Schwerpunkt Digitalisierung

Digital und vernetzt

Wie die Apothekenzukunft aussehen könnte

Foto: DAZ/diz
Einen Blick in die technische Zukunft der Apotheke gibt die Innovations-Akademie Deutscher Apotheken (IDA). Die Akademie, die u. a. von der Divi­sion Consumer Health der Bayer Vital GmbH unter Beteiligung weiterer Partnerfirmen und -organisationen* unterhalten wird, beschäftigt sich neben der professionellen Apothekenberatung auch mit Innovationen, Überlegungen und Szenarien zu Abläufen in und zur Gestaltung von Apotheken. Am Kölner Rheinufer hat die IDA auf über 200 Quadratmetern eine visionäre Musterapotheke aufgebaut, in der man entdecken und erleben kann, was technisch und gestalterisch für die Apotheken von morgen möglich ist. Die Digitalisierung spielt dabei eine große Rolle. Wir sprachen mit Carsten Aehlen, Leiter der IDA, ob alles sinnvoll ist, was digital möglich ist. | Von Peter Ditzel

* An der IDA sind neben der Division Consumer Health der Bayer Vital GmbH auch Awinta, CareFusion/Rowa, Engelbert, IFH-Köln, Meditec, Treuhand und Wepa beteiligt.

Soviel steht fest: Nur ein paar Monitore und Bildschirme in die Apotheke zu hängen, bedeutet nicht, digital zu sein. Aber was heißt Digitalisierung überhaupt? Eine allgemein gültige Definition scheint es derzeit (noch) nicht zu geben. Auch die Wikipedia-Definition hilft da nicht unbedingt weiter: „Der Begriff Digitalisierung bezeichnet die Überführung analoger Größen in diskrete (abgestufte) Werte, zu dem Zweck, sie elektronisch zu speichern oder zu verarbeiten. Das Endprodukt oder Ergebnis der Digitalisierung wird mitunter als Digitalisat bezeichnet. Im weiteren Sinne wird mit dem Begriff auch der Wandel hin zu elektronisch gestützten Prozessen mittels Informations- und Kommunikationstechnik bezeichnet.“

Im Gabler Wirtschaftslexikon findet man folgende Kurzdefinition: „Der Begriff der Digitalisierung hat mehrere Bedeutungen. Er kann die digitale Umwandlung und Darstellung bzw. Durchführung von Information und Kommunikation oder die digitale Modifikation von Instrumenten, Geräten und Fahrzeugen ebenso meinen wie die digitale Revolution, die auch als dritte Revolution bekannt ist, bzw. die digitale Wende. Im letzteren Kontext werden nicht zuletzt ‚Informationszeitalter‘ und ‚Computerisierung‘ genannt.“

Je nach Branche findet man zahlreiche weitere Definitionen. Es geht dabei in der Regel meist um Daten und Messwerte, um Information und Kommunikation. Was man bei diesem Thema immer bedenken sollte: Da Digitalisierung immer mit Daten zu tun hat, mit Vernetzung, heißt dies, dass Daten nicht in den vier Wänden der Apotheke bleiben müssen, sie sind immer global, vernetzt. Die Internetseiten der Apotheke, der Facebook-Account, WhatsApp und vieles mehr gehören hier dazu.

Worüber sich alle Autoren, die sich mit der Digitalisierung befassen, einig sind: Die Digitalisierung wird kommen, ob es einem gefällt oder nicht.

Foto: DAZ/diz
Mehr als ein Werbe-Display: Ein Sensor am Monitor erkennt, wer zuschaut, und steuert das Werbeprogramm.

Vieles ist möglich, aber auch sinnvoll?

