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Die besondere Apotheke

Mehr als pharmazeutisch versorgt

25 Jahre Klinikversorgung der Johannes-Apotheke Gröbenzell

Es war Zufall, dass Ulrich Krötsch in die Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern einstieg. Heute, 25 Jahre später, kann sich der promovierte Apotheker über eine große Abteilung Klinikversorgung seiner Johannes-Apotheke freuen, eine Abteilung, die nicht nur die Arzneimittel für die Kliniken liefert, sondern in vielen Fällen auch die pharmazeutische Betreuung der Klinikpatienten übernimmt. DAZ-Chefredakteurin Doris Uhl und ich besuchten Ulrich Krötsch in seiner Johannes-Apotheke in Gröbenzell. Er zeigte uns seine Apotheke und er führte uns in das Gebäude, das die Büro-Arbeitsplätze, die Labore und die Logistik der Klinikversorgung beherbergt. Er erklärte uns, wie sein Unternehmen die Klinikpatienten pharmazeutisch versorgt. | Von Peter Ditzel

Der Imagefilm über Ulrich Krötsch und seine Johannes-Apotheke mit Klinikversorgung, der im Internet auf der Startseite der Johannes-Apotheke steht, verspricht viel über den Apothekeninhaber und sein Unternehmen. Überzeugt man sich vor Ort von den Leistungen der Apotheke, dann stellt man fest: Es stimmt, „mein Name ist Dr. Ulrich Krötsch und ich bin Apotheker mit Leib und Seele“. Dieses „mit Leib und Seele“, seine Begeisterung für die Pharmazie und die Apotheke, hört übrigens nicht an der Apothekentür auf. Ein Blick in seine Vita zeigt: Krötsch übte viele Jahre das Amt des Pharmazierats aus. Darüber hinaus engagierte er sich auch berufspolitisch. Er war viele Jahre im Vorstand der Bayerischen Landesapothekerkammer, er war vier Jahre lang ihr Präsident und ist heute ihr Ehrenpräsident. Und er hatte auch das Amt des Präsidenten der Bundesapothekerkammer inne, legte es aber wegen unterschiedlicher Ansichten nieder.

Die Johannes-Apotheke: Beratung, Dienstleistungen und Siegel

Die Johannes-Apotheke in Gröbenzell, Bezirk Oberbayern, konnte Krötsch 1978 kaufen. Gröbenzell, eine Gemeinde mit 20.000 Einwohnern, liegt im Speckgürtel von München, etwa 16 km westlich vom Stadtzentrum der Metropole im Landkreis Fürstenfeldbruck. Die Lage der Apotheke ist mehr als gut: am Ende einer Einkaufsstraße, unmittelbar an der Unterführung zum S-Bahnhof Gröbenzell. Aber der Umsatz war damals noch bescheiden, erinnert sich Krötsch. Doch dank seines Engagements konnte er ihn schon nach drei Jahren um die Hälfte steigern.

Als schräg gegenüber seiner Apotheke Anfang des Jahrtausendwechsels ein Neubau geplant wird, greift Krötsch zu. Er mietet neue Räume an und verlegt seine Apotheke – sie liegt jetzt immer noch in der Nähe der S-Bahn-Unterführung, aber ist noch besser für die Passanten erreichbar. Als Krötsch erfährt, dass sich für die gute Lage auch Ärzte interessieren, macht er sich beim Bauherren für sie stark. Und er kauft sogar Räume, um sie an Ärzte zu vermieten. Der Einsatz zahlt sich aus: ein Urologe, zwei Internisten, eine Kinderärztin, ein Gynäkologe und ein Heilpraktiker ziehen mit ein. Über der Apotheke entsteht eine Art Gesundheitshaus.

Am 3. Dezember 2002 eröffnet er seine neue Johannes-Apotheke – ausgestattet sogar mit einem Kommissionierautomaten: „Ich war einer der ersten Apotheker in und um München herum, die einen Automaten, einen Mach4, in die Apotheke einbauen ließen“, erinnert sich Krötsch, „das war ein Schlüsselerlebnis für die Kunden. An der Stirnseite des Automaten ließ ich ein großes Fenster einbauen und ihn von innen beleuchten, so dass die Kunden dem Roboter bei der Arbeit zusehen konnten. Das sprach sich schnell herum und lockte Kunden.“ Die noch bessere Lage, die hellen Räume, ein freundliches Farbkonzept, das sich an die chinesische Harmonielehre Feng-Shui anlehnt, eine große Freiwahl, der Automat – und natürlich die hervorragenden Leistungen des Apothekenteams lassen den Umsatz rasch ansteigen.

