Gesundheitspolitik

Rx-Versandverbot – ein Fall für den Koalitionsausschuss?

Eine Woche der gesundheitspolitischen Entscheidungen steht bevor

BERLIN (ks) | Diese Woche dürfte es gesundheitspolitisch rund gehen. Das in einigen Punkten noch umstrittene Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) soll am Donnerstag vom Bundestag beschlossen werden.

Zuvor hat der Gesundheitsausschuss noch Änderungsanträge abzusegnen. Zudem ist es höchste Zeit, dass die Große Koalition einen gemeinsamen Weg findet, welche Konsequenz aus dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 zu ziehen ist. Gerade für das von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gewünschte Rx-Versandverbot tickt die Uhr, soll es noch in dieser Legislaturperiode unter Dach und Fach gebracht werden. Doch kann Gröhe sich durchsetzen? In der SPD-Fraktion pocht man offiziell weiterhin auf eine andere Lösung: Einen zeitlich begrenzten im Sozialrecht verankerten Boni-Deckel, der Zeit für eine grundlegende Honorarreform geben soll. Nun sieht es ganz so aus, als würden diese Streitfragen eine Ebene höher geklärt: Im Koalitionsausschuss, der diese Woche Dienstag tagen soll.

Mitte Februar hatte das Bundes­gesundheitsministerium (BMG) seinen Referentenentwurf für das Rx-Versandverbot zur Abstimmung an die anderen Ministerien geschickt. Gröhe will schnell einen offiziellen Kabinettsentwurf vorliegen haben, den er ins Notifizierungsverfahren schicken kann, das voraussichtlich sechs Monate in Anspruch nimmt. Doch bekanntlich leistet der Koalitionspartner SPD weiterhin Widerstand gegen Gröhes Pläne.

Bremst Zypries Gröhe aus?

Nicht nur die SPD-Abgeordneten Sabine Dittmar und Edgar Franke lehnen Gröhes Pläne ab. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) will sich bislang ebenfalls nicht mit ihnen anfreunden – auch nicht mit der neuen SPD-Ministerin Brigitte Zypries an der Spitze, die 2003 als Justizministerin den Versandhandel mit Arzneimitteln mitzugelassen hatte. Das BMWi sorgt sich offenbar, ob das Rx-Versandverbot verfassungs- und europarechtlich zu halten wäre.

Foto: CDU/Laurence Chaperon
Angela Merkel: Macht sie sich für das Rx-Versandverbot stark?

Wenn weitere Gespräche scheitern ...

Doch die Gespräche laufen weiter. Wenn auch am vergangenen Wochenende keine Lösung gefunden werden konnte, wird die Schicksalsfrage, was aus Gröhes Gesetzentwurf wird, diese Woche Dienstag im Koalitionsausschuss landen. Zu AZ-Redaktionsschluss hieß es aus Koalitionskreisen, dass das Rx-Versandverbot auf der Tagesordnung stehe. In diesem „Ausschuss“ tauschen sich die Spitzen der an der Regierung beteiligten Parteien regelmäßig über strittige Fragen aus. Seine Besetzung ist nicht festgelegt. Neben den Parteispitzen Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) nehmen in der Regel die Fraktionsvorstände aus dem Bundestag und Ländervertreter der Parteien teil. Medienberichten zufolge soll diesmal auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz dabei sein.

Foto: SPD/Susie Knoll
Vermutlich neu dabei im Koali­tionsausschuss: Martin Schulz

Wie die Sitzung am Ende für die Apotheker ausgeht, steht in den Sternen. Häufig werden verschiedene strittige Themen verhandelt und am Ende steht eine Gesamtlösung mit Kompromissen. Diesmal könnte etwa das Pflegeberufegesetz mit im Verhandlungstopf landen. Die Bundesregierung will damit unter anderem die Ausbildungen zur Kranken- und Altenpflege künftig vereinheitlichen – doch seit Monaten sperrt sich die Union gegen die Pläne von SPD-Familienministerin Manuela Schwesig. Ebenso könnte das AMVSG mit in die „Verhandlungsmasse“ fließen. Hier gibt es noch Meinungsverschiedenheiten zwischen den Koalitionären bei der geplanten Umsatzschwelle, die für die freie Preisbildung im ersten Marktjahr maßgeblich ist, und der geplanten Vertraulichkeit der Erstattungs­beträge. Möglich wäre, dass ein Partner auf der einen Seite nachgibt und dafür auf der anderen Seite seinen Willen bekommt. |

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