Betrachtet man die Digitalisierung unter den Vorzeichen der Apotheke, so dürften dabei drei Aspekte eine Rolle spielen: Welche Vor- oder Nachteile hat der Kunde durch die Digitalisierung? Was bringt sie dem Apotheker, wie kann er sie sinnvoll einsetzen? Und nicht zuletzt: Wie geht die Industrie mit der Digitalisierung um? „Derzeit gibt es rund 600 Apotheken mit einer digitalen Sichtwahl. Pro Monat kommen derzeit etwa 30 bis 40 Installationen dazu“, weiß Carsten Aehlen, der die Innovations-Akademie Deutscher Apotheken (IDA) leitet. „Eine elektronische Sichtwahl ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn ein Automat in der Apotheke vorhanden ist, was zurzeit in rund 8000 Apotheken der Fall sein dürfte.“

„Aus Sicht der Industrie kann die Digitalisierung den Vorteil bieten“, fügt Aehlen hinzu, „dass sie Vorgänge online steuern kann, beispielsweise Werbe-Displays. Heute müssen Regale und Displays, die die Industrie in der Apotheke platziert, von Hand gewechselt oder ausgetauscht werden, was einen großen Kostenfaktor darstellt. Ein digitales Display kann dagegen online angesteuert und neue Dateien und Inhalte geladen werden – ohne weitere Kosten. Digitale Displays erhöhen zudem die Flexibilität – der Austausch der Motive und Themen kann rasch aktualisiert werden, wenn dies nötig sein sollte.“

Carsten Aehlen ist Leiter der Innovations-Akademie Deutscher Apotheken (IDA).

Ein Zukunftsszenario

Anhand eines kleinen Beispiels entwickelt Aehlen ein Zukunftsszenario, das sich theoretisch heute schon abspielen könnte: Ein junger Mann wacht früh morgens auf mit Halsschmerzen und Schnupfen. Er googelt auf seinem Smart­phone zum Thema Erkältung – mit seiner Suchanfrage teilt er Google mit, dass bei ihm eine Erkältung bevorsteht. Setzt sich der junge Mann mit seinem Smartphone ins Auto, loggt es sich ins Multi-Media-Interface des Autos ein, das wiederum mit dem Internet in Verbindung steht. Google könnte nun mittels Smartphone dem Navigationssystem vorschlagen, dem Fahrer den Weg zur nächsten Apotheke zu zeigen. Der Fahrer akzeptiert den Vorschlag, er lässt sich zur Apotheke lotsen, steigt aus, geht auf die Apotheke zu, wo bereits im Eingangsbereich ein Bildschirm steht, der mit dem Smartphone des eintreffenden Kunden kommuniziert: Das Smartphone teilt dem vernetzten Display mit, dass dieser Kunde eine Erkältung hat. Der Bildschirm schaltet auf das Thema Erkältung um und zeigt dem Kunden sofort entsprechende Erkältungspräparate an. Der Bildschirm leitet diese Info umgehend an die anderen Bildschirme in der Apotheke weiter, die alle auf dieses Thema umschalten. Diese Informationen könnten auch an den Apothekenautomaten weitergegeben werden, der entsprechende Präparate sofort auslagert und dem Apotheker am HV-Tisch zur Verfügung stellt. „Klingt noch weit weg“, so Aehlen, „aber technisch ist das heute schon alles realisierbar. Eine solche Vernetzung wird bereits heute in bestimmten Bereichen getestet. Ob das sinnvoll ist, sei dahingestellt. Die Apotheken sind für solche Szenarien prädestiniert, da sie nahezu alle heute schon mit einem Warenwirtschaftssystem ausgerüstet sind, viele mit einem Automaten, mit Monitoren. Und damit sind Apotheken den Unternehmen wie zum Beispiel Drogeriemärkten heute bereits um Längen voraus“, so Aehlen.

Wo ist der Mehrwert für den Kunden?

