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Apotheke: wichtige Anlaufstelle für Schmerzpatienten

Praxiswissen am DPhG-Tag der Offizinpharmazie aufgefrischt

MÜNCHEN (bf) | Rund um das Thema „Schmerz“ rankte sich in diesem Jahr das praxisnahe Programm am „Tag der Offizinpharmazie“, dem „krönenden Abschluss“ der DPhG-Tagung in München, so DPhG-Prä­sident Prof. Dr. Stefan Laufer. Veranstalter war die Fachgruppe All­gemeinpharmazie der DPhG in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin und der Bayerischen Landesapothekerkammer – eine äußerst erfolgreiche Kooperation.

Wie wichtig das Thema „Schmerz“ im Apothekenalltag ist, machte Dr. Johannes Horlemann, Kevelaer, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin, gleich zu Beginn seines Vortrags „Differenzialtherapie und Beratung zu Opioiden“ deutlich. „Jeden Tag wandern etwa 400.000 Packungen an Analgetika über den Ladentisch in der Apotheke. Bis zu 23 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Schmerzen, davon 2,2 Millionen schwer.“ Der eigentliche Skandal: 40% werden nicht angemessen behandelt und warten oft monatelang auf einen Termin bei einem Schmerztherapeuten. Sie müssen pharmakologisch und nicht-pharmakologisch besser versorgt werden. „Die Apotheke ist hier eine wichtige Anlaufstelle für Schmerzpatienten“, betonte Horlemann.

Trend weg von Leitlinien hin zur personalisierten Strategie

Der Trend in der Schmerztherapie geht, wie in vielen anderen Bereichen der Medizin auch, hin zu einer personalisierten Behandlungsstrategie. Die Standardtherapie, die streng den Leitlinien folgt, scheint dagegen ein Auslaufmodell zu sein. Nach wie vor gültig sind aber die beiden Grundregeln der Verordnung von Opioiden: „by the mouth“ und „by the clock“, sprich: Die orale Gabe hat absolute Priorität, und es empfiehlt sich eine regelmäßige prophylaktische Gabe entsprechend der Wirkdauer des Wirkstoffs.

Horlemann hatte zudem einige Tipps parat, wie sich Patienten mit psychischer Opioid-Abhängigkeit erkennen lassen. Hellhörig werden sollte man bei Rezeptfälschungen, Diebstahl von Arzneimitteln, i.v.-Injektion oraler Darreichungsformen, wiederholter, ­eigenmächtiger Dosiserhöhung sowie zunehmendem sozialem Rückzug und der Ablehnung der Therapieänderung trotz Nebenwirkungen.

Cannabis: Diskussion aus pharmazeutischer Sicht schwach

Zu den am häufigsten in der Schmerztherapie diskutierten Themen der vergangenen Jahre gehört der illegale und legale Einsatz von Cannabis. „Das ist ein politisches Thema, und es wird zur Legalisierung kommen“, so die Einschätzung von Prof. Dr. Theo Dingermann, Frankfurt. Die öffentliche Apotheke werde sich um dieses Thema kümmern müssen. Derzeit sei die Diskussion aus pharmazeutischer Sicht jedoch erschreckend schwach. Er zeichnete die bisherigen juristischen Auseinandersetzungen zum medizinischen Einsatz von Cannabis, insbesondere auch zum Anbau für den Eigenbedarf, nach. Gleichzeitig machte er darauf aufmerksam, dass Cannabis mehr ist als nur „acht Buchstaben“. Vielmehr handle es sich aus pharmazeutischer Sicht um ein sehr komplexes Gemisch von Substanzen. Wird Cannabis medizinisch eingesetzt, sollte dem Patienten ein klar definiertes Arzneimittel angeboten werden können. „Das ist pharmazeutische Kompetenz.“

Osteoarthrose und Keith Richards

Ausgesprochen unterhaltsam war der Vortrag zur Osteoarthrose (OA), den die Professoren Dingermann und Dieter Steinhilber, Frankfurt, gemeinsam auf die Bühne brachten. Denn sie vertieften nicht nur das Wissen über die degenerative Gelenkerkrankung. Auch die Kenntnisse um das spannende Leben von Keith Richards wurden aufgefrischt. Was nur wenige wissen: Der Lead-Gitarrist der Rolling Stones litt unter schwerer Osteoarthrose, wie der Blick auf seine Hände deutlich zeigte.

Neben der intraartikulären Injektion von Glucocorticoiden sind klassische nicht-steroidale Antirheumatika und Coxibe ein wichtiges Standbein in der Therapie der OA. Steinhilber erläuterte deren Wirkmechanismen und ging näher auf ihre Nebenwirkungen ein. Dabei rief er noch einmal wegweisende Studien zu den kardiovaskulären Nebenwirkungen klassischer NSAR und Coxibe in Erinnerung. Sie hatten letztlich gezeigt, dass das kardiovaskuläre Risiko beider Wirkstoffklassen (außer Naproxen) – anders als ursprünglich angenommen – vergleichbar ist. |

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