Therapien im Gespräch

Hustende Kinder, hustende Erwachsene

Was wirksam und was geeignet ist

ms | Arzneimittel gegen Husten sollen effektiv, aber auch sicher sein. Das Problem: Für die Anwendung bei Kindern existieren keine klinischen Studien und nur wenig Evidenz. Die Evidenzfrage stellt sich auch bei vielen traditionell zugelassenen pflanzlichen Hustenmitteln. Denn hier ist kein Nachweis der Wirksamkeit gefordert. Kleinere Studien und Erfahrungsberichte helfen in beiden Fällen, eine rationale Entscheidung zu treffen.

Für Kinder geeignet?

Ein trockener Reizhusten spricht für einen viralen Infekt oder eine Schleimhautläsion. Sofern der Husten wirklich keine physiologische Funktion ausübt, können Hustenstiller zur Therapie verwendet werden. Sie reduzieren die Häufigkeit und die Intensität der Hustenstöße, indem sie entweder zentral das Hustenzentrum im Stammhirn hemmen oder peripher die Reizschwelle im Bronchialtrakt erhöhen. Zentral wirksame Antitussiva sind z. B. Codein, Dihydrocodein, Dextromethorphan und Noscapin. Codein ist für Kinder unter zwölf Jahren kontraindiziert. Grund dafür ist die Gefahr einer Opioid-Vergiftung – Codein wird im Körper zu dem aktiven Metaboliten Morphin demethyliert. Noscapin hingegen ist für Kleinkinder ab einem Alter von sechs Monaten zugelassen. Allerdings steht diese Zulassung aufgrund der schlechten Studienlage in der Kritik – zum Zeitpunkt der Zulassung waren keine Phase-III-Studien, wie heutzutage üblich, verlangt. Hersteller Infectopharm verweist aber auf Post-Marketing-Studien, die die Sicherheit und Unbedenklichkeit, insbesondere bei Kindern, belegen (DAZ 2, S. 40 – 49).

Ein produktiver Husten kann mit Expektoranzien therapiert werden. Diese setzen die Viskosität des Bronchialsekretes herab und erleichtern das Abhusten. Um nächtliche Hustenanfälle zu vermeiden, sollten sie nicht kurz vor dem Schlafengehen eingenommen werden. Säuglinge sollten nur unter ärztlicher Aufsicht therapiert werden. Infrage kommt dabei Ambroxol in niedriger Dosierung. Bei älteren Kindern sind auch die Wirkstoffe N-Acetylcystein (ab zwei Jahren) und Guaifenesin (ab 14 Jahren) zugelassen (DAZ 2, S. 40 – 49).

Foto: viperagp – Fotolia.com

Wirksame Phytopharmaka

Viele Kunden wünschen sich ein pflanzliches Präparat für die Behandlung ihres Hustens. Die Auswahl ist groß – die Evidenz eher gering. Die meisten Phytopharmaka sind als traditionelles Arzneimittel zugelassen. Klinische Studien zur Wirksamkeit sind selten vorhanden. Doch gibt es auch Ausnahmen. So führte die ätherische Öldroge Thymian in Kombination mit Primelwurzel oder Efeu­kraut (beides Saponin-haltige Drogen) bei Patienten mit akuter Bronchitis zu einer signifikanten Reduktion der Hustenanfälle im Vergleich mit Placebo. Efeukraut erwies sich auch als Einzelextrakt bei produktivem Husten als wirksam. Auch für die Reinsubstanz 1,8-Cineol und das Mischdestillat Myrtol existieren Wirksamkeitsnachweise. Keine Evidenz in Form von Studien gibt es für die pflanzlichen Hustenstiller Isländisch Moos oder Eibischwurzel. Die Anwendung entsprechender Präparate erfolgt rein traditionell (DAZ 49, S. 34 – 37).

Bei Halsschmerzen nach Leitlinie?

Desinfizierend, lokalanästhetisch, analgetisch oder antibiotisch – die Auswahl an lokal angewendeten Halsschmerzmitteln ist groß und die Wirkweise vielfältig. In den Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) wird aber der Einsatz von medizinischen Lutschtabletten, Gurgellösungen und Rachensprays abgelehnt und stattdessen die systemische Therapie mit Analgetika wie Paracetamol und Ibuprofen empfohlen. Lediglich Ambroxol wird ein gewisser Nutzen zugestanden. Bei Halsschmerzen können darüber ­hinaus auch unspezifische Maßnahmen wie ausreichendes Trinken, Gurgeln mit Salzwasser und das Lutschen nicht-medizinischer Bonbons zur Symptomlinderung beitragen. (DAZ 42, S. 34 – 40)

Antibiotika: ja, nein, vielleicht?

Mit dem in England entwickelte STARWAVe Score soll das Hospitalisierungsrisiko für Kinder mit respirato­rischem Infekt eingeschätzt werden. Die Auswertung erfolgt anhand von sieben Deskriptoren, die Charakteristika von Krankheit und Patient umfassen. Auch der Einsatz von Antibiotika könnte durch den Score nach Ansicht der Autoren abgewogen werden. „Nicht ohne Weiteres auf Deutschland übertragbar“ meint Experte Prof. Dr. Markus Knuf und verweist auf die unterschiedlichen Gesundheitssysteme der Länder. Anders als in England werden Kinder in Deutschland weniger von Allgemeinmedizinern, sondern von Pädiatern behandelt. Diese hätten, so Knuf, ohnehin mehr Erfahrung und seien in der Therapieentscheidung sicherer. Auch die Verbindung zwischen Hospitalisierung und Antibiotikagabe sieht Knuf kritisch. Immerhin werden Kinder auch bei Virusinfektionen oder bei Exsikkosen, die sekundär zu einem Infekt entstehen, ins Krankenhaus eingeliefert. Der STARWAVe-Score könne allerhöchstens als grobe Faustregel für Allgemeinmediziner gelten (DAZ 49, S. 38 – 39). |

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