Gesundheitspolitik

Großhandel darf weiter Skonto geben

Bundesgerichtshof: Rabatte nicht auf 3,15 Prozent vom ApU beschränkt

STUTTGART (wes) | Der pharmazeutische Großhandel darf bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln Preisnachlässe gewähren, die über seine eigene variable Marge von 3,15 Prozent des Hersteller­abgabepreises (ApU) hinausgehen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am letzten Donnerstag entschieden.

Außerdem geht das Gericht offenkundig davon aus, dass Skonto etwas anderes ist als ein Rabatt. Damit ist der sogenannte Skonto-Streit zwischen dem Großhändler AEP und der Wettbewerbszentrale beendet. Die Apothekerschaft reagierte mit Erleichterung, denn für sie bedeutet das Urteil, dass die bisherige Konditionenpraxis der Großhändler rechtmäßig ist. Die bei einem anderslautenden Urteil befürchteten Konditionenkürzungen dürften vorerst ausbleiben. Auch beim beklagten Großhändler AEP zeigt man sich hochzufrieden mit dem Ausgang. „Mehr konnten wir nicht erreichen“, sagte AEP-Chef Jens Graefe direkt nach Bekanntwerden des Urteils am Donnerstag ­gegenüber unserer Redaktion.

Der BGH hat am vergangenen Donnerstag allerdings nur den Tenor des Urteils verkündet, die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Klar ist aber: Die Bundesrichter haben nicht etwa die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg angenommen, das jeglichen Preisnachlass über die 3,15 Prozent hinaus untersagte, und das Verfahren an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Stattdessen haben sie schon die Berufung der Wettbewerbszentrale gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Aschaffenburg zurückgewiesen. Damit wird dieses Urteil rechtskräftig: Das Land­gericht Aschaffenburg hatte am 15. Oktober 2015 entschieden, dass die Norm zu den Preisspannen des Großhandels (§ 2 AMPreisV) die Zuschläge zwar nach oben begrenzt, nicht jedoch nach unten. Der Großhandel dürfe daher diesen Preisrahmen unausgeschöpft lassen und die Apotheken zum Herstellerabgabepreis be­liefern. Das heißt: Auch der Fix­zuschlag des Großhandels von 70 Cent ist einem Rabatt oder Skonto zugänglich.

Außerdem betonte das Landgericht Aschaffenburg, dass ein Skonto etwas anderes ist als ein Rabatt – nämlich eine Belohnung für eine besonders frühe Bezahlung einer Rechnung.

© Kai Felmy

Wettbewerbszentrale wortkarg

Anders als der Großhändler AEP gab sich die unterlegene Wettbewerbszen­trale eher wortkarg. Sie hatte den Streit als eine Art Musterverfahren geführt. Folgerichtig heißt es in einer Stellungnahme nun, man habe „eine lange im Raum stehende Frage klären lassen”. Nun bestehe für beide Branchen Rechtssicherheit: Der Großhandel darf in legitimer Weise Skonti gewähren, Apotheker dürfen sie rechtmäßig annehmen.

ABDA: Preisbindung ausdrücklich bestätigt

Die ABDA wies am Donnerstag noch auf einen weiteren Aspekt hin: Das Landgericht Aschaffenburg hatte in seinem Urteil ausdrücklich die Preisbindung auf der letzten Handelsstufe, also bei der Abgabe des Arzneimittels an den Patienten, bestätigt. Durch das BGH-Urteil sei dieses Prinzip nun ebenfalls höchstrichterlich bekräftigt worden. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt: „Deutschlands höchste Richter in Zivilsachen haben die Arzneimittelpreisverordnung bestätigt und Klarheit darüber geschaffen, unter welchen Bedingungen die Apotheken die Arzneimittel beim Großhandel beziehen dürfen.“ Damit habe der Bundesgerichtshof die Erwartung von Staat und Gesellschaft bekräftigt, dass Apotheker als Freiberufler und Kaufleute möglichst effizient und rational handeln. So könnten die Apotheken ihrer Aufgabe nachkommen, die wohnortnahe Arzneimittelversorgung zu gewährleisten sowie Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen. Allerdings seien Skonti sehr individuelle Konditionen, die jeder einzelne Apotheker von seinem Großhändler eingeräumt bekomme, erklärte Schmidt. |

Weitere Reaktionen zum Urteil finden Sie im Bericht "Politiker fordern rasche Honorarreform" und in der kommenden Ausgabe der DAZ.

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