Gesundheitspolitik

Weiter Streit um Gesundheitskarte

Grüne fordern mehr Patientenautonomie – KBV kritisiert „Behördenpläne“ der Kassen

STUTTGART (hfd/wes) | Während die Umsetzung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) nicht so recht vorankommt, gibt es immer wieder Streit um die Funktionen der Karte und die Struktur der Umsetzung. Nun kritisieren die Grünen fehlende Patientenrechte. Gleichzeitig lehnt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) den AOK-Vorschlag, eine Behörde zu gründen, vehement ab.

Sollen Versicherte nur zusammen mit ihrem Arzt auf die Daten zugreifen können, die zukünftig auf der eGK gespeichert sind? So sehen es die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums bisher vor. Nach Ansicht der Grünen ist dies jedoch eine völlig veraltete Vorstellung – und „ein Witz“, wie Grünen-Expertin Maria Klein-Schmeink gegenüber dem „Tagesspiegel“ erklärte: Patienten sollten nicht nur über eine sogenannte „Kiosk-Lösung“ in Arztpraxen Zugriff auf ihre Daten haben.

Das geplante „Zwei-Schlüssel-Prinzip“, bei dem eine doppelte Legitimation durch Versichertenkarte und Heilberufeausweise nötig ist, laufe jeglicher Patientenautonomie zuwider. „Die Patientenakte gehört in Patientenhand“, forderte Klein-Schmeink. Dies habe auch die Betreibergesellschaft Gematik befürwortet, als sie Anfang September beschlossen hat, von dem bisherigen Konzept abzuweichen – da es wenig praktikabel sei, wenn Versicherte die gespeicherten Daten „nicht zu Hause oder auf ihren mobilen Endgeräten einsehen und administrieren können“.

KBV: Behörde wäre nicht schneller als die Gematik

Doch nicht nur der geplante Datenzugriff steht in der Kritik, sondern auch die Struktur der Betreibergesellschaft Gematik, deren Gesellschafter diverse Verbände der Selbstverwaltung sind. Für die Apothekerschaft ist der Deutsche Apothekerverband (DAV) an der Gesellschaft beteiligt. Kürzlich hatte AOK-Chef Martin Litsch laut „Ärztezeitung“ gefordert, dass die Gematik durch eine Behörde ersetzt werden solle. „Wir brauchen so etwas wie eine Bundesnetzagentur“, sagte Litsch.

Scharfe Kritik hieran gab es vonseiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): Thomas Kriedel, der als Vorstandsmitglied die Arzt- und Psychotherapeutenpraxen in der Gematik vertritt, verteidigte die Organisation in einem Webvideo gegen Kritik. „Die Gematik hat es inzwischen geschafft, dass wir eine Infrastruktur im nächsten Jahr haben werden, die bundeseinheitlich ist, ­sodass alle Leistungserbringer – Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser – mit einer sicheren und interoperablen Infrastruktur sich vernetzen können und Daten austauschen können“, betonte Kriedel. Die Anbindung von Apotheken war für ihn hierbei kein Thema.

Es stehe noch an, dass die nötigen Lesegeräte ausgerollt werden. Kriedel hofft, dass dies bis Ende nächsten Jahres abgeschlossen ist. Wichtig sei, dass gleichfalls bis Ende 2018 mit den Entwicklungen von medizinischen Anwendungen, wie dem Notfalldatensatz oder dem elektronischen Medikationsplan, gestartet werde.

Auf die Frage, welchen Anteil an Verzögerungen die Selbstverwaltung habe, erklärte Kriedel: „Ich würde sagen: gar keinen mehr“. Die Effizienz der Selbstverwaltungs-Strukturen habe sich „inzwischen deutlich verbessert“, betonte der KBV-Vorstand. „Wir sind da schnell geworden.“ Einem Ersatz der Gematik durch eine Behörde begegnete er daher mit großem Unverständnis. „Wir brauchen das nicht“, erklärte Kriedel: Er könne sich nicht vorstellen, wie eine Behörde schneller arbeiten solle als die Selbstverwaltung. |

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