Arzneimittelsicherheit

Informationen über unerwünschte Wirkungen

AMK/ck | In der Rubrik Wichtige Mitteilungen informiert die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker über Fälle, in denen die Arzneimittelsicherheit infrage gestellt oder gefährdet ist. Die Meldungen der Arzneimittelkommission umfassen Stufenplanmitteilungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Rückrufe und Überprüfungen von Fertigarzneimitteln, wichtige Informationen über fragwürdige Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel und zur Arzneimittelsicherheit. Nachfolgend finden Sie eine Zusammenstellung der wichtigsten Hinweise aus dem vergangenen Jahr. Angegeben sind jeweils die Heftnummer, in der die Mitteilung veröffentlicht war, sowie die Seitenzahl.

Keine Seife auf Hautklebefläche von Opioid-Pflastern

Die AMK wies darauf hin, dass vor der Anwendung von transdermalen therapeutischen Systemen (TTS) mit Opioiden wie Fentanyl oder Buprenorphin die Haut nur mit reichlich sauberem Wasser zu reinigen und dann zu trocknen ist. Seifen, Öle, Kosmetika, Alkohol oder andere Mittel, die die Haut reizen oder verändern, erhöhen möglicherweise die transkutane Absorption von Fentanyl beziehungsweise Buprenorphin. Nach dem Aufkleben und Abziehen des TTS sind die Hände ebenfalls nur mit Wasser zu waschen. Duschen, Baden und Schwimmen mit aufgeklebtem Pflaster sind aber möglich, da diese wasserfest sind. Die AMK empfiehlt, auf diese Sicherheitsaspekte bei der Abgabe und Beratung in der Apotheke hinzuweisen. Jeder Patient soll zudem über Zeichen der Opioid-Überdosierung wie langsame Atmung, niedriger Puls, Schläfrigkeit, Schwierigkeiten beim Gehen oder Sprechen, Kältegefühl und Verwirrtheit sowie Schwäche- und Schwindelgefühl informiert sein und das Pflaster in diesen Fällen entfernen. In den Hautschichten unter dem Pflaster kann sich aber ein Wirkstoffdepot bilden, aus dem auch nach Abziehen des Pflasters das Opioid noch mehrere Stunden freigesetzt wird. (DAZ 6, S. 92)

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Die Applikationsstelle für Opioid-Pflaster sollte nicht eingeseift und es sollen keine Kosmetika verwendet werden.

Allergische Hautreaktionen unter Ambroxol und Bromhexin

Das im April 2014 gestartete euro­päische Risikobewertungsverfahren zu schweren allergischen Reaktionen und schweren unerwünschten Hautreaktionen unter Ambroxol und Bromhexin wurde abgeschlossen. Der PRAC hatte das bereits bekannte Risiko für allergische Reaktionen unter Bromhexin und dessen Metaboliten Ambroxol bestätigt und war zu dem Schluss gekommen, dass mit beiden Wirkstoffen zudem ein geringes Risiko für schwere unerwünschte Hautreaktionen verbunden ist. Dazu zählen unter anderem Erythema multiforme, das Stevens-Johnson-Syndrom und Toxische Epidermale Nekrolyse (TEN). Daher werden in die Fach- und Gebrauchsinformationen von Ambroxol- und Bromhexin-haltigen Arzneimitteln entsprechende zusätzliche Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen aufgenommen. (DAZ 4, S. 101)

Warnung vor Rotem Reis mit dem Inhaltsstoff Monacolin K

Red-Rice-Produkte (roter, fermentierter Reis) sind aufgrund ihrer pharmakologischen Wirkung ab einer Tagesdosis von 5 mg Monacolin K als zulassungspflichtige Arzneimittel einzustufen. Monacolin K ist identisch mit dem HMG-CoA-Reduktase-Hemmer Lovastatin, der zu unerwünschten Wirkungen wie Skelettmuskel- und Leberschäden führen kann. (DAZ 9, S. 114)

Nebenwirkungen Bimatoprost-­haltiger Augentropfen

Bimatoprost-haltige Arzneimittel wurden auf Grundlage von Pharmakovigilanz-Berichten der Zulassungsinhaber bewertet und die Aufnahme zusätzlicher Nebenwirkungen in die Produktinformationen empfohlen: Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich Anzeichen von Augenallergie und allergischer Dermatitis, Asthma, COPD-Verschlechterung sowie Dyspnoe. In die Produktinformationen von 0,01-prozentigen Bimatoprost-haltigen Arzneimitteln sind außerdem die Nebenwirkungsangaben Überpigmentierung der Iris, Makulaödem, Pigmentierung der Augenlider, periorbitale und Lidveränderungen einschließlich Vertiefung der Augenlidfurche und trockenes Auge aufzunehmen. (DAZ 5, S. 106)

Sicherheit Gadolinium-haltiger Kontrastmittel wird überprüft

Die EMA überprüft Gadolinium-haltige Kontrastmittel für die Magnetresonanztomografie im Hinblick auf zerebrale Gadolinium-Ablagerungen. Gadolinium-Verbindungen werden überwiegend renal eliminiert, aber es kommt auch zu Ablagerungen in verschiedenen Geweben wie Leber, Niere, Muskel oder Haut. Nun wurde über die Akkumulation von Gadolinium in Gehirngeweben berichtet. Obwohl bislang keine unerwünschten Wirkungen in diesem Zusammenhang bekannt sind, wird die Sicherheit Gadolinium-haltiger Kontrastmittel insgesamt neu bewerten. Wie Gadolinium die Blut-Hirn-Schranke überwindet und in welcher Form Gadolinium im Gehirn vorhanden ist, ist nicht bekannt. (DAZ 12, S. 112)

Aus für Locabiosol®

Die Zulassung für Fusafungin-haltige Arzneimittel (Locabiosol®

, Spray zur Anwendung in der Mundhöhle und Nasenspray) wurde im Mai 2016 widerrufen. Als Ergebnis eines Risikobewertungsverfahrens war der PRAC zu der Einschätzung gelangt, dass der Nutzen Fusafungin-haltiger Arzneimittel das Risiko, insbesondere für das Auftreten schwerwiegender allergischer Reaktionen, nicht übersteigt. Auch aus Apotheken wurden der AMK im Zeitraum von 1998 bis einschließlich 2015 insgesamt 42 UAW-Verdachtsfälle zu allergischen Reaktionen mit teilweise schweren Verläufen gemeldet. Fusafungin war in Deutschland zur unterstützenden antiinflammatorischen und antibakteriellen Therapie bei akut entzündlichen Erkrankungen der oberen Luftwege zugelassen. (DAZ 7, S. 109, DAZ 15, S. 92, DAZ 17, S. 107).

