Prisma

Lachgas statt Periduralanästhesie

Comeback eines Klassikers in den USA

cae | Der amerikanische Zahnarzt Horace Wells hatte 1844 das Lachgas als Narkotikum in die Therapie eingeführt. Über hundert Jahre lang war es in Krankenhäusern unverzichtbar, bis es durch Anästhetika ersetzt wurde. Nun erlebt es ein Comeback.
Foto: Tyler Olson – Fotolia.com
Kurz vor der Niederkunft …

Während das Lachgas in Europa und Kanada immer einen gewissen Stellenwert bei schmerzhaften Eingriffen behaupten konnte, kam es in den USA fast völlig außer Gebrauch. Bei Geburten z. B. wurden seit den 1940er-Jahren verschiedene Lokalanästhetika oder sogar die Vollnarkose bevorzugt, bis sich in den 1970er-Jahren die Periduralanästhesie durchsetzte. In der aktuellen, 2002 vom amerikanischen Gynäkologenverband verabschiedeten Leitlinie zur Schmerztherapie bei Geburten kommt Lachgas nicht vor, und 2011 setzte nur noch ein einziges Krankenhaus in den USA Lachgas ein. Im selben Jahr begann auch sein Comeback, wobei die Geburtsklinik der Vanderbilt University in Nashville Pionierarbeit leistete. Dort dauerte die Vorbereitungszeit etwa zwei Jahre, denn ein interdisziplinäres Team von Geburtshelfern, Anästhesisten, Neonatologen und Intensivmedizinern musste die Anwendung von Lachgas erst erlernen und alle Eventualitäten durchspielen. Derzeit bieten schon etwa 300 Krankenhäuser in den USA den gebärenden Frauen Lachgas als Alternative zur Periduralanästhesie an.

Als großer Vorteil von Lachgas gilt, dass es bei niedriger Dosierung (keine Vollnarkose!) den Geburtsvorgang in keiner Weise beeinflusst. Dabei schaltet es den Schmerz der Patientin nicht völlig aus, sondern macht ihn erträglich, weil es gleichzeitig eine euphorische Stimmung erzeugt.

Unerwünschte Wirkungen von Lachgas können bei häufig wiederholter Anwendung im Zentralnervensystem und der Lunge auftreten, wie von süchtigen Personen bekannt ist; ob sie für die geburtshilfliche Anwendung relevant sind, ist noch umstritten. Der amerikanische Gynäkologenverband hält sich jedenfalls noch zurück, eine Beurteilung abzugeben, weil es keine jüngeren klinischen Studien zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gibt. So beruht die Evidenz vorerst auf der praktischen Erfahrung, die allerdings in schnellem Tempo zunimmt.

Noch ein Wort zu den Kosten: Die In­stallation des Lachgas-Applikationssystems in der Klinik kostet etwa 5000 $. Pro Patientin kosten der Inhalator mit Zubehör etwa 25 $ und die Lachgasdosis 50 Cent. Eine Periduralanästhesie hingegen schlägt mit einem hohen dreistelligen bis vierstelligen Betrag zu Buche. |

Quelle

Nitrous Oxide Makes a Comeback; https://wp0.vanderbilt.edu/vanderbiltnurse, Winter 2017

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