Prisma

Reagiert die Darmflora auf Insulinmangel?

Auswirkungen des Typ-1-Diabetes auf das Mikrobiom

cae | Biomediziner der Universität Luxemburg versuchen herauszufinden, wie sich die Darmflora und ihre Aktivitäten bei Personen mit bzw. ohne Diabetes mellitus Typ 1 voneinander unterscheiden. Ausgehend vom Metagenom, d. h. der Gesamtheit der Gene aller Darmbakterien, analysieren sie das Metatranskriptom, d. h. die gesamte entsprechende RNA, und schließlich das Metaproteom, d. h. alle entsprechenden Proteine.
SEM: Science Photo Library/Scimat
Darmbakterien unter dem Rasterelektronenmikroskop.

In einer soeben publizierten Studie haben die Forscher in vier Familien insgesamt 20 Personen im Alter von fünf bis 62 Jahren untersucht: zehn Personen mit Diabetes und zehn Familienangehörige ohne Diabetes. Innerhalb von Familien sind die Umweltfaktoren, die die individuelle Darmflora beeinflussen, relativ ähnlich, sodass sich die durch eine chronische Krankheit verursachten Besonderheiten besser erkennen lassen.

Auf das Sammeln möglichst vieler Gene durch die Isolierung und Sequenzierung von DNA im Kot folgte mithilfe des Computerprogramms ­MOCAT (metagenomic analysis toolkit) die Identifizierung der wesentlichen Bakteriengruppen anhand ihrer charakteristischen Gene (taxonomisches Profil); parallel dazu wurde ein funktionelles Profil des Metagenoms erstellt. Auf dessen Grundlage wurden Voraussagen über das Metatranskriptom und das Metaproteom gemacht, die dann mit den tatsächlichen Ergebnissen der RNA-Analyse und des Protein-Screenings (mit Massenspektrometrie) verglichen wurden; so ergaben sich Rückschlüsse auf das Ausmaß der Genexpression.

Die Luxemburger fanden im Kot der Diabetiker eine überdurchschnittlich große Anzahl von Genen, die von Bakterien der Ordnung Clostridiales stammen (z. B. Clostridium difficile). Hinsichtlich des Metaproteoms fielen deutliche Unterschiede bei zehn Proteinen auf. Die Diabetiker besaßen mehr Lactoferrin und Intelectin-1 (intestinaler Lactoferrin-Rezeptor), die beide antimikrobiell wirken, aber auch bei der Insulinwirkung eine Rolle spielen sollen. Dagegen mangelte es ihnen u. a. an den α-Amylasen 2A und 2B, die nicht nur Kohlenhydrate spalten, sondern auch die Synthese von Vitamin B1 (Thiamin) unterstützen, sowie an der Carboxypeptidase A1. Da es sich bei diesen drei Proteinen um Pankreas-Enzyme handelt, weist das Defizit eher direkt auf die Insuffizienz dieses Organs hin als auf eine Reaktion des Mikrobioms auf den Diabetes.

Gemessen an dem großen Aufwand erscheinen diese Resultate etwas dürftig. Es ist jedoch anzuerkennen, dass hier eine Pionierarbeit geleistet wurde, die ausbaufähig und breit anwendbar ist, sodass künftig auch mit medizinisch relevanten Ergebnissen zu rechnen ist. |

Quelle

Heintz-Buschart A, et al: Integrated multi-omics of the human gut microbiome in a case study of familial type 1 diabetes. Nature Microbiol 2016;2: article number 16180

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