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Nachdem ein Risikoverfahren ergeben hat, dass bei der Anwendung von Locabiosol® schwerwiegende lebensbedrohliche allergische Reaktionen auftreten können, wurde die Zulassung des Fusafungin-haltigen Erkältungssprays widerrufen.

Mehrfachentnahme von Parenteralia aus Einzeldosisbehältnissen

In der Praxis werden oft aus unkonservierten Einzeldosisbehältnissen sukzessive mehrere Dosen entnommen, obwohl eine Mehrfachentnahme nicht vorgesehen ist und eine Infektionsgefahr besteht. Eine Arbeitsgruppe aus BfArM, RKI und der Kommission für Krankenhaushygiene und Infek­tionsprävention (KRINKO) gab dazu praxisnahe Empfehlungen: die Portionierung von Arzneimitteln aus einem Einzeldosisbehältnis soll ausschließlich in der Apotheke unter qualitätskontrollierten Reinraumbedingungen stattfinden. Eine Mehrfachentnahme aus Gebinden, die vom Hersteller für den einmaligen Gebrauch bestimmt sind, ist auf der Station grundsätzlich nicht erlaubt. Eine Ausnahme sind mit steriler physiologischer NaCl-Lösung befüllte Spritzen zum Spülen eines Gefäßkatheters. Hier sollte eine Mehrfachentnahme nur erfolgen, wenn die Entnahme nicht durch andere Tätigkeiten unterbrochen wird, wenn sie ausschließlich für einen Patienten ist und innerhalb einer Stunde verabreicht wird. (DAZ 24, S. 94)

Progressive multifokale Leuk­enzephalopathie unter Natalizumab

Der CHMP bewertete das ­Risiko der progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) unter Natalizumab (Tysabri®). Die seltene, demyelinisierende Erkrankung des Gehirns wird durch eine Reaktivierung des John-Cunningham-Virus (JCV) bei immungeschwächten Patienten hervorgerufen und kann zu schweren Behinderungen führen. Früherkennung und frühzeitige Behandlung noch in einem asymptomatischen Stadium sind wichtig, um Hirnschäden möglichst gering zu halten. Folgende Risiken sind bekannt:

  • vorhandene Antikörper gegen JCV,
  • länger als zweijährige Behandlung mit Natalizumab,
  • die Gabe von Immunsuppressiva vor der Therapie mit Natalizumab oder
  • bei nicht mit Immunsuppressiva vorbehandelten Patienten erhöhte JCV-Antikörper-Spiegel.

In die Produktinformationen werden entsprechende Hinweise aufgenommen. (DAZ 9, S. 115)

EMA prüft Sicherheit von Idelalisib

Die AMK wie im März darauf hin, dass die EMA Idelalisib (Zydelig®) überprüft. Der Proteinkinase-Inhibitor ist seit 2014 für die Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie in Kombination mit Rituximab und als Monotherapeutikum zur Therapie des follikulären Lymphoms zugelassen. Unter Idelalisib waren vermehrt schwere unerwünschte Wirkungen aufgetreten, darunter Todesfälle, hauptsächlich infolge von Infektionen. Die Produktinformationen enthalten bereits Hinweise zu vermehrten Infektionen. Patienten, die Idelalisib erhalten, sollten besonders sorgfältig auf Infektionen überwacht werden. (DAZ 11, S. 126)

Notfallkontrazeptiva: Vorsicht bei CYP450-induzierenden Arzneimitteln

Wenn bis zu vier Wochen vor der Anwendung eines Levonorgestrel-haltigen Notfallkontrazeptivums (z. B. Postinor®, Pidana®, Unofem®) ein CYP3A4-induzierender Wirkstoff eingenommen wurde, kann dies dazu führen, dass das Notfallkontrazeptivum in der üblichen Dosierung von 1 × 1,5 mg nicht zuverlässig wirkt. Bei (vorangegangener) Einnahme CYP3A4-induzierender Arzneimittel sollte eine Kupferspirale eingelegt werden. Diese kann noch bis zu fünf Tage nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingesetzt werden. Ist dies nicht möglich, sollte die Dosis des Notfallkontrazeptivums verdoppelt werden (1 × 3 mg Levonorgestrel). Ulipristalacetat ist keine Alternative, da dessen Wirksamkeit durch CYP3A4-induzierende Arzneimittel noch stärker geschwächt wird. (DAZ 39, S. 122)

Foto: Gedeon Richter Pharma GmbH
Bei Levonorgestrel-haltigen Notfallkontrazeptiva sollte darauf geachtet werden, dass CYP3A4-induzierende Wirkstoffe, die bis zu vier Wochen vorher eingenommen wurden, die Wirkung reduzieren können.

Pankreatitiden unter Blinatumomab

Unter Blinatumomab (Blincyto®) wurden Fälle lebensbedrohlicher, teils tödlicher Pankreatitiden berichtet. Meistens trat die Pankreatitis innerhalb von zwölf Tagen nach Beginn der Behandlung auf. Blinatumomab ist indiziert zur Behandlung von Erwachsenen mit Philadelphia-Chromosom-negativer, rezidivierter oder refraktärer B-Vorläufer akuter lymphatischer Leukämie. In einem Rote-Hand-Brief wies Amgen darauf hin, Patienten für Anzeichen einer Pankreatitis zu sensibilieseren. Dazu gehören Oberbauchverhärtung und -schmerzen (die sich durch Essen verschlimmern), Übelkeit und Erbrechen. Patienten sollten engmaschig auf Symptome einer Pankreatitis überwacht werden. (DAZ 43, S. 118)

