Gesundheitspolitik

Kassen laufen sich warm für neue Zytoverträge

Was kommt nach den Apotheken-Exklusiv-Verträgen zu Zyto-Zubereitungen?

BERLIN (ks) | Mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) wurden die exklu­siven Zyto-Verträge zwischen Krankenkassen und Apotheken gestrichen, die Altverträge laufen noch bis zum 31. August 2017. Künftig sollen Kassen direkt mit den Herstellern der Zytostatika Rabatte vereinbaren.

Vorgesehen ist, dass dies die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen einheitlich und gemeinsam tun (§ 130a Abs. 8a SGB V). Ansonsten gelten die gesetzlichen Vorgaben wie für die bekannten Arzneimittelrabattverträge (§ 130a Abs. 8 SGB V). In den Zyto-Verträgen ist überdies die Sicherstellung einer bedarfs­gerechten Versorgung der Versicherten zu berücksichtigen. Im Einzelfall können auch Verträge mit mehreren pharmazeutischen Unternehmern geschlossen werden. Außerdem ist die Hilfstaxe neu anzupassen. Mit diesen beiden Neuerungen – so schätzt der Gesetzgeber – seien 200 bis 250 Millionen Euro gegenüber der bisherigen Anwendung der Hilfstaxe einzusparen.

Nun laufen sich alle sechs Ersatzkassen für die neue Generation der Zyto-Verträge warm. Bis die Hersteller-Verträge auf Grundlage des neuen § 130a Abs. 8a SGB V in Kraft treten können, setzen sie auf Open-House-Verträge mit Herstellern. Ende März und Anfang April haben sie eine entsprechende Ausschreibung gestartet. In den beiden Tranchen sind insgesamt zehn generische onkologische Wirkstoffe ausgeschrieben. Wie zu hören ist, sind die ersten Verträge bereits abgeschlossen.

Open-House-Verträge zur Überbrückung

Allerdings: Von Bedeutung sind diese nicht, solange die exklusiven Apotheken-Verträge existieren. Ausdrücklich heißt es in der Ausschreibung – die in ihrer Open-House-Variante nicht die vergaberechtlichen Förmlichkeiten ein­halten muss – dass diese nicht-­exklusiven Rabattverträge der Überbrückung dienen sollen. Und zwar zwischen dem Auslaufen der exklusiven Apotheken-Verträge Ende August 2017 und dem Wirksamwerden der neuen exklusiven Hersteller-Verträge.

Doch es tut sich noch mehr bei den Kassen. Nach Informationen der AZ sind auch schon Vorbereitungen angelaufen für eine Ausschreibung möglichst aller Krankenkassen. Die Ersatzkassen sollen sich über diese bereits verständigt haben. Nun stimmen sie sich mit anderen bundesunmittelbaren Krankenkassen sowie den regional aktiven AOKs ab. Ziel ist ein einheitliches bundesweites Ausschreibungsverfahren mit regionaler Komponente: Für jedes Bundesland soll es letztlich über Regionallose einen Vertrag geben. Erst einmal wollen die Kassen auch hier über das Open-House-Modell gehen, denn das geht einfach schneller. Erfahrungsgemäß dauert es ab der Veröffentlichung der offiziellen exklusiven Ausschreibung acht bis zehn Monate, bis ­exklusive Rabattverträge in Kraft treten können.

Kommen exklusive Verträge mit Herstellern?

Parallel soll ausgelotet werden, ob auch solche exklusiven Verträge mit Herstellern gemeinsam geschlossen werden können. Denn erst mit Letzteren kann wirklich deutlich gespart werden. Ein Hersteller, der in einem Bundesland exklusiv alle Krebspatienten mit seinem Wirkstoff versorgen darf, kann natürlich einen größeren Rabatt geben als mehrere Hersteller, die sich nicht sicher sein können, ob ihr Produkt einem anderen vorgezogen wird. Die Vorstellung der Kassen ist: Bei einem Hersteller­rabatt von 70 bis 90 Prozent ist Apotheken jede Möglichkeit genommen, selbst Vorteile zu generieren – mit fragwürdigen Mauscheleien zwischen Ärzten und Apothekern im Zyto-Bereich wäre dann wirklich Schluss.

Diese gemeinsame Open-House-Ausschreibung könnte theoretisch sofort starten, sodass ab August die ersten Verträge stehen könnten. Aus Kassensicht bestünde bei den Open-House-Verträgen, die nach der neuen Rechtsgrundlage geschlossen werden, auch eine Austauschverpflichtung für die Apotheken. Das heißt: Beachtet die Apotheke die Verträge nicht, wird retaxiert. Die Apotheken-Software wäre voraussichtlich nicht so schnell vorbereitet. Damit die Apotheken dennoch über die rabattierten Fertigarzneimittel für ihre ­Zyto-Zubereitungen informiert sind, würden die Kassen ihnen Einkaufslisten mit diesen Produkten zur Verfügung stellen. Sie gehen davon aus, dass diese Listen überschaubar sind. |

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