Arzneimittel und Therapie

Gemeinsam über die PAVK aufklären

Auch Apotheker können einen Beitrag leisten

bk | Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) ist eine arteriosklerotische Erkrankung der Beingefäße mit einer Prävalenz zwischen 12 und 20% bei den über 60-Jährigen. Im fortgeschrittenen Stadium droht eine Amputation. Der Angiologe Dr. Holger Lawall fordert interprofessionelle Aktionen von Ärzten und Apothekern, um Patienten über diese Erkrankung aufzuklären.
Dr. med. Holger Lawall, Hamburg

DAZ: Warum ist eine intensive Aufklärung über die PAVK notwendig?

Lawall: Die PAVK ist die Marker-Erkrankung für kardiovaskuläre Erkrankungen überhaupt, also auch für Herzinfarkt oder Schlaganfall. Leider wissen viele Patienten gar nicht, dass sie betroffen sind. Die PAVK ist in unserer Gesellschaft noch immer unterdia­gnostiziert und somit auch unterbehandelt. Dabei steht mit der Knöcheldruckmessung eine einfache Screening-Methode zur Verfügung.

DAZ: Welche Personengruppen sollten gescreent werden?

Lawall: Der Knöcheldruck sollte bei über 60-Jährigen sowie bei Personen mit Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder einer Fettstoffwechselstörung gemessen werden. Darüber hinaus ist das Screening bei starken Rauchern oder bei Vorliegen eines familiären Risikos für arterielle Gefäßerkrankungen angezeigt.

DAZ: Was sind erste Anzeichen einer PAVK?

Lawall: Typische Hinweise für eine beginnende Durchblutungsstörung sind Fuß- und Wadenschmerzen beim Gehen und Schmerzen in Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur beim Treppensteigen.

DAZ: Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Lawall: Besonders wichtig ist die Therapie der vaskulären Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen. Die Gabe eines Statins und von Acetylsalicylsäure (ASS 100 mg) stellt die Basisbehandlung dar. Zudem sind ein konsequentes Gehtraining und Gefäßsport angebracht. Ist bei einem Patienten kein suffizientes Gehtraining möglich, können Vasodilatatoren wie Cilostazol oder Naftidrofuryl zu einer Verbesserung der Gehstrecke führen. Allerdings sollte die Effektivität dieser Wirkstoffe nicht überschätzt werden. Bei Patienten mit deutlicher Einschränkung der Gehstrecke ist zu klären, ob man die Gefäßengen mit Katheterverfahren behebt oder sogar operieren muss.

DAZ: Wie sind die Erfolgsaussichten der Behandlung?

Lawall: Sie sind sehr gut für das konsequente Gehtraining und die konsequente Statin- und ASS-Gabe: Diese Maßnahmen verbessern die Gehleistung und reduzieren das kardiovaskuläre Risiko deutlich. So sinkt das Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiko um 20%. Endovaskuläre Therapien und eine Operation können, je nach Sta­dium der PAVK, die Gehstrecke normalisieren oder deutlich verbessern.

DAZ: Was ist das Ziel der Aufklärungskampagne „Verschlusssache PAVK“ der Deutschen Gesellschaft für Angiologie?

Lawall: Diese Kampagne will alle Akteure im Gesundheitswesen zusammenbringen. Die Intention ist, interprofessionell auf diese Erkrankung aufmerksam zu machen. Dies soll ermöglichen, dass Betroffene frühzeitig erkannt und Behandlungsschritte rechtzeitig eingeleitet werden. Es gilt, die Anzahl von kardiovaskulären Ereignissen (Herzinfarkt und Schlaganfall) und Amputationen zu reduzieren und die Gehleistung und Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Es gibt bereits Hinweise dafür, dass Aufklärungskampagnen die Rate der hohen Beinamputationen reduzieren können. Allerdings nimmt die Anzahl der kleinen Amputationen von Zehen und am Vorfuß („Minor-Amputationen“) nach wie vor zu. Deshalb muss die Patientenaufklärung noch weiter intensiviert werden.

DAZ: In welcher Form können Apotheker bei der Kampagne mitwirken?

Lawall: Die Deutsche Gesellschaft für Angiologie veranstaltet mit ihren Partnern, zu denen auch Fachgesellschaften wie die Deutsche Gefäßliga zählen, regelmäßig Patiententage. Wir möchten in Zukunft auch mit den Apothekern zusammenarbeiten, um gemeinsame Fortbildungen oder Informationsveranstaltungen für Patienten anzubieten. Am 24. Juni 2017 findet der Aktionstag Gefäßgesundheit statt. Auch hier sind die Apotheker zur Teilnahme aufgerufen (siehe Kasten).


Sie möchten mitmachen?

Weitere Informationen stellt die Deutsche Gesellschaft für Angiologie, Gesellschaft für Gefäßmedizin e. V. (DGA) zur Verfügung:

Unter www.verschlusssache-pavk.de findet sich umfangreiches Infomaterial, zum Beispiel ein Fragebogen zur Einschätzung des PAVK-Risikos und eine Powerpoint-­Basispräsentation.

Der bundesweite Aktionstag Gefäßgesundheit findet am 24. Juni 2017 statt. Kostenlose Mitmach­pakete mit Postern und Infoflyern können per E-Mail (info@dga-gefaessmedizin.de) bestellt werden.

DAZ: Warum sind interprofessionelle Ansätze bei der Patientenaufklärung so wichtig?

Lawall: Je mehr objektive Informationen die Patienten von verschiedenen Seiten erhalten, umso glaubwürdiger sind sie und umso nachhaltiger ist die Wirkung.

DAZ: Vielen Dank für das Gespräch! |


Dr. Lawall ist Mitautor der aktuellen S3-Leit­linie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der PAVK und Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA).


Mehr Wissen über die PAVK

Die März-Ausgabe der Medizinischen Monatsschrift für Pharmazeuten (MMP) liefert umfangreiche Informationen über die PAVK:




  • Wie werden die Stadien der PAVK eingeteilt?
  • Wie läuft die angiologische Stufen­diagnostik ab?
  • Was macht die endovaskulären Verfahren zur Therapie der Wahl?
  • Was ist das Funktionsprinzip eines Drug-coated Ballons?
  • Welche antithrombotische Therapie ist nach einem endovaskulären Eingriff angezeigt?

Auf www.mmp-online.de können Sie ein kostenloses Probeabo bestellen oder die MMP abonnieren.

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