Topisches Tacrolimus: Herpes-simplex-Infektion am Auge

Der PRAC hat eine Studie zur langfristigen Sicherheit von topisch angewendetem Tacrolimus bei Patienten mit atopischer Blepharokonjunktivitis analysiert, in der insgesamt 18 Fälle von Herpes-simplex-Infektionen beobachtet wurden. Es gibt zusätzliche Belege für einen Zusammenhang dieser Infektion am Auge mit der topischen Anwendung des Calcineurin-Inhibitors. Daher werden die Fach- und Gebrauchsinformationen von Tacrolimus-haltigen Arzneimitteln zur topischen Anwendung um die Angabe der Neben­wirkung „Herpes-simplex-Infektion am Auge“ ergänzt. (DAZ 5, S. 107)

Kardiale Nebenwirkungen durch Missbrauch von Loperamid

Die FDA warnte vor schwerwiegenden kardialen Nebenwirkungen unter Loperamid in höheren als den empfohlenen Dosierungen. Von 1976 bis 2015 gingen bei der FDA 48 Berichte über schwere kardiale Ereignisse ein. Im Zusammenhang mit dem hochdosierten Missbrauch von Loperamid, z. B. um Opiatentzugssymptome zu beeinflussen oder euphorisierende Wirkungen zu erzielen, traten Synkopen, QT-Zeitverlängerungen, Torsade de Pointes und andere lebensbedrohliche Arrhythmien auf. Der AMK lagen im Zeitraum 2013 bis 2015 insgesamt vier Verdachtsfälle zur missbräuchlichen Anwendung von Loperamid vor. Es wird empfohlen, Patienten auf die bestimmungsgemäße Anwendung und Dosierung von Loperamid bei Durchfall hinzuweisen, damit es nicht zu einer (un-)beabsichtigte Überdosierungen kommt. (DAZ 24, S. 95)

Myokarditis unter Adalimumab

Die Arzneimittelkommission der Ärzteschaft informierte über eine fulminante Myokarditis mit akuter kardialer Dekompensation unter Adalimumab (Humira®) bei einem Patienten mit einem akuten Schub einer Colitis ulcerosa. Der ansonsten Gesunde wurde mit täglich 4,5 g Mesalazin und 40 mg Prednisolon per os behandelt. Da der Behandlungserfolg ausblieb, erhielt er eine Induktionsdosis von 160 mg des TNF-α-Antikörpers und entwickelte acht Tage später eine Synkope. Eine maximale intensivmedizinische Betreuung wurde nötig. In der Fachinformation von Humira® wird eine dekompensierte Herzinsuffizienz als „gelegentliche“ Nebenwirkung aufgeführt; Adalimumab ist bei NYHA Klasse III/IV kontraindiziert. Es wird diskutiert, ob die – im Vergleich zu anderen Indikationen – hohe Initialdosis bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen mit einem erhöhten Risiko für kardiale Nebenwirkungen einhergeht. (DAZ 19, S. 96)

DRESS-Syndrom unter Olanzapin

Die FDA warnte im Mai vor dem DRESS-Syndrom (Drug Rash with Eosinophilia and Systemic Symptoms) unter dem atypischen Neuroleptikum Olanzapin (z. B. Zyprexa®). Bei der schweren Arzneimittelüberempfindlichkeitsreaktion kommt es zu Fieber, Hautausschlag, Lymphadenopathie, Eosinophilie und Beteiligung innerer Organe. Patienten sollten die Zeichen für ein DRESS-Syndrom erläutert werden: grippeähnliche Symptomen und Ausschlag im Gesicht, gefolgt von großflächigem Ausschlag, hohem Fieber, vergrößerten Lymphknoten und erhöhten Leberenzymwerten. In Europa hatte der PRAC im April 2016 empfohlen, das DRESS-Syndrom als unerwünschte Wirkung in die Fachinformationen aufzunehmen. (DAZ 20, S. 107)

Rote-Hand-Brief zu Pomalidomid: Hepatitis-B-Virus-Status abklären

Celgene Europe Limited informierte in einem Rote-Hand-Brief, dass es bei Patienten, die Pomalidomid (Imnovid®) in Kombination mit Dexamethason erhielten und sich zuvor mit dem Hepatitis-B-Virus infiziert hatten, in seltenen Fällen zu einer Reaktivierung von Hepatitis B kam. Dies führte in einigen Fällen zu akutem Leberversagen. Imnovid® wird in der Behandlung des rezidivierten und refraktären multiplen Myeloms eingesetzt. Celgene empfiehlt, den HBV-Status vor Beginn der Behandlung abzuklären. (DAZ 17, S. 106)

Pyrrolizidinalkaloid-Exposition minimieren

Im März 2016 hat das BfArM eine Bekanntmachung veröffentlicht zur Prüfung des Gehalts an Pyrrolizidin­alkaloiden, um die Qualität und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln sicherzustellen, die pflanzliche Stoffe bzw. pflanzliche Zubereitungen als Wirkstoffe enthalten. Pyrrolizidinalkaloide können leberschädigend wirken. Sie sind in bestimmten Pflanzenfamilien wie den Asteraceae (z. B. Senecio-Arten) oder den Boraginaceae (z. B. Heliotropium-Arten) verbreitet. Durch verbesserte analytische Methoden konnte nachgewiesen werden, dass auch Zubereitungen aus Pflanzen betroffen sein können, die selbst nicht zur Biosynthese von Pyrrolizidinalkaloiden in der Lage sind. Bisher ging man davon aus, dass der Gehalt an Pyrrolizidinalkaloiden auf Verunreinigungen mit Beikräutern zurückzuführen ist. Da eine Verunreinigung mit sehr wenigen Pflanzen zu einem Gehalt an Pyrrolizidinalkaloiden führen kann, müssen neben den Maßnahmen der „Good Agricultural and Collection Practice“ zusätzlich Gehaltsbestimmungen durchgeführt werden. Ziel ist es, eine Exposition mit über 1,0 µg Pyrrolizidinalkaloiden pro Tag durch pflanzliche Arzneimittel zu vermeiden. (DAZ 10, S. 117)

