Management

Einfach auch mal „Nein“ sagen!

Sich selbst schützen ohne andere zu enttäuschen

Es gehören Mut und Durchsetzungsfähigkeit dazu, auch einmal etwas abzulehnen. Entscheidend ist: Die Kunden sollten darunter nicht leiden bzw. sogar davon profitieren. Wenn der Apothekerleiter oder -mitarbeiter für sich zu der Ansicht gelangt, „Nein“ sagen zu müssen, sollte er darauf vorbereitet sein, dies auch zu begründen und zu verteidigen.

Der erste Weg zur Veränderung besteht in dem selbstkritischen Blick in den Spiegel: Jeder sollte prüfen, ob und warum er des Öfteren Ja gesagt hat, obwohl er eigentlich Nein hätten sagen wollen und sollen. Wenn er dann feststellt, dass er nur Zeit verloren und sich vor allem Nachteile durch sein Ja eingehandelt hat, ist es wohl zielführend, den Hang zum Jasagertum zu bekämpfen. Folgende Strategien helfen dabei:

Strategie 1: Ursachen­forschung betreiben

Die Gründe für die Unfähigkeit, Nein zu sagen, sind vielfältig. Wer zum Beispiel von jemandem um etwas gebeten wird oder eine Zusatzaufgabe übertragen bekommt, fühlt sich in der Überzeugung bestätigt, unentbehrlich zu sein, und übernimmt die Aufgabe, obwohl er keine Zeit dafür hat. Allerdings: So droht die Gefahr, ausgenutzt zu werden, zumal bei eher gutmütigen Zeitgenossen. Deren Entgegenkommen wird oft von Vorgesetzten und Kollegen missbraucht, um sich selbst zu entlasten.

Aber zuweilen verstehen es auch Mitarbeiter, lästige Aufgaben auf den Apothekenleiter zu übertragen, nach dem Motto: „Lieber Chef, das können Sie mit all Ihrer Erfahrung und Kompetenz doch viel besser als ich!“

Umgekehrt trauen sich manche Mitarbeiter nicht, Nein zum Chef zu sagen, weil sie befürchten, zu enttäuschen oder Nachteile in Kauf nehmen zu müssen: „Wenn ich das jetzt ablehne – wer weiß, was mir dann blüht.“

Strategie 2: Hemmende Einstellungen ersetzen

Gerade bei Apothekenleitern sind es oft Einstellungen, Überzeugungen und Glaubenssätze wie „Ich muss es jedem recht machen“ oder „Ich will perfekt sein und darf daher nicht den Eindruck erwecken, etwas nicht schaffen zu können“, die sie zum Ja zwingen. Hilfreich ist es, diese hemmenden Einstellungen durch förderliche Überzeugungen zu ersetzen.

Dies ist meistens ein langwieriger Weg – ein Beispiel: Nehmen wir an, ein Apothekenleiter ist der Überzeugung, es jedem recht machen zu müssen. Er sollte diese Überzeugung im Lichte des Hauptzwecks seiner Arbeit reflektieren, nämlich den Kunden zu helfen. Damit verfügt er über einen neuen Bewertungsmaßstab: Das Ja- oder Neinsagen stellt er ab sofort in Relation zu der Frage, welche Antwort und Reaktion dem Kundenwohl dient. Das bedeutet: Der Apothekenleiter befindet sich auf dem besten Weg, die Überlegung, es jedem recht machen zu wollen, durch die Fokussierung auf seinen – um es pointiert auszudrücken – fundamentalen Arbeitszweck zu ersetzen. Er fragt sich dann zum Beispiel: „Wenn ich diese Aufgabe übernehme: Entstehen dann Nachteile für meine Kunden? Habe ich so weniger Zeit für sie?“ Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, kann er nun ein begründetes Ja oder Nein zu jener Aufgabe ­abgeben.

