Gesundheitspolitik

Kommentar: Armutszeugnis

Dr. Christine Ahlheim

Gesundheit ist ein hohes Gut, und daher ist es ein Armutszeugnis für eine hoch entwickelte Industrienation wie Deutschland, dass immer wieder gefälschte Arzneimittel auch in der legalen Lieferkette auftauchen. Selbst wenn – was niemand genau wissen kann – bislang kein Patient zu Schaden gekommen sein sollte, so kann nicht geduldet werden, dass in einem der besten Gesundheitssysteme der Welt Patienten befürchten müssen, dass ihr verordnetes Medikament gefälscht und möglicherweise unwirksam ist.

Die Politiker machen es sich mehrheitlich einfach – sie verlassen sich auf das geplante System Securpharm (s. Beitrag "Kaum Handlungsbedarf bei Arzneimittelfälschungen"): Statt von vornherein Sicherheit im Arzneimittelvertrieb zu produzieren, soll diese durch entsprechende Kontrollen nachträglich „hineingeprüft“ werden.

Viel wichtiger wäre dagegen, das Übel an der Wurzel zu packen. Ein erster Schritt wäre die sogar von Kassenseite geforderte Abschaffung der Importquote. Sinnvoll wäre darüber hinaus auch das Verbot des Rx-Versands. Am wirkmächtigsten wäre aber natürlich, nur noch die Vertriebswege vom Hersteller über den Großhandel zur Apotheke oder direkt vom Hersteller zur Apotheke zuzulassen.

All diese Maßnahmen stoßen bei Importeuren, Versendern und allen anderen, die am Arzneimittelmarkt mitverdienen, auf wenig Gegenliebe. Und da anscheinend niemand verprellt werden soll, übt sich das Gros der Politiker darin, das Problem kleinzureden. Auch das ist ein Armutszeugnis: Dass offenbar mehr Rücksicht genommen wird auf diejenigen, die lukra­tive Geschäfte zulasten der Arzneimittelsicherheit betreiben, als auf die Bürger, die ein legi­times Interesse an sicheren Arzneimitteln haben.

Dr. Christine Ahlheim


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