Blaue-Hand-Symbol kennzeichnet Schulungsmaterial

In einer gemeinsamen Pressemitteilung informierten BfArM und PEI über ein neues nationales Logo zur Kennzeichnung von behördlich angeordneten und genehmigten Schulungsmaterialien zur Minimierung von Arzneimittelrisiken: eine stilisierte „Blaue Hand“ mit der Aufschrift „behördlich genehmigtes Schulungsmaterial“. Es soll es Angehörigen der Heil- und Pflegeberufe sowie Patienten erleichtern, es von Werbematerialien zu unterscheiden. Das Blaue-Hand-Symbol darf nur nach Prüfung und Genehmigung durch die Bundesoberbehörden von den Zulassungsinhabern auf die Schulungsmaterialien aufgedruckt werden. Das Schulungsmaterial wird auf den Websites der beiden Bundesoberbehörden BfArM und PEI sowie auf den Websites der Zulassungsinhaber bereitgestellt und regelmäßig aktualisiert. (DAZ 11, S. 126, AZ 49, S. 117)

Das Blaue-Hand-Symbol darf Schulungsmaterialien nur nach Prüfung und Genehmigung durch die Bundesoberbehörden kennzeichnen.

Rote-Hand-Brief zu Etoricoxib: Geänderte Dosierungsempfehlung

Die MSD Sharp & Dohme GmbH und die Grünenthal GmbH informierten in einem Rote-Hand-Brief über neue Dosierungsempfehlungen von Etoricoxib (Arcoxia®). Auf der Grundlage von ­Ergebnissen klinischer Studien zur Wirksamkeit von Etoricoxib bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und bei Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) wird für diese Patienten eine auf 60 mg reduzierte Tagesdosis empfohlen. Bei Patienten mit unzureichender Symptomlinderung kann die bislang empfohlene Tagesdosis von 90 mg Etoricoxib in den beiden Indikationen angewendet werden. Sobald sich die Patientensituation stabilisiert hat, kann eine Dosisreduktion auf 60 mg Etoricoxib täglich angezeigt sein. (DAZ 29, S. 103)

Rote-Hand-Brief zu Thalidomid: Virus-Reaktivierung und pulmonale Hypertonie

Celgene GmbH informierte mit einem Rote-Hand-Brief über das Auftreten von Virus-Reaktivierungen, insbesondere Hepatitis-B-Viren (HBV) und Varicella-Zoster-Viren, unter Thalidomid-Behandlung. Es waren Fälle mit schwerwiegenden Verläufen mit ausgedehntem Herpes Zoster und akutem Leberversagen bei HBV-Trägern auf­getreten. Vor einer Behandlung mit Thalidomid muss der HBV-Status abgeklärt werden. Daneben liegen der Firma Berichte über das Auftreten von pulmonaler Hypertonie vor, zum Teil mit tödlichem Verlauf. Daher sollten Patienten ebenso vor Beginn der Therapie auf Anzeichen einer kardiopulmonalen Grunderkrankung untersucht und während der Therapie daraufhin überwacht werden. (DAZ 25, S. 93)

Rote-Hand-Brief zu Implanon NXT®: Mögliche Migration des implantierbaren Kontrazeptivums

Die MSD Sharp und Dohme GmbH informierte in einem Rote-Hand-Brief über Risiken des Implantats Implanon NXT® (Etonogestrel) zur hormonellen Kontrazeption. Das stäbchenförmige Implantat wird subkutan in den Arm appliziert, verbleibt dort für bis zu drei Jahre und muss anschließend entfernt werden. Es gibt Fälle, in denen Implantate in Gefäßen und im Brustraum gefunden wurden, daher sollte auch im Brustraum mit bildgebenden Verfahren gesucht werden, falls das Implantat im Arm nicht aufgefunden werden kann. Die ermittelte Inzidenz von Fällen einer Implantat­migration liegt bei circa 1,3 pro eine Million verkaufter Implantate. Patientinnen sollten darauf hingewiesen werden, dass jedes nicht tastbare Implantat lokalisiert und entfernt werden sollte. (DAZ 26, S. 103)

Neue Kontraindikation für Riociguat

Bayer Vital GmbH und MSD Sharp & Dohme GmbH informierten mittels Rote-Hand-Brief über eine neue Kontraindikation für Riociguat (Adempas®): Patienten mit pulmonaler Hypertonie (PH) in Verbindung mit idiopathischen interstitiellen Pneumonien (PH-IIP) dürfen nicht mit Riociguat behandelt werden. Die Fach- und Gebrauchsinformationen werden hinsichtlich der neuen Kontraindikation aktualisiert.

(DAZ 27, S. 103)

Dosierungsfehler bei Levetiracetam-haltigen Lösungen vermeiden

Die zur Behandlung von Epilepsie bei Kindern verwendete Levetiracetam-Lösung (Keppra®) zur peroralen Gabe wird mit Dosierpipetten in den Handel gebracht. Je nach Patientenalter werden von den Herstellern unterschied­liche Pipetten eingesetzt (1-ml-, 3-ml- bzw. 10-ml-Pipette), einige Hersteller bieten aber auch nur zwei verschiedene Dosierpipetten oder nur eine an. Die EMA berichtet über unbeabsichtigte Überdosierungen von Levetir­acetam-haltigen Lösungen. Die meisten der gemeldeten Fälle traten bei Kindern zwischen sechs Monaten und elf Jahren auf, wobei häufig die Verwendung einer nicht altersgerechten Dosierpipette der Grund für die Überdosierung war. Daher sollte bei der Abgabe Levetiracetam-haltiger Lösungen besonders darauf geachtet werden, dass die beiliegende Pipette für die Altersgruppe des Patienten geeignet ist und nur die in dem jeweiligen Karton enthaltene Dosierspritze verwendet wird. (DAZ 42, S. 148)

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Bei Levetiracetam-haltigen Lösungen muss darauf geachtet werden, die rich­tigen Dosierpipetten zu verwenden.

