DAZ aktuell

Piperacillin-haltige Arzneimittel fehlen

BMG hat Weg für Not-Importe frei gemacht

STUTTGART (du) | Die Rationierung der Antibiotikum/Betalactamase-Inhibitor-Kombination Piperacillin/Tazobactam sorgte schon zum Jahresende für große Unruhe in der Klinikversorgung. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat jetzt offiziell einen Versorgungsmangel festgestellt und den Weg frei gemacht, auch nicht zugelassene Alternativen einzusetzen.

Piperacillin/Tazobactam ist eine Kombination aus Breitbandantibiotikum plus Betalactamase-Inhibitor. Das Wirkspektrum umfasst viele gram-positive Erreger, die meisten gram-negativen Bakterien einschließlich Pseudomonas aeruginosa sowie anaerobe Pathogene. Nach Auskunft von Dr. Matthias Fellhauer, Direktor der Apotheke des Schwarzwald-Baar Klinikums Villingen-Schwenningen, ist Piperacillin/Tazobactam vor allem in der Initialtherapie bei Patienten ohne Risiko für ESBL-bildende Bakterien wegen seines breiten Spektrums unverzichtbar. Als Alternativen mit teils gravierenden Nachteilen kommen infrage:

  • Cefepim (wegen der fehlenden Wirkung gegen Anaerobier ggf. mit Metronidazol)
  • Ceftriaxon (dann aber ohne Pseudomonas-Wirksamkeit)
  • Ceftazidim (dann aber mit schlechterer Aktivität gegen grampositive Erreger)

Carbapeneme wie Meropenem haben eine vergleichbare Wirkung. Sie fördern jedoch die Entwicklung von Carbapenem-resistenten Enterobacteriaceae, also multiresistenten Erregern, die auch in Deutschland zunehmend für gefürchtete nosikomiale Infektionen mit oft tödlichem Ausgang verantwortlich gemacht werden.

In einer Bekanntmachung nach § 79 Abs. 5 des Arzneimittelgesetzes hat das BMG festgestellt, dass es einen Versorgungsmangel mit Piperacillin-haltigen Arzneimitteln und damit mit Arzneimitteln gebe, die zur Vorbeugung und Behandlung lebensnotwendiger Erkrankungen benötigt werden. Als Ursache wird ein schwerer Betriebsunfall in einer der größten Herstellungsstätten für diesen Wirkstoff angegeben. Da eine alternative gleichwertige Arzneimitteltherapie, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von vermehrt auftretenden Resistenzen durch die Verwendung anderer Antibiotika, nicht zur Verfügung steht, können die zuständigen Behörden der Länder ein befristetes Abweichen von den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes (AMG) gestatten, um eine Behandlung mit hier nicht zugelassenen Arzneimitteln zu ermöglichen. Aut-idem-Importe sind damit möglich, was aber bei einem globalen Rohstoffmangel das Problem nur exportiert. |


Lesen Sie dazu auch das Editorial "Dauerbrenner 2017" und den Hinweis unter Pharmazeutischem Recht "Arzneimittelgesetz" 

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