Gesundheitspolitik

Kasse muss Rabatt offenlegen

Apotheker klagt nach Retaxation gegen Kasse auf Rabatt-Auskunft im Einzelfall

BERLIN (ks/hn) | Wie viel Geld die Krankenkassen durch ihre Arzneimittelrabattverträge sparen gibt das Bundesgesundheitsministerium in jedem Quartal als Gesamtsumme bekannt – wie hoch die einzelnen Rabatte sind, gilt hingegen als Geschäftsgeheimnis. Doch nun hat ein Bielefelder Apotheker vor dem Verwaltungsgericht Minden einen Auskunftsanspruch gegen eine Krankenkasse erstritten. (VG Minden, Urteil vom 15. Februar 2016, Az.: 7 K 2774/14 – III)

Die ostwestfälische BKK Diakonie muss dem Apotheker nach dem Urteil Auskunft geben, wie viel Rabatt ihr Astellas für sein Immunsuppressivum Prograf® eingeräumt hat.

Auslöser für die Klage des Apothekers war eine Retaxierung durch die Kasse. Um sich gegen diese zu wehren, wollte der Apotheker die Nachlasshöhe exemplarisch für dieses Medikament wissen. Der Listenpreis für Prograf® 1 mg liegt bei 499 Euro für 100 Kapseln. Die BKK Diakonie hatte im Jahr 2009 nach einer Open-House-Ausschreibung Rabattverträge mit dem Originalhersteller Astellas geschlossen und diese alle zwei Jahre verlängert. Mittlerweile gibt es Generika, die 20 Prozent weniger kosten.

Schützenswertes Betriebsgeheimnis?

Die BKK und das Pharmaunternehmen wollten dem Apotheker die ausgehandelte Rabatthöhe allerdings nicht verraten. Sie sehen ­darin eine Verletzung ihrer Betriebsgeheimnisse. Wer den Rabatt kenne, könne leicht über Apothe­ken­abgabepreis und übliche Großhandelsspannen auf die Preiskalkulation des Herstellers schließen, argumentierte das Pharmaunternehmen. Damit würde die Konkurrenz einen Wettbewerbsvorteil erhalten.

Die Krankenkasse wiederum sah sich durch eine Angabe der Rabatthöhe in ihren Verhandlungen mit anderen Herstellern und vor allem im Wettbewerb mit anderen Kassen geschwächt. Es treffe sie als kleine Kasse besonders stark gegenüber den finanzstarken großen Kassen.

Die beklagte Kasse wie auch das beigeladene Unternehmen sahen in der Abwägung ihrer Interessen mit jenen des Apothekers ein Ungleichgewicht. Dem Apotheker helfe es nicht, den Rabattsatz zu kennen. Bei bestehenden Rabattverträgen dürfe er ohnehin kein vergleichbares Arzneimittel abgeben. Es sei Sache der Kasse über die Wirtschaftlichkeit zu befinden. Mittlerweile stehen Tacrolimus-Präparate wie Prograf allerdings auf der Substitutionsausschlussliste und dürfen selbst bei bestehenden Rabattverträgen nicht ausgetauscht werden.

Der Anwalt des Klägers betonte, in dem Verfahren gehe es exemplarisch um dieses eine Arzneimittel. Er verwies darauf, dass auch der Gesetzgeber sowie andere Gerichte die Bedeutung der Transparenz in der Gesundheitsbranche betont hätten. Ob aus einem Rabattsatz wirklich Rückschlüsse auf die Preisfestsetzung und Gewinnkalkulationspanne des Herstellers gezogen werden könnten, bezweifle er. Dazu seien viele Fak­toren nötig.

Gericht bejaht Informationsanspruch

Letztlich entschied das Gericht: Die Kasse ist zur Auskunft verpflichtet. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Der Richter verwies in der Verhandlung jedoch auf ein bereits in diesem Sinne ergangenes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg aus dem Mai 2016. Hier wurde der Auskunftsanspruch aus dem Informationszugangsgesetz des Landes Sachsen abgeleitet. Auch in Minden sieht man das Informationsfreiheitsgesetz als Grundlage. Der hiernach bestehende Anspruch sei voraussetzungslos, sagte eine Gerichtssprecherin gegenüber der AZ. |

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