Kontrazeptionszeitraum für Acitretin auf drei Jahre verlängert

Das Retinoid Acitretin (Acicutan®, Neotigason®) ist zur Behandlung von schweren Verhornungsstörungen der Haut zugelassen. Wegen des hohen teratogenen Risikos ist Acitretin bei Frauen im gebärfähigen Alter kontraindiziert, es sei denn, eine Schwangerschaft wurde ausgeschlossen und eine wirksame Empfängnisverhütung ist gewährleistet. Das BfArM informierte, dass der bisherige Zwei-Jahres-Zeitraum für eine Kontrazeption nach Ende einer Acitretin-Therapie nicht ausreicht; er muss auf drei Jahre verlängert werden. Der Konsum von Alkohol (aus Nahrungs- und Genussmitteln, Arzneimitteln) kann nämlich die Verstoffwechselung von Acitretin zu Etretinat bewirken, das ebenfalls stark teratogen wirkt. Etretinat lagert sich im Fettgewebe ab und hat eine sehr lange Halbwertszeit von ca. 120 Tagen. Patientinnen im gebärfähigen Alter sollten während und zwei Monate nach einer Therapie mit Acitretin keinen Alkohol zu sich nehmen. (DAZ 29, S. 104)

Schwere allergische Reaktionen unter extern appliziertem Minoxidil

Lokale Hautreaktionen im Zusammenhang mit dem extern applizierten Antihypertonikum Minoxidil, das bei androgenetischer Alopezie angewendet wird, sind allgemein anerkannt. Darüber hinaus gab es kumulativ 17 Berichte über Angioödem, 13 Berichte über allergisches Ödem aus Post-Marketing-Quellen und 1015 Berichte über Überempfindlichkeitsreaktion. Ein Zusammenhang zwischen Überempfindlichkeits- bzw. allergischen Reaktionen und extern appliziertem Minoxidil gilt als wahrscheinlich, die Produktinformationen sollen entsprechend geändert werden. Patienten, bei denen es zu Schwellungen des Gesichts, der Lippen oder des Rachens kommt, sollen den Arzt aufsuchen, da es Anzeichen einer schweren allergischen Reaktion sein könnten. (DAZ 37, S. 103)

Kieferosteonekrosen unter Aflibercept

Sanofi-Aventis informierte in einem Rote-Hand-Brief über Fälle von Osteonekrosen des Kieferknochens bei Krebspatienten, die mit Aflibercept (Zaltrap®) behandelt wurden. Dem Zulassungsinhaber wurden bis 3. August 2015 insgesamt acht Fälle von Osteonekrosen des Kieferknochens unter der Behandlung mit Zaltrap® berichtet. Bei drei dieser Fälle gab es eine Begleittherapie mit Bisphosphonaten, für die Kieferosteonekrosen ein bereits bekanntes Risiko darstellen. Zusätzlich zu den bekannten Risikofaktoren – invasive zahnmedizinische Eingriffe und Behandlung mit parenteral applizierten Bisphosphonaten – gilt nunmehr auch die Behandlung mit Aflibercept als Risikofaktor für Osteonekrosen des Kieferknochens. Vor einer Behandlung mit Aflibercept ist eine zahnärztliche Untersuchung zu erwägen. (DAZ 12 , S. 111)

Pneumonie bei COPD-Patienten unter inhalativen Glucocorticoiden

Der PRAC hat das bereits bekannte Pneumonie-Risiko unter der Therapie mit Glucocorticoid-haltigen Inhalativa bei Patienten mit COPD untersucht. Die Frage war, ob das für Fluticason bekannte Risiko auch für andere in der Behandlung der COPD eingesetzte Glucocorticoide besteht, und ob sich dieses bei den Wirkstoffen Beclometason, Budesonid, Flunisolid, Fluticasonpropionat und Fluticasonfuroat unterscheidet. Der PRAC bestätigt, dass COPD-Patienten ein erhöhtes Risiko haben, eine Lungenentzündung zu entwickeln, unabhängig davon, welche inhalativen Glucocorticoide angewendet werden. Der Nutzen der Anwendung übersteigt aber weiterhin das Risiko, sodass keine Veränderungen der Anwendungsvorgaben erforderlich sind. (DAZ 12, S. 112)

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COPD-Patienten, die inhalative Glucocorticoide anwenden, haben ein erhöhtes Risiko für eine Lungenentzündung – unabhängig vom verwendeten Wirkstoff.

Risiko für vorzeitigen Epiphysenschluss unter Vismodegib

Die Roche Pharma GmbH informierte, dass es bei mit Vismodegib (Erivedge®) behandelten Kindern und Jugendlichen zu Fällen von vorzeitigem Epiphysenschluss (Schluss der Wachstumsfugen) gekommen ist. Der niedermolekulare Inhibitor des Hedgehog-­Signaltransduktionsweges ist zugelassen für die Anwendung bei Erwachsenen mit metastasiertem Basalzellkarzinom. Das Arzneimittel ist nicht zugelassen zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Patienten, bei denen die Skelettreife noch nicht abgeschlossen ist, oder deren gesetz­liche Vertreter müssen ärztlicherseits über das mit der Anwendung verbundene Risiko im Rahmen des Off-label-Einsatzes informiert werden. Die Produktinformationen werden um dieses Risiko aktualisiert. (DAZ 25, S. 94)

Posaconazol: Risiken für Über- und Unterdosierung

Über Einnahme-/Dosierungsfehler beim Austausch von oralen Darreichungsformen mit dem Antimykotikum Posaconazol (Nox­afil®) informierte die MSD Sharp & Dohme GmbH in einem Rote-Hand-Brief. Das Breitspektrum-Antimykotikum ist zugelassen bei Erwachsenen zur Behandlung von Mykosen sowie zur Prophylaxe invasiver Mykosen bei Chemotherapie und bei Stammzelltransplantation. Das Azol-Antimykotikum steht als magensaftresistente Tablette (100 mg/Tablette) und als Suspension zum Einnehmen (40 mg/ml) sowie als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung (300 mg/16,7 ml Konzentrat) zur Verfügung. Ein Austausch der Suspension zum Einnehmen gegen die Tabletten oder umgekehrt kann ohne Dosisanpassung zu Über- bzw. Unterdosierung führen. Der Hersteller will die Noxafil®-Faltschachteln der oralen Darreichungsformen so verändern, dass Tabletten und Suspension besser unterscheidbar werden und die Sekundärverpackungen einen zusätzlichen Warnhinweis enthalten. Auch in die Fach- und Gebrauchsinformationen werden Hinweise aufgenommen, dass Tabletten und Suspension aufgrund der Unterschiede der Dosierungsintervalle und ihrer pharmakokinetischen Eigenschaften nicht austauschbar sind und dass die speziellen Dosierungsempfehlungen jeder Darreichungsform zu beachten sind. (DAZ 29, S. 103)

