Arzneimittel und Therapie

Fragliche Stabilität der INR

Patienten unter Warfarin-Therapie nicht gut eingestellt

ms | Patienten mit Vorhofflimmern profitieren von einer Therapie mit Warfarin. Für einen optimalen Behandlungserfolg muss der INR-Wert konstant in einem vorher definierten Zielbereich liegen. Wie eine englische Studie zeigt, bleibt bei ­einem großen Anteil der Patienten eine einmal eingestellte INR allerdings nicht über einen langen Zeitraum stabil.

Warfarin kann bei Patienten mit Vorhofflimmern das Schlaganfallrisiko erheblich reduzieren. Als Vitamin-K-Antagonist hemmt es in der Leber die Synthese der Gerinnungsfaktoren II, VI, IX und X. Die Wirkung tritt deshalb erst nach ca. drei Tagen ein und klingt auch nur langsam wieder ab. Das macht eine engmaschige Überwachung der Therapie notwendig. Als Maß für die Blutungsneigung wird die International Normalized Ratio (INR) herangezogen. Der INR-Wert wird über die Thromboplastinzeit bestimmt und liegt im Normalfall nahe 1. Je höher der Wert, desto langsamer gerinnt das Blut. Bei Patienten mit Vorhofflimmern, die mit dem Vitamin-K-Antagonisten behandelt werden, wird ein INR-Wert zwischen 2 und 3 angestrebt. In einer prospektiven Studie mit 3749 Patienten unter Warfarin-Therapie (Durchschnittsalter: 75 Jahre) wurde untersucht, ob ein über sechs Monate eingestellter INR-Wert auch nach einem Jahr noch im Zielbereich ist. Der INR-Wert wurde als stabil definiert, wenn 80% der in den ersten sechs Monaten gemessenen Werte (acht Messungen im Durchschnitt) zwischen 2 und 3 lagen. Das war bei 968 Patienten (26%) der Fall. Von diesen hatten im Folgejahr nur 34% einen stabilen INR-Wert (13 Messungen im Durchschnitt). Ein ähnliches Bild zeigte sich auch bei den Patienten, deren INR-Werte während der ersten sechs Monate zu 100% im therapeutischen Bereich lagen. Von 376 Patienten waren nach einem Jahr nur noch 37% gut eingestellt. Nur bei ungefähr einem Drittel aller Patienten war der INR-Wert auch über ein Jahr ausreichend konstant. Die Ergebnisse stehen im Kontrast zur verbreiteten Annahme, dass mit Warfarin eingestellte Patienten auch langfristig stabile Werte haben und daher nicht von einem Wechsel der Therapie profitieren. Nach ­Meinung der Autoren sollte überdacht werden, ob auf Warfarin eingestellte Patienten die Therapie auch dauerhaft fortführen können. Eine ausreichend hoch frequentierte Kontrolle der Therapie ist unerlässlich. |

Neuer Antikörper ohne Blutungsrisiko

Zu den wichtigsten unerwünschten Wirkungen von Antikoagulanzien gehören Blutungen. Deshalb ist es wichtig, das Blutungsrisiko vor einer Langzeit-Behandlung zunächst genau abzuwägen. Forschern der Universität Kalifornien ist es nun gelungen, einen Antikörper zu entwickeln, der den in­travaskulären Weg der Blutgerinnung hemmt, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen. Target ist das enzymatische Zentrum des Faktors XIa (FXIa), der aktivierten Form von Faktor XI. Der Antikörper blockte in vitro die Verklumpung von menschlichen Thrombozyten und konnte im Tierversuch den Verschluss der Halsschlagader durch Thromben reduzieren. Dabei traten selbst bei sehr hohen Dosen keine spontanen Blutungen auf.

Quelle
David T, et al. Sci Transl Med 2016;8(353):353ra112; doi: 10.1126/scitranslmed.aaf4331

Quelle

Pokorney SD, et al. Stability of International Normalized Ratios in Patients Taking Long-term Warfarin Therapy. JAMA 2016;316(6):661-663

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