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Betrieblicher Gesundheitsschutz: Es gibt Handlungsbedarf

WSI-Befragung von Betriebsräten

Permanenter Stress am Arbeitsplatz kann krank machen. Prävention ist aber nicht nur Chefsache. Der betriebliche Gesundheitsschutz und die betriebliche Gesundheitsförderung gehören zu den Mitbestimmungsfeldern von Betriebsräten. Sie können damit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen leisten.

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hat Betriebsräte zum Thema „Arbeit und Gesundheit im betrieblichen Kontext“ befragt. In ihrer Funktion als Arbeitnehmervertretung kennen sie die Zusammenhänge zwischen Arbeitsbelastungen und betrieblichen Rahmenbedingungen.

Unter den Top-Themen in der Betriebsratsarbeit steht das Thema „Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung“ an erster Stelle. Es nimmt auch in kleineren Betrieben an Bedeutung zu. Dort geben bereits 79 Prozent der Betriebsräte an, sich intensiv mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz zu beschäftigen. Die Studie zeigt jedoch auch, dass dies im Dienstleistungsbereich nach wie vor seltener thematisiert wird als beispielsweise im Baugewerbe.

Zitiert

„Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem größere Unternehmen eine betriebliche Gesundheitsförderung anbieten und Gefährdungsbeurteilungen durchführen. Viel Luft nach oben gibt es bei Kleinbetrieben.“

Personalmangel verstärkt psychische Belastungen

Weit verbreitet ist eine unzureichende Personalausstattung. Dieses Thema wird im Bereich „öffentlicher Dienst, Erziehung und Gesundheit“ als Hauptbeschäftigungsfeld für Betriebsräte betrachtet und von 80 Prozent der Befragten als Problem kritisiert.

Auch vom Fachkräftemangel ist der Dienstleistungsbereich besonders betroffen: Drei Viertel der Betriebsräte sprechen von Schwierigkeiten, geeignete Bewerber für die ausgeschriebenen Stellen zu finden. Die geringe Personalstärke und der Fachkräftemangel hängen aber nur in geringem Maße voneinander ab, so Elke Ahlers, Autorin der Untersuchung.

Ein weiterer Aspekt, der die Be­schäftigten im Dienstleistungssektor stresst, ist die hohe Arbeitsintensität, die als Zeichen einer knappen Personalbemessung bei hohem Arbeitsaufkommen gilt. 70 Prozent der Arbeitnehmer in diesem Bereich beschreiben die Arbeitsintensität als stark bzw. sehr stark ausgeprägt.

Psychische Gefährdung selten berücksichtigt

Bereits jedes zweite Unternehmen verfügt über eine betriebliche Gesundheitsförderung. Allerdings sind es vor allem größere Unternehmen, die entsprechende Maßnahmen implementiert haben und die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung durchführen. Doch auch in größeren Betrieben werden psychische Gefährdungen noch vergleichsweise selten berücksichtigt und im Rahmen der Beurteilung erfasst.

Foto: fizkes – Fotolia.com

Um Arbeitnehmer nach der Erkrankung wieder stufenweise in den Berufsalltag einzuführen, bieten etwa 77 Prozent der befragten Betriebe ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) an. Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, dieses anzubieten (§ 84 Abs. 2 SGB IX). Auch bezüglich des BEM sind Arbeitnehmer in größeren Betrieben besser aufgestellt. In kleineren Betrieben wird es deutlich seltener angeboten.

Oft fehlen Fachkenntnisse

Als Gründe für die schwache Umsetzung von verpflichtenden psychischen Gefährdungsbeurteilungen werden fehlende Fachkenntnisse (69%), unklare Verantwortlichkeiten (58%) und der fragliche Nutzen des Instrumentes (46%) genannt. Ein großer Teil der Arbeitgeber sieht die Kosten für die Beurteilung als zu hoch an und die Durchführung selbst als zu aufwendig. Jeder zweite Betrieb stellt das Thema Gesundheit hinter andere betriebliche Erfordernisse und betrachtet es offenbar nicht als Priorität.

Die Durchführung der Beurteilung ist jedoch der erste Schritt in Richtung „Gesunde Arbeit“. Die Konzeption und Implementierung entsprechender Maßnahmen sowie eine Erfolgskontrolle der durchgeführten Interventionen sollten sich anschließen. Doch auch in diesem Zusammenhang werden von den Befragten Defizite erkannt und folgende Gründe für das Fehlen geeigneter Maßnahmen genannt: unklare Verantwortlichkeiten, hohe Kosten für Interventionen sowie die Befürchtung, heikle Fragen zur Arbeitsorganisation oder zum Führungsverhalten zu offenbaren.

Tipp für Arbeitgeber

Rufen Sie die Krankenkasse an, bei der die meisten Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versichert sind. Sprechen Sie mit den Zuständigen für die betriebliche Gesundheitsförderung und bitten Sie um Unterstützung. Krankenkassen finanzieren solche Leistungen und haben Experten, die Sie beraten können.

Empfehlung des WSI

Das WSI empfiehlt, Betriebsräte und andere Akteure des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes besser und häufiger in diesem Thema zu schulen, da es in den Betrieben häufig an Kompetenz für systema­tisches Arbeitsschutzhandeln und ganzheitliche Prävention fehlt. Eine umfassende Beratung und Information sowie die Unterstützung der Betriebe hinsichtlich veränderter Arbeitsbedingungen könnten den Beschäftigten sukzessive zugutekommen.

ADEXA-Beratung

Wir beraten unsere Mitglieder zur Betriebsratsgründung und zum betrieb­lichen Gesundheitsmanagement. Bei Interesse wenden Sie sich zum Thema Betriebsrat an die Hauptgeschäftsstelle in Hamburg (info@adexa-online.de) und zum Thema BGM an die Regionale Geschäftsstelle West (rg-west@adexa-online.de). |

Quelle: WSI-Report Nr. 33, 12/2016; www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_33_2016.pdf

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie, Stressmanagement & Gesundheitsmanagement

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