Kardiomyopathie unter Quetiapin

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) berichtet über eine Patientin, die unter dem atypischen Antipsychotikum Quetiapin (z.B. Seroquel®), 800 mg pro Tag über vier Monate, eine schwere Kardiomyopathie entwickelte. Bei den Antipsychotika sind kardiotoxische Reaktionen zum Beispiel bei Clozapin bekannt, das mit Quetiapin strukturell verwandt ist. In der Fachinformation Quetiapin-haltiger Arzneimittel wird unter „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“ auf Berichte über Kardiomyopathien und Myokarditiden hingewiesen; ein kausaler Zusammenhang mit Quetiapin sei aber nicht belegt. In der Datenbank des deutschen Spontan­meldesystems sind nur einzelne Verdachtsberichte erfasst; eine Bewertung der Kausalität sei aber aufgrund unzureichender Informationen nicht möglich. (DAZ 39, S. 123)

Metformin auch bei mäßig eingeschränkter Nierenfunktion

Die Neubewertung der Sicherheit von Metformin bei Patienten mit Niereninsuffizienz ergab, dass das orale Antidiabetikum nun auch bei mäßig reduzierter Nierenfunktion (glomerulären Filtrationsrate von 30 bis 59 ml/min) angewandt werden darf. Die Datenlage rechtfertige die Kontraindikation bei diesen Typ-2-Diabetikern nicht mehr. In Deutschland lag die Grenze seit ­eineinhalb Jahren bei 45 ml/min; in Europa galten aber unterschiedliche Regelungen. Die EMA kam zu dem ­Ergebnis, dass Patienten mit mäßig eingeschränkter Nierenfunktion ­Metformin nicht weiter vorenthalten werden sollte. Klare Dosisempfehlungen mit reduzierten Dosen bei Niereninsuffizienz sollen einge­halten werden; bei einer GFR unter 30 ml/min ist Metformin weiter kontraindiziert. (DAZ 43, S. 121)

Bei mittelschwerer Leberfunktionsstörung kein Viekirax®

Bei gleichzeitig mit Viekirax® (Ombitasvir, Paritaprevir, Ritonavir) und Exviera® (Dasabuvir) behandelten Patienten wurden Fälle von Leberdekompensation und Leberversagen, einschließlich Lebertransplantation und Todesfälle, gemeldet. Da die meisten Patienten mit diesen schweren Verläufen vor Therapiebeginn Anzeichen ­einer fortgeschrittenen und dekompensierten Zirrhose zeigten, wird die Anwendung von Viekirax® mit oder ohne Exviera® bei Patienten mit mittelschwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Grad B) nicht empfohlen. Bei schwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Grad C) ist die Anwendung bereits kontraindiziert. (DAZ 2, S. 107)

Apremilast: Suizidgedanken und suizidales Verhalten

In einem Rote-Hand-Brief informierte die Celgene GmbH über Suizidgedanken und suizidales Verhalten unter Apremilast (Otezla®). Der Phosphodiesterase-4-Inhibitor wird aufgrund seiner antiinflammatorischen Wirkungen als Reservemittel bei verschiedenen Formen der Psoriasis eingesetzt. Gelegentliche Fälle von Suizidgedanken und suizidalem Verhalten, mit oder ohne Depression in der Anamnese, wurden mit einer Häufigkeit von ≥ 1/1000 bis ≤ 1/100 berichtet. Bei Patienten mit anamnestisch bekannten psychiatrischen Symptomen oder Patienten, die Arzneimittel mit möglicherweise psychiatrischen ­Nebenwirkungen einnehmen, ist der Nutzen der Behandlung mit Apremilast sorgfältig gegen die Risiken abzuwägen. (DAZ 45, S. 108)

Schwerwiegende Hautreaktionen durch NSAR-haltige Gele

Diclofenac-haltige Gele sind zugelassen zur lokalen symptomatischen Behandlung von Schmerzen bei akuten Zerrungen oder Prellungen und auch bei rheumatischen Erkrankungen der (gelenknahen) Weichteile sowie bei degenerativen Erkrankungen peripherer Gelenke. Verwendet werden Zubereitungen, die das Diethylamin- oder das Natriumsalz von Diclofenac enthalten. Der Hilfsstoff Propylenglycol ist den Gelen häufig beigefügt, seltener dagegen Butylhydroxytoluol und ätherische Öle. Für die drei genannten Hilfsstoffe sind ebenfalls unerwünschte Hautreaktionen beschrieben. Das Ri­siko besteht nicht nur für Diclofenac, sondern ist grundsätzlich bei allen topisch applizierten nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) vorhanden. Für Diclofenac-Externa weisen Studien bei Knieschmerzen auf eine viermal höhere Häufigkeit von meist milden Hautreaktionen hin im Vergleich zu Placebo. Im Zeitraum von 2013 bis Mitte 2016 erhielt die AMK 84 Spontanberichte aus Apotheken, in denen Diclofenac-haltige Gele mit unerwünschten kutanen Wirkungen in Verbindung gebracht wurden. Darunter waren 22 Fälle mit mehr oder weniger großen Blasen und in Einzelfällen mit Sekundärinfektionen oder großflächiger Hautablösung. Die Symptome übertrafen damit die einer Kontaktdermatitis, wie Rötung, Juckreiz und Brennen an der Applikationsstelle. Bei der Hälfte der 22 Fälle traten die Hautreaktionen bereits nach der ersten Applikation auf und hielten länger an. (DAZ 48, S. 121)

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Für Diclofenac-Externa wurden bei Knieschmerzen meist milde Hautreaktionen berichtet. Es traten aber auch Reaktionen mit mehr oder weniger großen Blasen und in Einzelfällen auch großflächige Hautablösungen auf.