Aber warum sollte sich eine Apotheke weiter digitalisieren? Warum sollte sie sich weiter vernetzen? „Das wird jede Apotheke für sich beantworten müssen“, so Aehlen. „Es ist nicht damit getan, nur ein paar Bildschirme aufzuhängen, weil sie schick sind oder weil Touchfunktionen gerade ‚in‘ sind. Bevor man hier investiert, sollte man sich immer fragen: Was hat der Patient davon? Wo ist der Mehrwert für den Patienten, wenn er Großbildschirme über Wisch- und Berührungsfunktionen in der Apotheke steuern kann? Das kann er auch auf seinem Tablet, auf seinem iPad oder Smartphone“, gibt Aehlen zu bedenken, und „auch für die zahlreichen Informationsangebote, die der Patient bequem zu Hause abrufen kann, muss er nicht in die Apotheke kommen.“

Foto: DAZ/diz
Beratungstisch mit Touchscreen (li.) und ein großer Info-Monitor (re.) mit kleinem Touchscreen daneben.

Für die in der IDA entwickelten Ideen und Zukunftsszena­rien bedeutet dies: „Wir müssen die Digitalisierung vorantreiben, gezielt einsetzen und nutzen. Sie wird kommen und kann nicht verhindert werden. Aber wir versuchen nur solche für die Apotheke einzigartigen Abläufe zu entwerfen, bei denen der Kunde gerade erst recht eine Apotheke aufsuchen muss. Die eingesetzte Digitalisierung soll dazu führen, einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen, und ihn veranlassen, in die Apotheke zu gehen. Wenn die Digitalisierung dazu führt, dass der Kunde alles selbst zu Hause auf irgendwelchen Internetseiten von Gesundheitsplattformen oder Versendern abruft, differenziert sich die Apotheke nicht erfolgreich.“

Wenn das Display meine Stimmung erkennt…

In der Muster-Apotheke der IDA werden innovative Ideen für die Apotheke erprobt. Wir machen einen kleinen Rundgang durch den Experimentierkasten der IDA und schauen uns Entwicklungen an, die in Richtung einer heute schon möglichen Digitalisierung gehen.

Am Eingang der Apotheke steht ein großer vertikaler Monitor, der auf den ersten Blick als Werbedisplay dient: Es läuft ein Werbeclip für ein Erkältungspräparat. Da man weiß, dass Videos mit Produktwerbung den Betrachter oft langweilen, geht man heute dazu über, im Videoclip sehr kurze lustige Geschichtchen zu erzählen. Neu bei diesem Bildschirm ist eine extrem hohe Helligkeit, durch die selbst bei voller Sonneneinstrahlung das Bild sehr gut zu erkennen ist.

Die eigentliche Innovation bei diesem Display ist jedoch ein kleiner Sensor mit Kamera am oberen Rand des Monitors. Dieser Sensor erkennt die Person, die den Bildschirm gerade betrachtet, und das Programm stellt fest, ob eine männliche oder weibliche Person vor dem Bildschirm steht. Das Programm kann nun veranlassen, dass Produktinfos oder Videoclips auf dem Monitor eingespielt werden, die sich an einen Mann oder an eine Frau richten. Der Sensor kann außerdem anhand des Gesichtsausdrucks die Gemütslage des Betrachters feststellen. In Hongkong experimentieren bereits einige Fast-Food-Restaurants mit diesen Sensor-Bildschirmen. Die Software versucht hier, den Kunden, die das Display betrachten, entsprechend ihrer Gemütslage geeignete Menüvorschläge zu machen. „Für das Apothekendisplay könnte die Software so programmiert werden, dass sie Menschen, die gerade trübselig sind, andere Videos zeigt als Menschen, die gut gelaunt sind“, erklärt es Aehlen.

Doch damit nicht genug: Dieses Display mit Sensor am Eingang der Offizin könnte dem Apotheker am HV-Tisch auf einem kleinen Bildschirm signalisieren, dass gerade ein Kunde die Offizin betritt, der „schlecht drauf“ ist, und dem Apotheker vorschlagen, ein paar freundliche, aufmunternde Worte an den Kunden zu richten. „In zwei, drei Jahren könnten diese Systeme bereits in den Apotheken stehen“, ist Aehlen überzeugt.