Heute sind in der Johannes-Apotheke 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon vier Vollzeit-Apotheker, zwei Teilzeitapotheker, drei PTA und zwei PKA. Dass Krötsch relativ viele approbierte Mitarbeiter beschäftigt, rührt aus der Zeit, als er noch Pharmazierat war: „Es musste und muss bei mir immer vorbildlich zugehen. In meiner Zeit als Pharmazierat wollte ich mit gutem Gewissen außer Haus gehen können, um meine Pharmazieratstätigkeit zu erledigen“, so Krötsch. Und er fügt hinzu: „Ich will ruhig schlafen können, bei uns läuft nichts krumm. Meine Mitarbeiter selbst legen größten Wert darauf, streng lege artis zu arbeiten. Ich habe sie darin immer unterstützt.“

Stolz führt er uns durch seine Apothekenräume. „Im Labor wird gearbeitet“, betont er, und zeigt uns sein „Schmuckstück“: ein IR-Gerät für 11.000 Euro zur Gehaltsbestimmung. Zwischen zehn und zwanzig Rezepturen fertigt die Johannes-Apotheke täglich an. Auch Teerezepturen werden verlangt, sie werden an einem eigens dafür vorgesehenen, abgeteilten Platz zubereitet.

Für die Offizin der Johannes-Apotheke ist bewusst viel Raum vorgesehen: eine große Freiwahl, viele Regale, eine Wand, an der Wasser herunterrinnt – und eine rote Couch: „Ich war erst skeptisch, ob die ankommt. Aber meine Kunden freuen sich darüber.“

In der großen Offizin finden sich fünf Kassenplätze an separaten Beratungsplätzen, „Internetzugang und ABDA-Datenbank an jedem Platz sind für mich selbstverständlich“. Außerdem hat die Apotheke zwei Beratungsräume, um z. B. Blutwerte zu messen, für die Ernährungsberatung oder zum Anmessen von Kompressions- und Stützstrümpfen. „Wir machen hier so ziemlich alles, was sinnvoll ist“, bringt es Krötsch auf den Punkt. In bestimmten Abständen führt die Johannes-Apotheke auch Aktionen durch, z. B. eine Woche, in der sie Blutuntersuchungen zum halben Preis anbietet. Pro Tag lassen dann etwa zehn bis fünfzehn Kunden ihre Blutwerte untersuchen. „Außerdem beteiligen wir uns am Gröbenzeller Gesundheitstag mit einem Kräuterstand. Und wir machen eine Kosmetikwoche und weitere kleine Aktionen.“

Zu den Schwerpunkten an Beratungsdienstleistungen in der Johannes-Apotheke gehören u. a. die Homöopathie und Naturheilkunde, eine Phytothek, die Inkontinenz, die Reise-Impfberatung, außerdem die Ernährungs- und Diabetikerberatung. Die Johannes-Apotheke bietet darüber hinaus ein großes Sortiment an pflegender Apothekenkosmetik an, eine zur Kosmetikerin ausgebildete PKA steht für dieses Sortiment für die Beratung zur Verfügung. Krötsch betont: „Unsere Apotheke ist sehr beratungsintensiv. Es geht keiner hinaus, ohne dass er nicht rundum beraten wird, keiner, der ein Aspirin kauft, der nicht gefragt wird, ob er Asthma hat, ob er Blutverdünner nimmt.“ Die Beratungsleistung ließ Krötsch von einer unabhängigen Prüfgesellschaft überprüfen mit dem Ergebnis: Seine Apotheke wurde mit dem Apotheken-Siegel für herausragende Fachberatung ausgezeichnet.

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Zuständig für die Klinikversorgung Die Fachpothekerinnen Barbara Geyer (li.) und Dr. Sonja Mayer bei der Besprechung.

Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Apotheken-Teams haben Zusatzqualifikationen erworben: vier sind Offizinapotheker für Allgemeinpharmazie, zwei haben die homöopathische Weiterbildung, zwei sind für die Ernährungsberatung geschult, auch PTAs haben sich auf den Gebieten Homöopathie und Ernährungsberatung weitergebildet. „Ich lege großen Wert darauf, dass sich mein Personal fort- und weiterbildet. Die Kosten für die Weiterbildung übernehme ich“, so Krötsch.