Reaktivierung von Virusinfektionen durch Lenalidomid

Bei Patienten, die mit Lenalidomid behandelt wurden, traten Virus-Reaktivierungen auf, darunter solche mit Herpes-Zoster(VZ)- und Hepatitis-B(HB)-Viren. Lenalidomid ist indiziert zur Behandlung von Erwachsenen mit multiplem Myelom, myelodysplastischen Syndromen und Mantelzell-Lymphom. Bei einigen Fällen führte die HBV-Reaktivierung zu einem akuten Leberversagen und zum Tod. Die immunsuppressive Wirkung von Lenalidomid kann das Risiko ­einer Virus-Reaktivierung bei zuvor mit HBV oder VZV infizierten Patienten weiter erhöhen. Daher sollte der HBV-Status vor Beginn der Behandlung mit Lenalidomid abgeklärt werden. HBV-Infizierte müssen während der gesamten Behandlung engmaschig Symptome einer aktiven HBV-Infektion überwacht werden. (DAZ 45, S. 110)

Nutzen/Risiko-Verhältnis von Symbioflor® 2 wird überprüft

Das BfArM schätzt die Wirksamkeit von Symbioflor® 2 bei den beanspruchten Indikationen (Regulierung der körpereigenen Abwehrkräfte, bei gastrointestinalen Störungen und Colon irritabile) und die potenziellen Risiken als ungenügend dokumentiert ein und hat die Überprüfung beim CHMP der EMA beantragt. Das Arzneimittel enthält eine Suspension aus zehn verschiedenen, teils autolysierten, teils lebenden Escherichia-coli-Stämmen. Das BfArM bemängelt, dass unter anderem Daten lediglich auf einer retrospektiven Auswertung einer Phase-III-Studie aus dem Jahre 1988 zur Wirksamkeit bei Patienten mit Reizdarmsyndrom beruhten und zahlreiche methodische Mängel festzustellen seien. Somit ließe sich keine Wirksamkeit belegen, die aber potenziellen Risiken gegenüberstünden. Dem pharmazeutischen Unternehmer wurde eine Fragenliste vom CHMP übermittelt. (DAZ 15, S. 92)

Lipidpneumonie bei Anwendung von öligen Nasensprays

Die AMK hat das Risiko von Lipid­pneumonien nach Anwendung öliger Nasensprays und -tropfen mit Ölen pflanzlichen Ursprungs untersucht. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass bei lipophilen flüssigen Rezepturen grundsätzlich die Gefahr der Aspiration mit möglichen gesundheitlichen Risiken besteht bis hin zu Lipidpneumonien. Als problematisch gelten nicht nur flüssige Paraffine, sondern auch fette Öle. Ölige Nasentropfen oder dünnflüssige Nasenemulsionen sollten nur in begründeten Ausnahmefällen hergestellt werden, insbesondere aber nicht zur Anwendung bei Kindern. Lipidpneumonien sind Entzündungen, die durch Aspiration von oral oder nasal zugeführten Lipiden entstehen. Symptome zu Beginn sind Husten, subfebrile Temperaturen und Kurzatmigkeit. Unabhängig von der chemischen Natur des Lipids werden ölige Nasalia bei trockenen Schleimhäuten wie bei der Rhinitis atrophicans, Rhinitis sicca, Rhinitis medicamentosa oder Verkrustungen infolge eines chirurgischen Eingriffs angewendet. Eine Therapie mit öligen Nasalia sollte nur erwogen werden nach einer (fach-)ärztlich gestellten Indikation und Risiko/Nutzen-Bewertung mit regelmäßigen Verlaufskontrollen über den kürzesten möglichen Zeitraum und unter Nutzung der geringsten wirksamen Dosis. (DAZ 34, S. 95)

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Ölige Nasensprays und -tropfen sollten nur nach strenger Risiko/Nutzen-Bewertung eingesetzt werden.

FDA warnt vor Nebenwirkungen der Fluorchinolone

Die amerikanische Arzneimittelbehörde (FDA) informierte über körperlich behindernde und potenziell permanente Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der systemischen Anwendung von Fluorchinolonen (davon in Deutschland zugelassene: Ciprofloxacin, Ofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin). Neben der Anpassung der Warnhinweise und Produktinformationen sollen Ärzte Fluorchinolone bei bestimmten Infektionen restriktiver verordnen. Zu dieser Einschätzung ist die FDA gelangt nach Durchsicht Placebo-kontrollierter Studien mit verschiedenen Antibiotika zur Therapie der akuten bakteriellen Sinusitis, der akuten Exazerbation einer chronischen Bronchitis sowie des unkomplizierten Harnwegsinfekts. Die FDA rät Ärzten bei bestehenden antibiotischen Therapiealternativen für die genannten Infektionen Fluorchinolone nicht mehr zu verordnen; in diesen Fällen überwiegen die Risiken den Nutzen. Bei unerwünschten Wirkungen soll das Fluorchinolon sofort abgesetzt und auf ein anderes Antibiotikum umgestellt werden. Die AMK weist darauf hin, dass in Deutschland zusätzlich Norfloxacin und Enoxacin systemisch angewendet werden und für Ciprofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin durch Entscheide der EU-Kommission bereits teilweise Einschränkungen oder Streichungen für die genannten Infektionen bestehen. (DAZ 31, S. 90)

Hepatitis-B-Reaktivierung durch direkt wirkende Virustatika

Die direkt wirkenden Virustatika Daclatasvir (Daklinza®), Dasabuvir (Exviera®), Sofosbuvir/Ledipasvir (Harvoni®), Simeprevir® (Olysio®), Sofosbuvir (Sovaldi®) und Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir (Viekirax®) sind in der Behandlung der Hepatitis C zugelassen für Therapieregime ohne Interferone. Interferone wirken sowohl gegen Hepatitis-B- als auch gegen Hepatitis-C-Viren. Die FDA und die EMA beschäftigen sich mit dem Risiko einer Hepatitis-B-Reaktivierung unter der Behandlung mit den genannten Virustatika. Die Reaktivierung wurde beobachtet, wenn die Virustatika ohne Interferon eingesetzt wurden. Der Mechanismus ist nicht bekannt. In der Regel trat die Hepatitis-B-Reaktivierung innerhalb von vier bis acht Wochen nach Behandlungsbeginn auf. Die EMA hat im Frühjahr 2016 ein ­Risikobewertungsverfahren gestartet und untersucht zusätzlich das Wiederauftreten hepatozellulärer Karzinome unter den genannten Virustatika. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die FDA hat aufgrund der Analyse von 24 Fällen einer Hepatitis-B-Reaktivierung innerhalb von 31 Monaten risikominimierende Maßnahmen veröffentlicht. Sie empfiehlt, vor Beginn der Behandlung mit den Virustatika die Patienten auf eine aktuelle oder frühere Hepatitis B zu untersuchen und gegebenenfalls während und auch nach der Behandlung weiter zu überwachen. (DAZ 41, S. 135)

Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht

Am 19. Januar 2016 fand die 75. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht nach Paragraf 53 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) statt.

