Arzneimittel und Therapie

Endlich eine Alternative zur OP

Ein Gastkommentar von Sylke Schneider-Burrus, Berlin

Dr. med. Sylke Schneider-Burrus

Bei Acne inversa oder Hidradenitis suppurativa handelt es sich um eine chronisch entzündliche Hautkrankheit, die im akuten Stadium mit der Ausbildung großer Abszesse, bei chronischem Verlauf mit der Ausbildung von unter der Haut liegenden Fistelsystemen einhergeht. Die Hautveränderungen finden sich vor allem genital, an den Oberschenkel-Innenseiten, axillär und unter der Brust. Betroffen sind in erster Linie junge Erwachsene, der Altersgipfel liegt zwischen 30 und 40 Jahren.

Verglichen mit allen anderen Haut­erkrankungen leiden Patienten mit Acne inversa an der stärksten Einschränkung ihrer Lebensqualität. Häufig wird die Erkrankung auch von Fachärzten nicht diagnostiziert, und so dauert es in Deutschland durchschnittlich zwölf Jahre bis zur Diagnosestellung. Karl Marx ist ein prominentes Beispiel für einen bis zum Tode nicht diagnostizierten Patienten mit Acne inversa.

In den letzten Jahren wird Acne inversa zunehmend als Systemerkrankung verstanden, da es eine Häufung von Komorbiditäten gibt. Allen voran sind das metabolische Syndrom und dessen Einzelfaktoren (Fettstoffwechselstörungen, arterielle Hypertonie, zentrale Fettleibigkeit) zu nennen. Außerdem leiden die Patienten überzufällig häufig an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), psychiatrischen Erkrankungen (Depression, Schizophrenie) sowie Spondyloarthritis.

Die Therapie der Acne inversa erfolgt gemäß der europäischen S1-Leitlinie stadienabhängig mit antibiotischen Lokaltherapeutika, systemischen Antibiotika, dem Retinoid Acitretin und bislang off-label mit Biologika. Die Antibiotika-Therapie führt oft zu einem vorübergehenden Rückgang der entzündlichen Aktivität und somit zu einer Reduk­tion der Schmerzen und des eitrigen Ausflusses. Nach Absetzen der Therapie kommt es jedoch häufig zu einer Zunahme der Beschwerden.

Sind im Verlauf der Erkrankung Fisteln und Narbenzüge entstanden, ist eine Operation unvermeidlich. Es werden die betroffenen Areale radikal entfernt und in der Regel eine sekundäre Wundheilung abgewartet. Nicht selten kommt es zum Rezidiv.

Für Patienten bedeutet die Erkrankung ein Leben mit dem Schmerz und dem ständigen Ausfluss von Eiter in intimen Regionen.

Im Juli 2015 wurde Adalimumab als erstes Medikament zur Therapie von mittelschwerer bis schwerer Acne inversa zugelassen. Betroffenen Patienten kann nun endlich eine Therapiealternative zur Operation angeboten werden. Anatomische Veränderungen wie Fisteln und Narben können sich unter dem Medikament nicht zurückbilden, jedoch kann der Progress der Erkrankung in vielen Fällen aufgehalten werden. Der für die Patienten wichtigste Effekt der Therapie ist das Nachlassen der Schmerzen und der Abszesshäufigkeit und so eine Verbesserung der Lebensqualität.

Wir Dermatologen sehen die Zulassung als einen großen Schritt in Richtung einer konservativen Therapieoption für eine bisher nur chirurgisch zu heilende Erkrankung. Die von uns behandelten Patienten empfinden die neue Therapieoption als einen Segen.

Dr. med. Sylke Schneider-Burrus

Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie

Charité - Universitätsmedizin Berlin

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