Was das Medikationsmanagement in der Apotheke betrifft, zeigt sich Krötsch ein wenig skeptisch, „weil sich die Ärzte diesen Ideen noch verweigern, wie man hört“. Aber dennoch ist für ihn klar: „Wir beginnen mit der Medikationsanalyse.“ Eine seiner Klinikapothekerinnen, die auf diesem Gebiet ausgebildet ist, wird für die übrigen Mitarbeiter Seminare halten, um alle auf diesem Gebiet fit zu machen. Allerdings wird man derzeit noch keine umfängliche Medikationsanalyse oder gar ein Medikationsmanagement durchführen können – anders als in seiner Abteilung Klinikversorgung –, da die klinischen Parameter der Patienten nicht zur Verfügung stehen. „Wir beginnen mit dem Brown-bag-Check. Und wir informieren die Ärzte, dass wir Medikationsanalysen machen.“

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Warenlager Für die Arzneimittelversorgung der 24 Kliniken ist ein großes Warenlager notwendig. Ein Teil der Klinikware wird in großen Schiebeschränken aufbewahrt.

Und noch eine Aktivität, die Krötsch besonders herausstellt: Die Johannes-Apotheke nimmt kontinuierlich Pharmaziepraktikanten zur Ausbildung an, jedes Halbjahr etwa zwei bis drei: „Seit 1978 bis jetzt waren bei uns rund 230 Praktikanten.“ Auch der Bundesverband der Pharmaziestudierenden empfiehlt die Johannes-Apotheke als Ausbildungsstelle mit dem Vorteil: Man lernt eine aktive Apotheke kennen, die zudem noch stark in der Klinikversorgung involviert ist. Hier kann man in die unterschiedlichsten Abteilungen blicken: Warenwirtschaft, Sterillabor, Dokumentation, Medikationsanalysen. Gerade für Praktikanten ist dies eine Möglichkeit, die verschiedenen Arbeitsplätze kennenzulernen und z. B. bei Stationsbegehungen und an den Sitzungen der Arzneimittelkommission teilzunehmen.

Eine eigene Welt: die Klinikversorgung

1991 kam ein Kollege auf ihn zu, der seine Krankenhausversorgung abgeben wollte, was allerdings gar nicht so einfach möglich ist, da eine Krankenhausversorgung an eine bestimmte Apotheke gebunden ist. „Ich konnte ihm sein Warenlager und die Verträge abkaufen“, erklärt Krötsch, „musste mit den Kliniken aber neue Verträge abschließen. Die Chefärzte luden mich ein und fragten mich, ob ich zum Beispiel eine Resistenzstatistik anfertigen könne. Ich hatte damals noch wenig Ahnung, was da verlangt wird. Doch ich hab diese Aufgabe zuversichtlich angepackt.“

Anfangs ist Krötsch für die Arzneimittelversorgung von drei Kliniken im weiteren Umkreis zuständig. Die guten Leistungen der Johannes-Apotheke sprechen sich herum, und im Lauf der Zeit kann Krötsch weitere Kliniken hinzugewinnen. „Heute versorge ich 24 Kliniken.“ Damit darf er sich mit Sicherheit zu den Großen der krankenhausversorgenden Apotheker in Deutschland zählen.

Als er die Klinikversorgung vor 25 Jahren aufbaut, startet er mit einer Apothekerin, zwei Helferinnen und einer Aushilfskraft in einer Industriehalle. Schon nach relativ kurzer Zeit, als er die Versorgung weiterer Kliniken übernehmen kann, stockt er sein Personal rasch auf: weitere Apothekerinnen, PTA und PKA kommen hinzu. Der Aufbau der Labore und Reinräume erfolgt 1999. „Es war aufregend, als man damals in der Woche schon mal fünf Zytostatika­lösungen herstellen musste“, erinnert sich Krötsch.

Heute ist die Klinikversorgung der Johannes-Apotheke in einem angemieteten Industriegebäude auf 970 Quadratmetern untergebracht, ein vierstöckiges Haus, das nahezu auf allen Ebenen mit Unterabteilungen der Klinikversorgung belegt ist: Im Erdgeschoss Wareneingang und Warenlager, im zweiten Stock die Büros für die Klinische Pharmazie mit großzügigen Büroräumen sowie das Rechnungswesen und die Buchhaltung, darüber die Auslieferungsabteilung, in der die Versandwannen bestückt werden. Ein großer Teil dieses Raums ist Lagerplatz, Arzneimittel werden hier platzsparend in Rollschränken aufbewahrt. Außerdem finden sich hier die Arbeitsplätze, an denen die Ware zum Versand an die Kliniken vorbereitet, zusammengestellt und in die Versandwannen gelegt wird. Die Kommissionierung der Lieferung erfolgt heute professionell durch Einsatz von Handscannern.

