Gesundheitspolitik

KKH ermittelt gegen 55 Apotheker

BERLIN (ks) | Die KKH meldet für 2016 einen Schaden von 1,8 Mio. Euro durch Abrechnungsbetrug. 1,2 Mio. Euro davon gingen auf die Kappe der Apotheker.

Die KKH beschäftigt schon seit vielen Jahren ein Ermittlerteam, das Betrügereien zulasten der ­Kasse aufspürt. Am 1. März stellte KKH-Chef Ingo Kailuweit in Hannover die Bilanz dieses Teams im Jahr 2016 vor: 810 neue Fälle brachten die Kassen-Ermittler ans Licht. 440 davon gehen sie nach einer ersten Prüfung detaillierter nach – in 55 Fällen haben sie dabei Apotheken im Visier. Die Pharmazeuten sind damit die Berufsgruppe mit den viertmeisten Fallzahlen. An erster Stelle stehen Physiotherapeuten (116 neu aufgedeckte Fälle), an zweiter die ambulanten Pflegedienste (99) und an dritter Ärzte mit außerbudgetär erbrachten Leistungen (90).

Doch was die Schadenshöhe betrifft, stehen die Apotheken mit 1,2 Millionen Euro im Jahr 2016 ganz klar an der Spitze. Zugleich holte sich die Kasse im vergangenen Jahr 501.000 Euro von Apotheken zurück, auch aus älteren Fällen. Insgesamt lag die Summe der erfolgreichen Rückforderungen bei 850.000 Euro. Der KKH-Vorstandsvorsitzende Ingo Kailuweit freut sich: „Das ist mehr als das Doppelte der vergangenen Jahre und damit ein Rekordergebnis.“

Grafik: AZ; Quelle: KKH
Forderungshöhen der KKH je Leistungsbereich 2016: Apotheker mit Abstand an der Spitze

Apotheker betrügt mit Teststreifen-Rezepten

Doch was war genau bei den Apotheken los? Eine rechnete unter anderem Blutzuckerteststreifen in exorbitant hohen Mengen ab. Damit sorgte sie allein bei der KKH für einen Schaden von fast 75.000 Euro – das ist mehr als der bei der KKH ermittelte Schaden aller Physiotherapeuten zusammen. Andere Kassen wurden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Eine Prüfung der Apothekenabrechnungen hatte ergeben, dass die Anzahl der einzelnen Teststreifen auf der ärztlichen Verordnung von der Apotheke als ganze Packung abgerechnet wurde. Das heißt: Bei zwei verordneten Packungen mit jeweils 50 Teststreifen wurde mit den Krankenkassen der Preis für zweimal 50 Packungen abgerechnet. Die KKH erstattete federführend Strafanzeige – das Ermittlungsverfahren läuft noch.

Ein anderer Fall betrifft eine Apotheke, die verdächtigt wird, mit etwa 50 Ärzten unter Verstoß gegen das Zuführungsverbot im Apothekengesetz zusammengearbeitet zu haben. Nach § 11 Apo­thekengesetz ist es verboten, dass Ärzte mit Apotheken verabreden, die Verordnungen direkt an eine bestimmte Apotheke zu geben und dieser dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu garantieren. Gegen diese Vorschrift soll verstoßen worden sein. Auch hier ermittelt die Staatsanwaltschaft. Allein der KKH könnte ein Schaden von knapp 124.000 Euro entstanden sein. Der GKV-Schaden könnte an die 5 Millionen Euro betragen, sagte ein KKH-Sprecher der AZ.

Betroffen sind alle Bereiche des Gesundheitswesens

Doch es sind nicht nur Apotheker, die auffällig wurden. „Betroffen sind nahezu alle Bereiche des Gesundheitswesens“, sagt Kailuweit. „Die schwarzen Schafe der Branche wenden zum Teil erhebliche kriminelle Energie auf, um sich zu bereichern und dem Gesundheitssystem dringend benötigte Gelder unrechtmäßig zu entziehen.“

Die zweithöchste Schadenssumme verzeichnete die KKH übrigens bei den ambulanten Pflegediensten mit 215.000 Euro. Ein Pflegedienst hat beispielsweise frei erfundene Pflegekurse für Angehörige abgerechnet und so einen Schaden von 56.700 Euro verursacht. Auf Platz drei folgen Sanitätshäuser. Hier betrieb unter anderem ein Diabetesfachhandel Räumlichkeiten in einer Arztpraxis. Diesen Fall – ein Klassiker der unzulässigen Zusammenarbeit – brachte die KKH wegen eines mutmaßlichen Verstoßes gegen das neue Anti­korruptionsgesetz zur Anzeige.

Hoffnung auf das Anti­korruptionsgesetz

Die am 4. Juni 2016 in Kraft getretenen neuen Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen machen Kailuweit Hoffnung, Korruption in der Branche in Zukunft noch besser bekämpfen zu können. Neben den ersten Strafanzeigen auf Grundlage der neuen Tatbestände, gedeiht auch der Austausch zwischen Kassen, Staatsanwaltschaften und Ärztevertretern zu diesem Thema. Für konkrete Aussagen über die Wirksamkeit des Gesetzes sei es jedoch noch zu früh, sagt Kailuweit. |

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