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Das falsche Signal

Verbraucherschützer hadern mit Rx-Versandhandelsverbot

BERLIN (ks) | Kai-Helge Vogel, Gesundheitsexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), meint, dass der Gesetzgeber die Auswirkungen des EuGH-Urteils zur ­Rx-Preisbindung kritisch betrachten – und dann wohlüberlegt handeln sollte. Eine Einschränkung des Arzneimittelversandhandels ist aus seiner Sicht aber keine gute Lösung.
Foto: vzbz - Gert Baumbach
Verbraucherschützer Kai-Helge Vogel wünscht einerseits, dass Patienten von Boni profitieren, will andererseits aber auch die Apotheke vor Ort stärken.

Vogel erklärte im Interview mit DAZ.online, er könne die Aufregung bei den Apothekern nach dem EuGH-Urteil nachvollziehen. Aber er sieht auch die Vorteile für Verbraucher. Sie sollen ­ruhig sparen dürfen, wenn die Boni an die Zuzahlungsbefreiung gekoppelt werden, meint er. Vogel sieht die Zuzahlung nämlich eher als Kostenbe­lastung denn als Patientensteuerungsinstrument. „Wenn die Zuzahlung aufgrund eines Rx-Bonus wegfiele, wäre das aus unserer Sicht gut“, sagt Vogel. Zu überlegen sei allerdings, was zu tun ist, wenn zuzahlungsbefreite Patienten von Rx-Boni profitieren.

Selektivverträge zwischen Kassen und ausländischen Versandapotheken sieht der Verbraucherschützer dagegen kritisch – „weil die freie Apothekenwahl unbedingt erhalten werden muss“.

Letztlich ist Vogel ohnehin sicher: Selbst wenn Rx-Boni auch begrenzt in Deutschland erlaubt wären, würden die Patienten der Apotheke vor Ort nicht den Rücken kehren. „Die Beratung vor Ort und das pharmakologische Wissen der Apotheker werden von der Bevölkerung hoch eingeschätzt. Keine Versandapotheke kann das komplett er­setzen“. Und so hält er ein Versandhandelsverbot weder für nötig noch für richtig. Schließlich funktioniere der Versandhandel nun länger als zehn Jahre ohne Probleme. Die Patientensicherheit sei insbesondere im Rx-Bereich gewährleistet. Dass es auch un­seriöse Fake-Apotheken gibt, streitet ­Vogel nicht ab – doch daran würde auch ein Versandhandelsverbot nichts ändern. Nicht zuletzt sei ein Versandverbot in Zeiten der Digitalisierung „schlichtweg das falsche Signal an die Bevölkerung“. Es mache keinen Sinn, solche gesellschaftlichen Entwicklungen komplett auszubremsen. „Sie sehen ja im Falle ‚DrEd‘, was der Verbraucher dann macht: Er sucht sich Ausweichstrategien und sieht sich im EU-Ausland um“.

Vogel sieht die Lösung eher darin, ­Apotheken bei zuzahlungspflichtigen Arzneimitteln „etwas Spielraum“ zu lassen. Gleichzeitig sollten ihre eigentlichen Stärken besser hervorgehoben werden: „Die wichtigste Aufgabe des Apothekers ist nicht die reine Packungsabgabe, sondern die Vermittlung von pharmakologischem Fach­wissen. Deswegen sollten wir dafür sorgen, dass die Apotheker in einem Medikationsmanagement und beim Medikationsplan als die eigentlichen Experten für Arzneimittel stärker beteiligt werden.“ Außerdem erscheine es ratsam, die Honorierung der Apotheker anzupassen und Aufgaben wie etwa ­besondere Beratungsleistungen, Nacht- und Notdienste sowie die ­Rezepturherstellung gegenüber der ­reinen Abgabe eines Arzneimittels ­besser zu vergüten. |

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