Gesundheitspolitik

Kommentar: Blick über die Grenze

Christine Ahlheim

Gegner des Rx-Versandverbots gefallen sich darin, die Konsequenzen des EuGH-Urteils vom 19. Oktober kleinzureden. Ein beliebtes Argument dabei ist, dass der Rx-Versand derzeit nur bei rund 1% Marktanteil liege und eine derart drastische Zunahme, dass die Existenz der Vor-Ort-Apotheken gefährdet würde, nicht zu erwarten sei.

Dabei wird bewusst ausgeblendet, dass die Kassen ein massives Interesse daran haben, ihre Arzneimittelausgaben zu senken. Und dass deshalb die von Kassenseite wiederholt unverhohlen verkündete Sympathie für den Rx-Versand über kurz oder lang in entsprechende Werbemaßnahmen für DocMorris und Co. münden wird.

Wie das aussehen könnte, zeigt der Blick in die Schweiz (s. S. 5). Dort werden Versicherte von ihrer Kasse angeschrieben und auf Einsparmaßnahmen und Prämien beim Arzneimittelbezug von der DocMorris-Muttergesellschaft „Zur Rose“ hingewiesen.

Kommt das Rx-Versandverbot nicht, wird uns in Deutschland bald Ähnliches blühen: Anrufe und Briefe von den Kassen, die ihren Versicherten den Rx-Versand schmackhaft machen. Und dabei mit stabilen Beitragssätzen und reduzierten Zuzahlungen locken. Den Rest erledigen dann DocMorris und Co.: Gutscheine für Erstbestellungen, Preisausschreiben etc.

Alles viel zu teuer für die Versender, werden die Gegner des Rx-Versandverbots einwenden. Mag sein, aber nur am Anfang. Wer jetzt erfolgreich in Kundengewinnung investiert, kann später die Wohltaten für die Kassen und die Versicherten reduzieren. Zudem, wenn der Rx-Versand das Apothekensterben beschleu­nigt und sich selbst damit unentbehrlich gemacht hat …

Christine Ahlheim, stellvertretende Chefredakteurin der AZ

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