Gesundheitspolitik

Der Fall Hüffenhardt: Ordnungswidrig und strafbar

Deutscher Apotheker Verlag lässt Rechtsgutachten erstellen

BERLIN (ks) | Was die niederländische Versandapotheke DocMorris in Hüffenhardt mit ihrer Video­beratung samt stationärem Arzneimittelabgabeautomaten treibt, erfüllt eine ganze Reihe von Ordnungswidrigkeiten – und sogar Straftatbeständen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten der Kölner Rechtsanwälte Dr. Sabine Wesser und Dr. Valentin Saalfrank. Darin stellen sie den Verstoß gegen zahlreiche Vorschriften des Arzneimittelgesetzes, des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung fest – und für diese sieht das Gesetz neben Bußgeldern sogar Geld- und Haftstrafen bis zu drei Jahren vor. Zwar kann sich eine Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht nicht strafbar machen. Die Juristen kommen aber zu dem Ergebnis, dass die Vorstandsmitglieder durchaus als strafrechtlich Verantwortliche in Betracht kommen. Sie könnten sich dabei auch nicht damit rechtfertigen, einem „Verbotsirrtum“ erlegen zu sein – also nicht gewusst zu haben, dass ihr Vorgehen nicht zulässig ist.

Das Hüffenhardt-Projekt der niederländischen Versandapotheke DocMorris N.V. wirft viele juristische Fragen auf. Wie kann es sein, dass eine Apotheke, die von einer Kapitalgesellschaft im Ausland betrieben wird, über den ­„digitalen Arm“ ihrer Mitarbeiter in den Niederlanden in Räumen auf deutschem Boden Arzneimittel an Kunden abgibt, ohne dass pharmazeutisches Personal vor Ort ist – geschweige denn eine Betriebserlaubnis vorliegt?

DocMorris selbst sieht sein Vorgehen von seiner Versanderlaubnis gedeckt. Man habe rechtlich alles überprüfen lassen, erklären die Versender. Dabei will man sich insbesondere mit dem Visavia-­Abgabeterminal-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2010 auseinandergesetzt haben. In diesem ging es darum, ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, dass ein Kunde mithilfe eines räumlich an eine öffentliche Apotheke gebundenen Beratungs- und ­Abgabeterminals auf apothekenpflichtige Arzneimittel zugreifen kann. Zwar verbot das Gericht das konkrete Vorgehen damals weitgehend – aber DocMorris will die dort aufgebauten Hürden umschifft haben. Den Verwaltungs­gerichten steht nun ein Rechtsstreit mit DocMorris über die Automaten-Frage bevor. DocMorris hat bekanntlich gegen die Ordnungsverfügung des Regierungspräsidiums, mit der ihr der Hüffenhardter ­Betrieb untersagt wurde, Rechtsmittel eingelegt. Im Juli ist hier mit einer ersten Entscheidung im ­Eilverfahren zu rechnen – hinsichtlich des Antrags von DocMorris, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsmittels gegen den im Sofort-Vollzug gestoppten Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel wiederherzustellen.

Derweil gehen Apotheker auf dem Zivilrechtsweg gegen DocMorris vor und machen im Eilverfahren wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend. Denn nach wie vor läuft der Verkauf von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln via Video-Beratung und Abgabeautomat. Diese Woche Mittwoch, am 14. Juni, wird das Landgericht Mosbach ein erstes Urteil sprechen – Antragstellerin ist hier der LAV Baden-Württemberg. In der Zwischenzeit hat das Gericht bereits weitere Anträge verhandelt – diesmal von drei Apothekern aus dem näheren Umkreis von Hüffenhardt. Sie sehen in dem Angebot die regionale Arzneimittelsicherheit bedroht. Unterstützt werden sie vom Großhändler Noweda, was der DocMorris-Anwalt in der mündlichen Verhandlung problematisierte.

Für die Juristen Wesser und Saalfrank können die anstehenden Gerichtsentscheidungen nur zu einem Ergebnis kommen: Was in Hüffenhardt in den früheren Räumen der Brunnen-Apotheke geschieht, ist unzulässig. Es liege hier gerade keine Abgabe im Wege des Versands vor, sondern es werde eine Apotheke betrieben. Ganz apothekenspezifisch finde dort die Lagerung und Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel statt – zudem die zugehörige Beratung. Doch eine Betriebserlaubnis gibt es nicht. Dies sei nach dem Arzneimittelgesetz in Verbindung mit dem Apothekengesetz sowie der Apothekenbetriebsordnung sowohl strafbar als auch ordnungswidrig. Und das ist nur einer von mehreren Verstößen, die Wesser und Saalfrank bemängeln. Mehr über das Gutachten, das im Juli im Deutschen Apotheker Verlag erscheinen wird, lesen Sie diese Woche in der DAZ. |

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