erläuterte Martin. Um die in der Asthma-Schulung erworbenen Fähigkeiten zu erhalten und Handhabungsfehler aufzudecken, ist die Beratung in der Apotheke unverzichtbar. „Verwenden Sie Demogeräte!“, sagte Martin. Kommt ein Patient mit einem Inhalator gut zurecht, wäre es sehr ungünstig, wenn er bedingt durch eine Rabattvertrag auf ein Präparat mit einem anderen Inhalator wechseln müsste. In einem solchen Fall sollten auf dem Rezeptformular pharmazeutische Bedenken vermerkt werden. Auch die Zahl parallel einzusetzender Systeme sollte, wenn möglich, begrenzt werden.

„Jeder detektierte und korrigierte Fehler verbessert die Therapie!“

Apotheker Dr. Eric Martin

Beratung hilft Nebenwirkungen zu reduzieren

Auch unerwünschte Wirkungen lassen sich durch die Beratung in der Apotheke minimieren. Zur Vermeidung lokaler Nebenwirkungen wie Mundsoor oder Heiserkeit sollten Asthmapatienten bzw. die Eltern immer wieder daran erinnert werden, Cortison-haltige Sprays unbedingt vor dem Essen anzuwenden. Direkt nach der Inhalation ist eine Mundspülung inklusive Gurgeln ratsam, danach sollte etwas gegessen und anschließend etwas nachgetrunken werden. „Alle drei Maßnahmen sind notwendig“, betonte Martin. Als systemische Nebenwirkung von Corticosteroiden wird häufig die Wachstumshemmung genannt. Doch auch ein schlecht kontrolliertes Asthma kann dazu führen, dass Kinder nicht altersgerecht wachsen. Inhalative Steroide verursachen zudem in viel geringerem Maße als systemisch angewendete eine Wachstumshemmung – in therapeutischer Dosierung vermutlich nur passager, wie Studien gezeigt haben.

Immer schütteln!

Bekanntlich müssen nur Suspensions-Dosieraerosole vor der Anwendung geschüttelt werden. Im Hinblick auf mögliche Präparatewechsel ist es nach Martins Ansicht jedoch sinnvoll, dass der Patient verinnerlicht: ein Asthma-Spray muss immer geschüttelt werden. Wichtig ist auch der Hinweis auf die regelmäßige – einmal pro Woche durchzuführende – Reinigung der Sprühdüse, um Verstopfungen zu vermeiden. Bei Kindern, die Probleme mit der Koordination bei der Anwendung von Asthma-Sprays haben, kann das Ausweichen auf ein atemzugindiziertes Dosieraerosol sinnvoll sein, da hier die Koordination entfällt. Dennoch sind auch bei diesen Devices Fehler möglich. So sollten Anwender darauf hingewiesen werden, dass sie die Luftzufuhr nicht mit dem Finger blockieren dürfen. Ein weiterer Anwendungsfehler ist das zu frühe Beenden des Atemmanövers nach dem Auslösen.

Fehlerquellen bei Spacern

Geschlossene Vorschaltkammern (Spacer) sind bei Säuglingen und Kleinkindern die Darreichungsformen der Wahl. Eine häufige Fehlerquelle ist das Trockenreiben nach der Reinigung, wodurch es bei Aerochamber® und Volumatic®, die einen Korpus aus Polycarbonat besitzen, zur elektrostatischen Aufladung und dadurch zu ­Aerosol-Verlusten kommt. Vermeiden lässt sich das, indem der Korpus mit kationischen Tensiden gespült, ein Trockenreiben vermieden und vor der ersten Anwendung ein Priming durchgeführt wird. Beim Vortex®, der einen Metall-Korpus besitzt, kann dieses Problem nicht auftreten. Aus einem Spacer sollte zügig, aber ohne Hektik inhaliert werden. Keinesfalls dürfen, falls zwei Sprühstöße verordnet sind, beide kurz hintereinander in den Spacer abgegeben werden. Vielmehr muss der Patient die Hübe einzeln und nacheinander einatmen.

Individuelle Eignung prüfen

Pulverinhalatoren sind für Säuglinge und junge Kleinkinder generell ungeeignet, unter anderem wegen des geringen Atemzugvolumens in diesem Lebensalter. Bei Systemen wie dem Diskus®, die bereits ab dem vierten Lebensjahr zugelassen sind, sollte man stets die individuelle Eignung evaluieren, betonte Martin. Bei der Auswahl muss der interne Inhalationswiderstand der Geräte berücksichtigt werden, der bei Devices wie Aerolizer® und Cyclohaler® niedrig, bei Handi­haler® und Turbohaler® dagegen hoch ist. |

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