Gesundheitspolitik

DocMorris mischt sich in den Wahlkampf ein

Broschüre soll Kandidaten für den Bundestag vom Rx-Versand überzeugen

BERLIN (bro) | Kurz vor der Bundestagswahl rührt DocMorris noch einmal die Werbetrommel für den Rx-Versand. Per E-Mail verschickt der niederländische Versender an Kandidaten für den nächsten Deutschen Bundestag eine Broschüre mit dem Namen „Der Rx-Versandhandel: Mythen und Fakten“.

Im Anschreiben an die Politiker beschwert sich Vorstandsmitglied Max Müller darüber, dass die Debatte um den Versandhandel von einigen Beteiligten „nicht faktenbasiert, sondern interessengeleitet“ geführt werde. Und weiter: „Um zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren, habe ich mir erlaubt, Ihnen eine Faktenübersicht unsererseits beizulegen.“

In der Broschüre listet der EU-Versender zahlreiche Argumente auf, die aus seiner Sicht gegen ein Rx-Versandverbot sprechen. So heißt es darin, dass das Verbot insbesondere Chroniker, Gehbehinderte, finanziell schlechtergestellte Menschen und Bewohner ländlicher Regionen treffen würde.

Zum wiederholten Male behauptet DocMorris auch, dass die EU-Versender keinerlei Gefahr für die Apotheke vor Ort in Deutschland darstellten. Zur Begründung führt das Unternehmen zunächst an, dass die Apothekenzahl zwar gesunken sei, dies aber nicht am Versandhandel, sondern an Nachwuchsproblemen und dem ländlichen Ärztemangel liege. Ohnehin werde nur jedes hundertste Rezept bei Versandapotheken eingelöst, der Versandhandel habe nur einen Marktanteil von 0,93 Prozent.

Kein Wort zu sechs Prozent mehr Rx-Umsatz

Die Niederländer beziehen sich dabei auf nachvollziehbare Zahlen der ABDA, des BMG und der Krankenkassen und erklären weiterhin, dass sich der Gesamtumsatz der Apotheken seit der Einführung des Versandhandels nur gesteigert habe, ebenso wie der Nettoumsatz pro Apotheke. Die Umsätze im Rx-Versandhandel seien seit 2010 sogar zurückgegangen. Dass sich DocMorris nach dem EuGH-Urteil selbst über steigende Rx-Umsätze erfreut, steht in der Broschüre allerdings nicht. Zur Erklärung: Im ersten Quartal 2017 konnte die Versandapotheke bei den Rx-Medikamenten ein Umsatzplus von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum einfahren.

Weiter verweist DocMorris auf die zahlreichen Vorschläge als Alternativen zum Rx-Versandverbot – den vom Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) vorgeschlagenen Apothekensystem-internen Ausgleich zwischen Land- und Stadtapotheken sowie den Vorschlag von SPD und Grünen, Beratungsleistungen der Apotheker zu vergüten. Dass diese Vorschläge nicht realisiert wurden, liegt laut DocMorris vornehmlich an der ABDA.

Spannend wird es noch einmal im letzten Drittel des Papiers. Dort beschreibt DocMorris, dass die Übergabe von Medikamenten an der Haustür sicher sei, da auf den Paketen stehe, dass nur Erwachsene die Sendung empfangen dürfen. Die Zusteller seien an diese Vorgabe gebunden. Gegenüber DAZ.online bestätigte aber ein Sprecher des Logistikkonzerns DHL, dass die Postboten sich gerade nicht an diese Aufdrucke auf den Paketen halten sollen. Die Versender könnten eine Extra-Leistung buchen, bei dem der Zusteller das Alter des Empfängers verifizieren muss. DocMorris selbst wollte sich nicht dazu äußern, ob man diese Extra-Dienstleistung gebucht habe.

Ebenfalls interessant ist die Aussage zum Thema Rezeptur-Anfertigung: „Auch DocMorris fertigt bis auf wenige Ausnahmen Rezepturen an.“ Welche Ausnahmen der EU-Versender meint, wird nicht beschrieben. Kunden sollten Details dazu mit dem Telefonservice abklären. Mehrfach hatten Kammern und Verbände der Apotheker DocMorris vorgeworfen, Rezepturwünsche abzuweisen.

Mehr Pflichten als Vor-Ort-Apotheken?

Gewagt ist auch die Aussage in der Broschüre, dass Versandapotheken mehr Pflichten als stationäre Apotheken haben. Als Beispiele nennt das Unternehmen die Pflicht, dass Medikamente binnen zweier Tagen beim Besteller sein müssen, oder dass Versender eine kostenlose Zweitzustellung ermöglichen und ein Kundeninformationssystem haben müssen. |

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