Gesundheitspolitik

Kassen zögern bei Cannabis

TK lehnt zwei von fünf Anträgen ab

BERLIN (hfd/az) | Das seit 10. März geltende „Cannabis-Gesetz“ sieht vor, dass Krankenkassen die Kostenerstattung von Cannabis für medizinische Zwecke nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen. Doch solche Ausnahmefälle sehen die Kassen offenbar häufig gegeben.

Bei der Techniker Krankenkasse (TK) sind einem Sprecher zufolge bis zum 7. Juli insgesamt 863 Anträge auf Kostenerstattung für ­Medizinalcannabis bewilligt oder abgelehnt worden. In 522 Fällen habe die Krankenkasse die Kostenerstattung genehmigt, in 341 nicht – was eine Bewilligungsquote von rund 60 Prozent ergibt. ­Offen blieb zunächst die Zahl der Anträge, die derzeit noch in Bearbeitung sind.

Eine Sprecherin des AOK-Bundesverbands erklärte, bis Anfang Juni seien rund 2300 Anträge auf Kostenerstattung bei AOKs eingegangen, von denen rund die Hälfte genehmigt wurde. Nicht kommunizieren wollen die AOKs die Zahl der abgelehnten beziehungsweise noch in Bearbeitung befindlichen Anträge.

MDK-Einschaltung die Regel

Wenn Ärzte Cannabis im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung verordnen, müssen Krankenkassen die Anträge innerhalb von drei Tagen bearbeiten – ansonsten bleibt ihnen bis zu fünf Wochen Zeit, wenn sie zur Klärung den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) um ein Gutachten bitten. Bei den AOKs würde in „fast allen Fällen“ der MDK eingeschaltet, erklärte die AOK-Sprecherin. Nicht bekannt sei, wie die Genehmigungsquote bei Patienten aussieht, die zuvor eine Ausnahmeregelung für den Bezug von Cannabis zu medizinischen Zwecken hatten – Mitte März handelte es sich bundesweit um rund 1100 Patienten. Auch dem TK-Sprecher lagen hierzu ­keine Informationen vor. Laut „Deutschem Ärzteblatt“ berücksichtigt der MDK bei seiner Bewertung nicht, inwiefern zuvor eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden war.

Einige Ärzte hatten berichtet, dass Kassen die Kostenerstattung bei diesen Patienten nur sehr zögerlich bewilligen – laut dem Münchener Unternehmensgründer Vaclav Cerveny, der im Herbst in der bayerischen Hauptstadt ein Cannabis-Zentrum zur Beratung und Behandlung von Patienten aufbauen will, ist dies nur bei 20 bis 30 Prozent der Patienten der Fall.

Wie die ABDA im Juni bekannt­gegeben hatte, haben Apotheken in den letzten drei März-Wochen mehr als 500 Mal Cannabisblüten auf Rezept abgegeben. Von Anfang 2011 bis Ende Juni 2016 wurden in Deutschland laut Bundesregierung 233,3 Kilogramm Medizinal-Cannabisblüten abgegeben, von Juli 2016 bis April 2017 waren es sogar insgesamt 148,6 Kilogramm, wie aus einer Anfrage der Linken hervorgeht. Dabei wurde im Dezember 2016 mit 17,3 Kilogramm die größte Menge in Apotheken abgegeben. |

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