Im dritten Stock sind die Labore, die Zytostatikaherstellung und die parenterale Herstellung untergebracht.

Im Keller befindet sich noch ein Archiv zur Aufbewahrung von Patientendaten und Steuerunterlagen. Ein eigener Raum steht der IT- und Serveranlage der Klinikversorgung zur Verfügung, wobei die Daten zusätzlich noch außerhalb gesichert werden.

Für die Klinikversorgung der Johannes-Apotheke arbeiten insgesamt 57 Mitarbeiter: 16 Apothekerinnen und Apotheker, 16 PTAs und 14 PKAs, außerdem elf weitere Mitarbeiter (Fahrer, Lageristen). Acht Fahrzeuge sind für die Klinikversorgung im Einsatz, Lieferwägen jeder Größe, die die Ware in die Kliniken und zu den Zytostatikapraxen fahren. Am weitesten sind die Kliniken in Landsberg mit rund 48 km und in Erding mit 68 km entfernt.

Krötsch hat sich der Einkaufsgruppe Auriga angeschlossen, einem bundesweiten Netzwerk im Bereich der Versorgungsapotheken, eine Art Kooperation für Krankenhausversorger. Derzeit sind 17 größere Apotheken Kooperationsmitglieder. Die Auriga wiederum arbeitet mit der P.E.G. eG zusammen, einer Einkaufsgemeinschaft für Kliniken, die für alles außer Arzneimittel zuständig ist.

Zu den Aufgaben der pharmazeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Klinikversorgung gehört neben der Zusammenstellung der Arzneilieferungen und der Kontrolle des Warenausgangs an die Krankenhäuser auch die Zusammenstellung der Antibiotika-Prophylaxe, die Taxierungen, die Herstellung von Zytostatikalösungen, von Parenteralia und sonstigen Rezepturen sowie die pharmazeutische Betreuung von Klinikpatienten einschließlich Medikationsanalyse. „Zwei, drei Plätze in den Büros sind für Mitarbeiter aus anderen klinikversorgenden Apotheken vorgesehen, die hin und wieder in der Klinikversorgung der Johannes-Apotheke hospitieren“, merkt Krötsch beim Rundgang durch die Räume an, „ich freue mich, wenn man unseren Betrieb als Vorbild nimmt.“

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Mehrere Lieferfahrzeuge sind täglich unterwegs, um die Kliniken zu versorgen.

Medikationsanalyse als Dienstleistung

Es versteht sich in diesem Betrieb von selbst, dass alle Apothekerinnen und Apotheker mindestens eine Weiterbildung absolviert haben: vier in der onkologischen Pharmazie, vier in Klinischer Pharmazie, zwei in der Arzneimittelinformation, dann einige zusätzlich noch in Allgemeinpharmazie, in geriatrischer Pharmazie und einige sind derzeit noch in Weiterbildung.