  • Der Ausschuss empfahl, die Posi­tionen Beclometason, Fluticason, Mometason zu vereinheitlichen: „<Wirkstoff> und seine Ester − ausgenommen zur intranasalen Anwendung zur symptomatischen Behandlung der saisonalen allergischen Rhinitis, nach der Erstdiagnose einer saisonalen allergischen Rhinitis durch einen Arzt, in einer Tagesdosis bis zu <400/200> Mikrogramm <Wirkstoff>, sofern auf Behältnissen und äußeren Umhüllungen angegeben ist, dass die Anwendung auf Erwachsene beschränkt ist.“
  • Cannabidiol und seine Zubereitungen werden als Ausgangsstoff zur Zubereitung nicht zulassungspflichtiger Rezeptur- und Defekturarzneimittel angeboten, sind aber bislang nicht von der AMVV erfasst. Der Ausschuss hat nun empfohlen, Cannabidiol der Verschreibungspflicht nach Paragraf 48 AMG zu unterstellen.
  • Außerdem soll folgende obsolete „Sammelposition“ aufgelöst werden: „Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die zur Behebung der Amenorrhoe bestimmt sind, auch wenn sie als Mittel gegen Regel-, Perioden- oder Menstruationsstörungen angekündigt werden, zur Anwendung bei Menschen“.
  • Ein Antrag, das Retinoid Adapalen (lokale Aknetherapie) unter bestimmten Bedingungen aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, wurde abgelehnt.

(DAZ 4, S. 103)

Am 28. Juni 2016 fand die 76. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht statt. Der Ausschuss empfahl einstimmig,

  • Ephedrin-haltige Parenteralia und
  • den Schwermetall-Komplexbildner Succimer (Dimercaptobernstein­säure, DMSA) − ausgenommen in Kits für ein radioaktives Arznei­mittel – der Verschreibungspflicht nach § 48 AMG zu unterstellen.
  • Außerdem empfahl der Sachverständigenausschuss, einen Antrag auf Entlassung von Metronidazol zur äußerlichen Anwendung bei Rosazea abzulehnen.

Wenn der Verordnungsgeber den Ausschussempfehlungen folgt, können die genannten Änderungen frühestens zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. (DAZ 27, S. 105)

Änderungen in der Verschreibungspflicht

Am 29. Januar 2016 hat der Bundesrat die Vierzehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung verabschiedet.

  • Etwa 50 neue Wirkstoffe, wie zum Beispiel Edoxaban (Lixiana®), Empagliflozin (Jardiance®) oder Safin­amid (Xadago®), werden der Verschreibungspflicht unterstellt.
  • Ivermectin, bisher nur zur Anwendung bei Tieren verschreibungspflichtig, wird nun auch zur Anwendung beim Menschen der Verschreibungspflicht unterstellt, weil ein entsprechendes Arzneimittel zur Behandlung entzündlicher Rosazea-Läsionen zugelassen wurde (Soolantra® Creme).
  • Darüber hinaus werden die Ausnahmen von der Verschreibungspflicht für das Antidiarrhoikum Racecado­tril (Vaprino®) so erweitert, dass die Anwendung auf Kinder ab dem vollendeten zwölften Lebensjahr beschränkt ist.
  • Außerdem wird Alfatradiol (17α-Estradiol) der Verschreibungspflicht unterstellt, und zwar mit der Ausnahme: „zur Anwendung auf der Kopfhaut bei leichter androgenetischer Alopezie (hormonell bedingter Haarausfall) bei Männern und Frauen ab 18 Jahren“. Daher ändert sich am Status der auf dem Markt befindlichen Alfatradiol-haltigen Arzneimittel (Ell-Cranell®, Pantostin®) nichts, denn beide fallen unter die Ausnahme.
  • Die derzeit noch geltenden Ausnahmen der Verschreibungspflicht für die veterinärmedizinische Anwendung von Praziquantel für einige Tierarten werden zum 1. März 2018 aufgehoben, sodass für das Anthelminthikum ab diesem Datum die uneingeschränkte Verschreibungspflicht gilt.

(DAZ 7, S. 114)

Am 1. Oktober trat die Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) in Kraft.

  • Für die Apothekenpraxis am wichtigsten ist eine Ergänzung in § 2 AMVV, die es den Apotheken ­erlaubt, bestimmte Angaben (Vor­name der verschreibenden Person oder deren Telefonnummer) auf dem Rezept ohne Rücksprache hinzuzufügen.
  • Neben einigen redaktionellen Änderungen werden 17 neue Wirkstoffe wie Cobimetinib (Cotellic®), Idebenon (Raxone®) oder Tasimelteon (Hetlioz®) der Verschreibungspflicht unterstellt.
  • Außerdem wird Cannabidiol verschreibungspflichtig, das in nicht zulassungspflichtigen Rezeptur- und Defekturarzneimitteln (NRF-Vorschrift 22.10.) eingesetzt wird.
  • Die Ausnahmen für die intranasale Anwendung der Glucocorticoide Beclometason, Fluticason und Mometason werden so gefasst, dass erstmals Mometason-haltige und Fluticason-haltige Nasalia nicht mehr verschreibungspflichtig sind.
  • Die Position „Bromelain-Proteasen-Konzentrat“ wird genauer gefasst, sodass deutlich wird, dass nur das zentral zugelassene, äußerlich anzuwendende Fertigarzneimittel Nexo­brid®, Pulver und Gel zur Herstellung eines Gels, zur Behandlung von Verbrennungen verschreibungspflichtig ist, nicht aber Fertigarzneimittel zur peroralen Anwendung.

(DAZ 40, S. 140) |

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