Solche smarten Displays am Apothekeneingang können aber noch mehr: Sie zählen beispielsweise die Anzahl der Passanten, die an ihnen vorüberläuft, sie registrieren, ob und wie lange diese auf das Display schauen und wie viele von ihnen einen kurzen Videoclip ganz oder teilweise ansehen. In Verbindung mit einem weiteren Display in der Apotheke lässt sich dann ermitteln, wie viele der Kunden, die zunächst nur hingesehen haben, tatsächlich zum Besuch der Apotheke animiert wurden.

Auf dem Display an der Apothekentür könnte allerdings nicht nur Werbung ablaufen, sondern beispielsweise auch ein kleiner Film mit dem Apotheker oder der Apothekerin als Hauptperson, die den Kunden freundlich ansprechen.

Aehlens Zwischenfazit: „Digitalisierung ist viel mehr als nur einen Bildschirm aufzustellen – es kommt immer darauf an, welches Programm dahinter liegt, welche Algorithmen ablaufen und wie die Informationen weiterverarbeitet werden.“

Digitale Unterstützung für die Freiwahl

Digitale Sichtwahl, die Arzneimittelregale als virtuelles Bild auf Monitoren – die Marktforschung zeigt, dass die Menschen deswegen nicht mehr Produkte kaufen, aber sie empfinden die Bildschirmregale auch nicht als störend. Für die Apotheke hat die digitale Sichtwahl allerdings den Vorteil, dass die virtuellen Regale immer gepflegt aussehen, schnell umgeräumt werden können und nicht abgestaubt werden müssen.

Ein Trend ist, auch in der Freiwahl große Monitore und Wandbildschirme zu installieren, die Produkte zeigen und bei Berührung Produktdarstellungen vergrößern. Für eine noch bessere Beratung geht man dazu über, diese Großbildschirme mit einem kleineren Tablet daneben zu ergänzen, auf dem weiterführende Informationen zur Beratung des Kunden abgerufen werden können. Während auf dem großen Display das gewünschte Produkt dargestellt wird, zeigt das Tablet Anwendungsbeispiele, ergänzende Hinweise, Preise etc., sodass die Vertraulichkeit der Beratung dadurch unterstützt wird.

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Hauttest-Beratungsplatz Das Hautmessgerät ist mit der Produktauswahl verbunden und zeigt passende Kosmetika an.

Der Beratungsplatz beim Dermo- und Kosmetikregal der Freiwahl lässt sich beispielsweise durch ein Haut- und Haaranalysegerät aufwerten. Im Rahmen der Kundenberatung fließen die Ergebnisse der Haut- und Haaranalyse in die Produktauswahl ein und zeigen auf dem angeschlossenen Monitor oder Tablet die zur Analyse passenden Produkte an sowie weitere Hinweise. Ein Beratungsbeispiel zum Thema Sonnenschutz: Ergibt die Hautanalyse, dass die Haut einen Lichtschutzfaktor von 30 benötigt, zeigt das virtuelle Freiwahlregal nur Produkte mit diesem Lichtschutzfaktor an – Vorteile, die der Kunde so nur in der Apotheke erleben kann. IDA-Leiter Aehlen betont: „Das steht bei allen unseren Innovationen, mit denen wir uns befassen im Vordergrund: Der Kunde muss wissen, dass er für die fachmännische Beratung in die Apotheke kommen muss. Alles, was wir uns überlegen, versuchen wir damit zu koppeln, dass die Menschen in die Apotheke gehen und erfahren: Der Weg in die Apotheke lohnt sich immer.“

Aehlen warnt davor, auf allen Bildschirmen nur noch Arzneimittelwerbung abzuspielen. Das kann bei den Kunden schnell dazu führen, dass sie den Eindruck bekommen, hier wird nur noch verkauft um jeden Preis und die objektive seriöse Beratung, die man von einer Apotheke erwartet, tritt in den Hintergrund. „Der Kunde darf nicht mit Werbe­impulsen überschüttet werden“, so Aehlen.