Dr. Sonja Mayer, Fachapothekerin für Arzneimittelinformation und Geriatrische Pharmazie, und Dr. Kirsten Dahse, AJoJBS-Expertin, sind im Bereich Klinische Pharmazie die leitenden Mitarbeiterinnen für die Medikationsanalysen. „Die Zusammenarbeit mit den Ärzten der Kliniken funktioniert in aller Regel sehr gut“, weiß Mayer zu berichten. „Mit sechs Kliniken haben wir vertraglich vereinbart, dass wir die Laborwerte zur Verfügung gestellt bekommen, um Medikationsanalysen durchzuführen, bei zwei Kliniken dürfen wir auch unmittelbar auf die Daten des Klinikrechners zugreifen.“ Sie erklärt, wie sie dabei vorgeht: „Über eine gesicherte Verbindung, einem VPN-Tunnel, kann ich mich mit dem Rechner der Klinik verbinden und auf die freigegebenen Patientendaten, z. B. die Medikationsdaten oder auch einige klinische Daten, zugreifen. Wir sichten die Daten und unterwerfen sie einem Check – so können wir rasch die Risikopatienten herausfiltern. Grundlage der Analyse ist die ärztliche Verordnung. Ihr können wir die Basisdaten wie Name, Geschlecht und das Alter des Patienten entnehmen, was uns einen Hinweis darauf gibt, ob wir die Priscus-Liste beachten müssen. Berücksichtigt werden außerdem die Kalium-, Kreatinin-, GFR- und CRP-Werte, die mir wichtige Anhaltspunkte geben für Wechselwirkungen und eventuell notwendige Dosisanpassungen. Wir schauen auch, ob der Patient eine Antibiose erhält und auf welcher Grundlage diese angesetzt ist: Gibt es eine Mikrobiologie, ein Antibiogramm, und wie viel wird von welcher Substanz über welchen Zeitraum gegeben? Aus diesen Daten erstelle ich mir dann eine Liste der notwendigen Anpassungen, die den Ärzten zur Verfügung gestellt wird. Wir machen bei jedem Patienten einen Interaktionscheck, wir überprüfen die Dosierung, die Tagesdosis, die Frequenz und den Zeitpunkt der Einnahme. Wir prüfen auch, ob Arzneimittel doppelt verordnet wurden.“

Einen großen Teil ihrer Arbeitszeit verbringen Apothekerin Mayer und ihre Kolleginnen in den Kliniken vor Ort, um mit den Ärzten die Ergebnisse der Medikationsanalyse zu besprechen und mögliche Auffälligkeiten der Arzneitherapie zu erörtern. „Nicht alles ist relevant für den Patienten – aber das wird in diesem Gespräch mit den Ärzten dann geklärt“, so Mayer. Dabei ist die Vorgehensweise von Klinik zu Klinik unterschiedlich. „In der einen Klinik sitze ich fünf Ärzten gegenüber, um die Therapie zu besprechen, man kommt sich da ein bisschen wie im Rigorosum vor“, lacht sie. „In einer anderen Klinik sprechen wir mit dem Stationsarzt und wieder in einer anderen Klinik lässt sich vieles telefonisch regeln. In den meisten Häusern wird es dagegen gemacht wie früher: Da steht die Medikation auf einem Zettel, der handschriftlich geführt wird. Die wenigsten Kliniken verfügen leider über ein komfortables Medikationssystem auf dem Rechner.“ Übernehmen die Ärzte die vorgeschlagenen Änderungen? „Nicht immer“, so Mayer, „anfangs gab es natürlich auch Widerstand dagegen. Unsere Vorschläge zur Antikoagulation, zur Antibiose und zur Schmerztherapie werden in der Regel übernommen. Bei den abgelehnten Vorschlägen bin ich unempfindlich. Ich habe es auf alle Fälle ange­sprochen.“

Übrigens, die Medikationsanalysen und Checks sind eine Dienstleistung der Klinikversorgung, die den Kliniken berechnet wird. Nach den Empfehlungen der ABDA und der ADKA werden dafür 1500 Euro plus Mwst. pro Monat angesetzt, wenn ein Apotheker einen halben Tag viermal im Monat vor Ort ist.

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Auch für die Kliniken werden täglich zahlreiche Rezepturen hergestellt.

Apothekerin Mayer lässt sämtliche Daten, die im Rahmen der Medikationsanalyse und der Checks erhoben werden, anonymisiert in eine Datenbank einfließen, um sie für Dokumentations- und Forschungszwecke auszuwerten: „Wir dokumentieren dies nach dem PI-Doc®-System zur Klassifikation der detektierten arzneimittelbezogenen Probleme. Daraus lässt sich ablesen, welche Fehler in der Arzneimitteltherapie in der Klinik häufig vorkommen und worauf zu achten ist.“ Das Dokumentationssystem besteht aus Haupt- und Nebenkategorien. Die offene Struktur ermöglicht es, bereits vorhandene Kategorien zu ergänzen sowie neue hinzuzufügen. Die Hauptkategorien sind beispielsweise

Kategorie A: unzweckmäßige Wahl eines Arzneimittels

Kategorie C: unzweckmäßige Anwendung durch Patienten/Compliance

Kategorie D: unzweckmäßige Dosierung

Kategorie W: Arzneimittelinteraktionen

Kategorie U: unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Kategorie S: sonstige Probleme

Kategorie K: krankheitsbezogene Probleme Diabetes.

