Arzneimittel und Therapie

Geht selten gut: Opioide plus Benzos

Studie zeigt Verdoppelung schwerwiegender Ereignisse bei Komedikation

Opioide und Benzodiazepine sollten nicht gemeinsam eingenommen werden, da sonst schwerwiegende und potenziell tödliche Nebenwirkungen drohen. Bereits 2016 hatte die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA Hersteller zur Aufnahme eines eingerahmten Warnhinweises in die entsprechenden Packungsbeilagen aufgefordert. Auch Apotheker können die Arzneimitteltherapiesicherheit in diesem Fall erhöhen, wie ein Beispiel aus den USA zeigt.

Die Risiken einer kombinierten Einnahme von Benzodiazepinen und Opioiden sind seit Langem bekannt: Vertreter beider Substanzgruppen wirken sedierend, beeinträchtigen das Denkvermögen und verlängern die Reak­tionszeit. Mögliche Folgen sind beispielsweise eine Erhöhung des Sturzrisikos oder eine verzögerte Inanspruchnahme medizinischer Hilfe.

Zunahme bei Verordnungen

Eine kürzlich im British Medical Journal (BMJ) veröffentlichte Studie hat das Ausmaß des Problems verdeutlicht: Ausgewertet wurden die Daten von 315.428 Privatversicherten mit Opioid-Verordnungen im Zeitraum 2001 bis 2013, denen häufig parallel Benzodi­azepine verschrieben worden waren. Diese Verordnungspraxis hatte in alarmierender Weise zugenommen: 2001 lag der Anteil der Patienten, die zu irgendeinem Zeitpunkt beide Wirkstoffe eingenommen hatten, bei 9%, 2013 bereits bei 17%. Nicht ohne Folgen, wie die Analyse zeigte: Durch die Komedikation kam es zu einer Verdoppelung des Risikos für eine Notaufnahme oder eine Behandlung wegen einer Opiat-Überdosierung (adjustierte Odds Ratio [OR] 2,14, 95%-KI 2,05 – 2,24).

Foto: Sergey Nivens – Fotolia.com
Eine Komedikation, die den Patienten k.o. schlägt: Opioide und Benzo­diazepine gemeinsam einzunehmen, kann tödlich enden.

Was können Apotheker tun?

Auch in den USA hat die Zahl der Opioid-Verordnungen, häufig in Kombination mit Benzodiazepinen, stark zugenommen. Das Kriegsveteranenministerium der Vereinigten Staaten hatte deshalb 2013 die Opioid Safety Initia­tive (OSI) zur Bekämpfung des Opioid-Übergebrauchs auf den Weg gebracht – mit Erfolg. Im Vergleich zur Jahresmitte 2012 hatte sich in der Jahres­mitte 2016 die Zahl der Opioid-Verordnungen für amerikanische Kriegsveteranen um 25% reduziert. Darüber hi­naus erhielten 47% weniger Patienten eine Kombination aus Opioiden und Benzodiazepinen. Apotheker spielten bei dieser Initiative eine wichtige Rolle: Sie berieten Kliniker hinsichtlich einer „Guten Verschreibungspraxis“ bei der Opioid-Verordnung, wobei es nicht nur darum ging, die Wirkstoffmengen zu reduzieren. Auch die Sicherheit sollte erhöht werden, beispielsweise durch Verzicht auf ris­kante Kombinationen. Derartige Interventionsprogramme sollten Schule machen, meinen die BMJ-Autoren.

In Deutschland ist die Zahl der Opioid-Verordnungen in den letzten 20 Jahren kontinuierlich gestiegen, insbesondere auch im Bereich der Nichttumorschmerzen. Die Beratung in der Apotheke kann dazu beitragen, diese Therapie sicherer zu gestalten. So sollten Patienten, die – wenn auch nur kurzfristig – sowohl ein Opioid als auch ein Benzodiazepin einnehmen müssen, darauf hingewiesen werden, sofort einen Arzt zu kontaktieren, wenn sie ungewöhnliche Symptome wie Schwindel, Benommenheit oder Atemprobleme bemerken. Diese und weitere Hinweise (z. B. auch zur Verkehrssicherheit, zu Wechselwirkungen mit Alkohol etc.) können gar nicht oft genug wiederholt werden. |

Quelle

Karaca-Mandic P et al. The growing problem of co-treatment with opioids and benzodiazepines. BMJ 2017;356:j1224, doi: 10.1136/bmj.j1224

FDA Requires Strong Warnings for Opioid Analgesics, Prescription Opioid Cough Products, and Benzodiazepine Labeling Related to Serious Risks and Death from Combined Use. 2016. https://www.fda.gov/NewsEvents/Newsroom/PressAnnouncements/ucm518697.htm

Gellad WF et al. Addressing the Opioid Epidemic in the United States. Lessons From the Department of Veterans Affairs. JAMA Intern Med 2017, online publiziert am 13. März 2017, doi:10.1001/jamainternmed.2017.0147

Sun EC et al. Association between concurrent use of prescription opioids and benzodiazepines and overdose: retrospective analysis BMJ 2017;356:j760 http://dx.doi.org/10.1136/bmj.j760

S3-Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen – „LONTS“. AWMF-Register Nr. 145/003, Stand 09/2014, überarbeitet 01/2015

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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