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Statt HV Eine virtuelle Sichtwahl (li.) daneben ein Tablet, ein Ausgabeschacht und Beratungsplatz mit Touchscreen.

Es geht auch ohne dicken HV-Tisch

Was im Zusammenhang mit den großen Bildschirmen, auf denen Sicht- oder Freiwahlregale angezeigt werden, angedacht wird: Eine Zukunftsapotheke könnte beispielsweise ohne einen HV-Tisch im heutigen Sinn auskommen. Stattdessen sind in der Offizin an mehreren Stellen, zum Teil auch frei im Raum, Beratungsplätze eingerichtet: kleine Stehtische, an die man sich zusammen mit dem Patienten stellt. Dieser kleine Beratungsplatz ist ausgestattet mit einem Rezeptscanner, neben oder hinter dem Beratungsplatz findet sich ein großer Bildschirm, auf dem Frei- bzw. Sichtwahlregale angezeigt und abgerufen werden können. In der Nähe des Beratungsplatzes befindet sich ein Ausgabeschacht des Automaten. Das Öffnen des Schachts wird über einen Fingerabdrucksensor vom pharmazeutischen Personal aktiviert.

Weitere Überlegungen gehen dahin, einen großen Teil der Freiwahl mit Touchscreens zu bestücken, die der Kunde selbst bedienen kann. Bei Beratungsbedarf, falls Fragen aufkommen, kann der Kunde über ein eingeblendetes Feld auf dem Monitor (einem Rufbutton) eine Fachkraft rufen.

Vorbild für diese Idee der frei platzierten Beratungstische sind die Apple-Shops: Hier können die Kunden die Produkte ansehen, ausprobieren und falls nötig beraten werden.

Die Chance, die Aehlen hier sieht: „Bildschirme in Verbindung mit dem Expertenwissen durch das Fachpersonal (Apotheker oder PTA) können zu einer besonderen Form der Beratungsleistung werden und damit einen Mehrwert für den Kunden bringen.“

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Serviceterminal Am Vpoint (Rowa) kann sich der Kunde selbst informieren und mit Freiwahlartikeln selbst bedienen.

Wenn der Bildschirm „Gedanken lesen“ kann

Relativ neu in Verbindung mit Verkaufsbildschirmen ist die Technik des „Gaze Trackings“, die Verfolgung der Blickrichtung mittels eines Gaze-Trackers: Darunter versteht man einen kleinen Kamera-Sensor über dem Bildschirm, der die Blickrichtungen der Kundenaugen, die auf ihn gerichtet sind, erkennt, verfolgt und dazu ein passendes Programm auf dem Bildschirm abspielt. Gaze-Tracking wird wie Eye-Tracking (die Verfolgung der Augenbewegungen) bereits im Bereich der Werbung eingesetzt, um zu erfahren, welche Werbeanzeigen Personen wie lange ansehen.

Gaze-Tracking erlaubt mittlerweile die Interaktion mit Geräten. Beispielsweise lässt sich durch das gezielte Ansehen von virtuellen „Tasten“ auf einem Bildschirm ein Computer steuern. Diese Technik nutzt man mittlerweile für Verkaufsdisplays. Zeigt man einem Kunden auf einem Display beispielsweise eine Auswahl an Themen an, erkennt der Gaze-Tracker, welches Thema die besondere Aufmerksamkeit des Kunden auf sich zieht, wo der Augenkontakt länger oder häufiger ist. Entsprechend dieser Information schaltet das System auf die nächste Seite, die dem Kunden die Produkte zeigt, die zu seinem Thema passen.