Reinraumlabore für die Herstellung

Im Gebäude für die Klinikversorgung befindet sich auch eine große Laborabteilung. Es sind Reinraumlabore der Kategorien B und C, die nur über Schleusen erreicht werden können, ausgestattet mit mehreren Laminarflow-Werkbänken. Hier findet sich eine Abteilung für die Herstellung von Parenteralia und Schmerzlösungen, in einem separaten Raum stehen die Werkbänke für die Zytostatika-Herstellung. Die Luft in diesen Räumen wird automatisch überwacht. Sollte die Keimbelastung außerhalb der für solche Räume vorgeschriebenen Norm liegen, ertönt sofort ein Alarm. „Für die Luftüberwachung ist eine aufwendige Luftreinigungs- und Klimatisierungstechnik zuständig, die allein rund 800.000 Euro kostete“, wie Krötsch beiläufig erwähnt. Diese Technik mit Filtern, Luftumwälzung, Heizung und Kühlung beansprucht einen eigenen großen Raum.

Die Arbeit im Labor der Klinikversorgung ist anspruchsvoll. „Bei den eingehenden Aufträgen muss es manchmal auch schnell gehen“, wie eine Apothekerin der Herstellungsabteilung erklärt, „beispielsweise wenn Palliativpatienten versorgt werden. Da kommt ein Anruf der Klinik, dass rasch eine Schmerzlösung benötigt wird. Das heißt für uns, innerhalb einer halben Stunde die Lösung herzustellen und versandfertig zu machen.“ – „Es kann auch schon mal sein, dass wir am Tag zwanzig Patienten haben, die dringend auf solche Lösungen angewiesen sind“, so Krötsch, „es ist auf alle Fälle sehr anspruchsvoll, die individuellen und eiligen Wünsche der Kliniken zu befriedigen.“

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Die große Laborabteilung mit Reinraumlaboren der Kategorie B und C erfordert eine aufwendige Luftfilteranlage.

Sind für die Klinikversorgung eigentlich leicht Mitarbeiter zu finden? „Apothekerinnen, Apotheker arbeiten gerne in diesen Bereichen“, weiß Krötsch aus Erfahrung, „es ist ein abwechslungsreicher und interessanter Arbeitsplatz, der ausgefüllt ist mit pharmazeutischen Tätigkeiten, mit klinischer Pharmazie, Versorgung der Krankenhäuser, mit allem was dazu gehört. Schwieriger wird es allerdings, PTAs und PKAs zu finden, da viele von ihnen nicht so flexibel sind, was den Wohnort betrifft. Für die Klinikversorgung eine gute PTA zu finden ist auch deswegen schwierig, da die meisten von ihnen gerne in der öffentlichen Apotheke arbeiten und den Kontakt mit den Kunden schätzen. Es ist nicht jedermanns Sache, sich täglich für einen Reinraum umzuziehen und in den abgeschotteten Räumen zu arbeiten.“

„Mit Leib und Seele“

Dass Ulrich Krötsch den Apothekerberuf „mit Leib und Seele“ ausübt, merkt man ihm auf Schritt und Tritt an, wenn er durch seine Apotheke und durch die Räume seiner Klinikversorgung geht. Die Beratungsqualität in der Apotheke zu sichern, aber auch in der Klinikversorgung, steht bei ihm immer an vorderster Stelle – und die Fort- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Auf das 25-jährige Jubiläum seiner Abteilung Klinikversorgung ist er stolz. Er feierte es mit einer Einladung der zuständigen Ärzte und Krankenschwestern der Kliniken. Aber auch das Team der Johannes-Apotheke kommt nicht zu kurz: ein Sommer-Grillfest und eine Weihnachtsfeier für alle stehen auf dem Programm.

Ans Aufhören denkt Krötsch mit seinen 71 Jahren noch nicht wirklich. Er gönnt sich allerdings, nachmittags um halb vier zu gehen, wie er anmerkt. „Und ein bisschen mehr Urlaub als früher“, räumt er ein. „Eigentlich wollte ich auch jeden Mittwoch frei nehmen – das ist mir bisher nur einmal gelungen.“ Zu seinen Hobbys gehören Skifahren, Radfahren, ein bisschen Golfen. „Außerdem leite ich einen Kirchenchor als Dirigent.“ Und worüber er sich auch freut: „Wir haben einen neuen Enkel, den neunten, bekommen.“ |

Autor

Peter Ditzel

ist Herausgeber der DAZ – Deutsche Apotheker Zeitung

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