Gesundheitspolitik

Krankenkassen auf Konfrontationskurs

Ersatzkassen, AOK-Bundesverband und BKK-Dachverband gegen Rx-Versandverbot

TRAUNSTEIN (cha) | Der größte Nutznießer des EuGH-Urteils zu den Rx-Boni dürfte langfristig die GKV sein – falls ihr nicht Bundesgesundheitsminister Gröhe mit dem Rx-Versandverbot einen Strich durch die Rechnung macht. Entsprechend hart kritisieren die Krankenkassen in ihren Stellungnahmen den Referentenentwurf.

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) begründet seine Ablehnung des Rx-Versandverbots mit bekannten Argumenten: Der Anteil der Arzneimittelausgaben, der auf Versandapotheken entfalle, betrage nicht einmal ein Prozent der GKV-Arzneimittelausgaben, weshalb man „nur schwerlich von einer ­Gefährdung der wohnortnahen Versorgung“ ausgehen könne. Dass dieses Argument nur wenig Schlagkraft besitzt, wird allerdings schon im nächsten Absatz deutlich: Perspektivisch müsse man davon ausgehen, „dass eher mehr als weniger Patienten die Vorteile des Online-Handels für sich nutzen wollen“. Und weiter: „Diese Möglichkeit sollte man ihnen nicht verwehren.“

Die Ersatzkassen schlagen ein Modell vor, bei dem die Arzneimittelpreisverordnung flexibilisiert wird. Der zentrale Punkt ist: „Für Arzneimittel, die per Versandhandel in den Markt gebracht werden, ist der Verkaufspreis der Präsenzapotheke, der sich aus der Arzneimittelpreisverordnung ergibt, ein Höchstpreis.“ Das würde bedeuten, dass inländische Versender Rx-­Boni gewähren dürften, aber Vor-Ort-Apotheken nicht – was allerdings juristisch kaum haltbar sein dürfte. Weiterhin ist geplant, dass Krankenkassen „mit Versandapotheken für versendete Arzneimittel über Preisnachlässe verhandeln“ können; diese werden mit der Krankenkasse direkt verrechnet und „kommen dann der Solidargemeinschaft der Kranken­kasse insgesamt zugute“.

Versandkunden sollen weniger Rezeptgebühr zahlen

Aber auch an den Anreiz für die Versicherten hat der vdek gedacht: Vorgesehen ist, dass die Krankenkasse „die gesetzliche Zuzahlung für Patienten reduzieren“ kann – wie bereits jetzt bei den Rabatt­verträgen.

Ähnlich sind die Vorschläge des AOK-Bundesverbands; auch er will die Arzneimittelpreisverordnung in ein Höchstpreismodell umgestalten und Wirtschaftlichkeits­reserven heben, indem die Krankenkassen Direktverträge mit den Versandapotheken abschließen. Diese Verträge könnten nach den Vorstellungen des AOK-Bundes­verbands auch „Vereinbarungen über zusätzliche Angebote und pharmazeutische Dienstleistungen zur Stärkung einer qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung für die Versicherten“ enthalten. Auch der AOK-Bundesverband sieht in erster Linie die Versichertengemeinschaft als Nutznießer der Einsparungen, die einzelnen Versicherten sollen dagegen nur in marginaler Höhe profitieren.

Weniger konkret sind die Vorschläge des BKK-Dachverbands. Auch er hält die Einführung eines Höchstpreismodells für denkbar. Wichtig ist dem BKK-Dachverband dabei, dass „Versicherte nicht vom Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel über die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung finanziell profitieren“. Daher sollten Versicherte, die zuzahlungsbefreit sind, keinen Bonus erhalten dürfen.

In Bezug auf die Apotheken schlägt der BKK-Dachverband vor, dass sich grundsätzlich „(alle) Apotheken mehr über einen Qualitäts-, Leistungs- und Servicewettbewerb voneinander differenzieren“ sollten als über den Preis eines Arzneimittels. Entsprechend sollte die Vergütung der Apotheken „perspektivisch nicht mehr nur von der Zahl der abge­gebenen Packungen abhängig sein, sondern Beratungs- und Serviceleistungen besser berücksichtigen“.

Apotheken helfen Apotheken?

Während man diesem Vorschlag, eine angemessene Vergütung vorausgesetzt, als Apotheker noch einiges abgewinnen könnte, muss man über den nächsten Vorschlag staunen: „Zur Sicherung einer flächendeckenden Versorgung wäre darüber hinaus die Errichtung eines durch die Apotheken selbst finanzierten Sicherstellungsfonds denkbar.“ |


Lesen Sie hierzu auch den Kommentar "Die Kassen-Katze ist aus dem Sack" von Dr. Christine Ahlheim.

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