Ein weiterer Vorteil von Gaze-Tracking: Aus Kundenbefragungen weiß man, dass viele Kunden Touch-Screens nur ungern berühren, da die Oberflächen oft verschmutzt sind (Hautfett, Viren). Nicht nur in Gesundheitseinrichtungen wird es als unhygienisch empfunden, Touchscreens zu berühren. Die Entwicklungen gehen nun in die Richtung, dass die Kunden die Displays und Bildschirme nicht mehr durch Berührung steuern, sondern berührungslos durch ihren Blick. 
Im nächsten Schritt der technischen Entwicklung wird über das auf dem Display dargestellte Bild ein Infrarot-Bild mit Zusatzinfos gelegt, das die menschlichen Augen ohne Hilfsmittel nicht wahrnehmen können. Die Kamera des Smartphones kann diese Infos jedoch erkennen. Wird also das Smartphone auf einen solchen Bildschirm mit Infrarotbild gerichtet, erscheinen Zusatzinformationen zu Produkten auf dem Smartphone. Getestet wurde dieses System z. B. in einem Pilotversuch an einem James-Bond-Film, der mit Infrarotbildern versehen war. Möchte man z. B. wissen, welche coole Sonnenbrille Mister Bond trägt, richtet der Zuschauer während der Szene mit der Sonnenbrille seine Handykamera auf das Bild und bekommt die Zusatzinformation angezeigt. Solche Anwendungen sind durchaus für die Bildschirme der virtuellen Freiwahl-Regale denkbar.

Digitales Shoppen in der Apotheke

In der Musterapotheke der IDA ist auch ein Vpoint der Firma Rowa installiert. Vpoint ist ein Service-Terminal, an dem der Kunde selbst weiterführende Gesundheitsinformationen oder Informationen zu Produkten abrufen kann. Das Terminal kann zudem als Verkaufsterminal ausgebaut sein (ähnlich wie das vor ein paar Jahren gebaute Vis-a-via-Gerät, ein Terminal mit angeschlossenem Kommissionierer und Bezahlfunktion). Der Hersteller sieht den Einsatz eines solchen Terminals vor allem für aktive Kunden, die sich zunächst selbst diskret und unverbindlich informieren und dann selbst bedienen wollen, z. B. in Stoßzeiten der Apotheken. Vorstellbar ist der Einsatz eines solchen Geräts auch für die Kommunikation mit Kunden, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Über Piktogramme und einer grafischen Darstellung des Körpers kann der Kunde beispielsweise die Körperteile antippen, die ihm Schmerzen bereiten, und sich so zu einer kleinen Eigendiagnose verhelfen.

Offen für Digitales

Eine weitere futuristische Entwicklung, die durch die Digitalisierung gefördert wird: Einige Arzneimittel könnten in Zukunft nicht als Fertigarzneimittel, fertig abgepackt in Standarddosierungen und -größen, von der Apotheke verkauft werden, sondern für den Kunden personalisiert hergestellt werden, beispielsweise über 3D-Drucker. Nachdem ein Fingerscanner die wichtigsten Parameter des Kunden ausgelesen hat, erhält der Kunde sein maßgeschneidertes Arzneimittel aus dem Drucker, beispielsweise 7 ASS-Tabletten à 837 mg.

Wie auch immer man zur Digitalisierung steht: Das Digitale ist nicht nur die Hardware, das Gerät, das Device, es kommt vielmehr auf den Content an, auf die Software, die damit verknüpft ist. „Und was noch dazu kommt“, gibt Aehlen zu bedenken, „was in der Adler-Apotheke funktioniert und von deren Kunden gut angenommen wird, muss in der Bären-Apotheke noch lange nicht laufen. Es kommt auch auf das Umfeld an, vor allem auf die Kundenstrukturen, ob Kunden die Neuerungen annehmen, aber auch auf das Personal der Apotheke, ob es einen Zugang zu den neuen digitalen Geräten hat und sie entsprechend einsetzt.“ |

Autor

Peter Ditzel ist Herausgeber der DAZ – Deutsche Apotheker Zeitung.

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