Strategie 3: Selbstsicherheit gewinnen

Jasager sind oft sehr gutmütig, ihnen fehlt die Selbstsicherheit, die eigenen Belange, Wünsche und Erwartungen in den Vordergrund zu stellen. Die Beschäftigung mit der eigenen Persönlichkeit und Mentalität hilft, sich seiner selbst sicherer zu werden und die Courage zu finden, Nein zu sagen. Dabei geht es nicht um das Neinsagen um seiner selbst willen – das wäre ebenso kontraproduktiv wie das vorschnelle Ja. Aber es ist richtig, wenn der Apothekenleiter sich zumindest kurz Zeit für die Beantwortung der Frage nimmt, ob er zum Beispiel eine bestimmte Aufgabe übernehmen sollte oder nicht. Das kann er dem Gesprächspartner kommunizieren, indem er ihn bittet, er möge sich etwas gedulden. Auf diese Weise signalisiert er zugleich, dass er sich nicht ausnutzen lässt und sein Ja zu der Aufgabe oder auch seine Ablehnung einer fundierten Reflexion entspringt und keine unüberlegte Entscheidung ist.

Natürlich: Bei den Mitarbeitern kommt erschwerend hinzu, dass sie als Angestellte einer gewissen Weisungsgebundenheit unterliegen. Wenn sie vom Apothekenleiter gebeten oder besser: aufgefordert werden, kurz vor Feierabend eine Zusatzaufgabe zu übernehmen, erfordert ein Nein fürwahr ein stabiles Selbstbewusstsein.

Strategie 4: Begründung mitliefern

Ob Apothekenleiter oder -mitarbeiter: Das Ja oder Nein sollte immer begründet und Letzteres notfalls auch verteidigt werden, und zwar bestimmt, jedoch höflich und herzlich. Dem Gesprächspartner muss klar sein, dass es sich weder um einen notorischen Jasager noch um einen Neinsager aus Prinzip handelt.

Es gilt der alte Grundsatz, stets auf der Sachebene zu verbleiben und keinesfalls die Beziehungsebene zu betreten. Um wiederum konkret zu bleiben: Wenn z. B. der Mitarbeiter sicher ist, dass er von einem Kollegen mit dem Hintergedanken angesprochen wurde, man könne seine Hilfsbereitschaft leicht ausnutzen, sollte er das Anliegen zwar deutlich ablehnen. Er muss den Kollegen aber nicht angreifen, sondern ihm vielmehr klarmachen, warum er dieses Mal nicht zur Verfügung steht. Meistens ist es zielführend und konstruktiv, sachliche Argumente ­anzuführen und diese im unmissverständlich-freundlichen Ton ­vorzutragen.

Strategie 5: Durchsetzungskraft ­aufbauen

Gewiss hilft Durchsetzungsstärke dabei, ein Nein selbstsicher und unumstößlich zu äußern. Dabei ist der Grat schmal zwischen einer eher abschreckenden Vorgehensweise und einer vornehm-bescheidenen Zurückhaltung, die zwar zur Beliebtheit führt, aber gern ausgenutzt wird. Das Problem: An sich positive Persönlichkeitsmerkmale können schnell ins Negative umschlagen. Loyalität und die Tendenz zum Ja sagen werden zu Unterordnung und Unterwerfung, Vertrauen zu Vertrauensseligkeit, Ich-Stärke und die Tendenz zum Nein sagen zur Uneinsichtigkeit.

Darum sei nochmals daran erinnert, wie klug es ist, jeglichen Automatismus zu vermeiden und weder sofort Ja noch direkt Nein zu sagen. Hat man sich aber einmal entschieden, muss man dieser Entscheidung konsequentes Handeln folgen lassen. Je nach Situation und Gesprächspartner sollte man zusätzlich überlegen, ob man zwar Nein sagt, aber dem Gesprächspartner andere Lösungen aufzeigt. Wie geht das? Falls ein Mitarbeiter aus Zeitgründen ablehnen muss, einem Kollegen bei einer Aufgabe zu helfen, kann er vorschlagen, diese später zu erledigen. Oder er macht einen Vorschlag, wie das Problem ohne seine Unterstützung gelöst werden kann. So wird aus einer kategorischen Absage ein konstruktives Nein, das dem Gesprächspartner weiterhilft. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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