Aus den Ländern

Weitere „Spreizung“ der Betriebsergebnisse

Aktuelle Themen bei der Fortbildung „Apothekerforum Brandenburg“

BRIESEN/MARK (ks) | Wie ist es um die aktuelle Wirtschaftslage der Apotheken bestellt? Wo sind die ­Tücken des neuen Korruptionsstrafrechts? Was bringen heilberufliche Netzwerke? Welche Kommunika­tionsstrategie verfolgt die ABDA? Und wie können sich Apotheken von ihren Mitbewerbern differenzieren? Wer hierzu mehr erfahren wollte, war am 23. und 24. Sep­tember gut aufgehoben auf dem „Apothekerforum Brandenburg“. Der Apothekerverband Brandenburg hatte seine Mitgliederversammlung in diesem Jahr das ­zweite Mal in diese Fortbildungsveranstaltung eingebettet.

Dr. Frank Diener von der Treuhand Hannover Steuerberatungsgesellschaft berichtete über aktuelle Wirtschaftszahlen und Trends. Betrachtet man den Durchschnitt aller Apotheken, sieht es gar nicht schlecht aus für die ostdeutschen Apotheken. Prognostiziert hatte die Treuhand für 2016 eigentlich ein Minus beim Betriebsergebnis, doch die Kosten ent­wickelten sich günstiger, und so wird es wohl doch auf ein Plus hinaus­laufen. Jedoch zeigt sich in ganz Deutschland ein klarer Trend: Von steigenden Umsätzen und Renditen haben nicht alle Apotheken etwas. Vielmehr setzt sich eine Marktspreizung fort: Die Betriebs­ergebnisse streuen stark, die Teilhabe am Umsatzplus ist höchst unterschiedlich. 22 Prozent der Apotheken lagen im 1. Halbjahr 2016 beim Betriebs­ergebnis vor Steuern in der kritischen Klasse von unter vier Prozent. Knapp 30 Prozent schafften es über acht Prozent. Dabei zeige sich: „Die Wurst fällt immer auf die Speckseite.“ Es bekommen also vor allem die Betriebe mehr, die sowieso schon mehr haben.

Ein weiterer Trend ist das Wachstum des Rx-Segments. Einer der Gründe sind die „Hochpreis-Innovationen“. Ausgehend von einem Preis von über 1237,80 Euro für ein Hochpreis-Arzneimittel, hatten diese Produkte im Jahr 2003 einen GKV-Anteil von drei Prozent (AEP). Zehn Jahre später waren es 26 Prozent. Und 2015 lag der Anteil bei 35 Prozent des AEP aller GKV-Rx-Präparate: 8,9 Milliarden ­Euro. „Es ist absehbar, dass der Anteil bald bei 50 Prozent liegen wird“, sagte Diener. Das Problem: Die Kassen sind aufgeregt ob der steigenden Arzneimittelumsätze, die Apotheken profitieren davon aber kaum. Dafür haben sie viele Probleme zu meistern. Der Wareneinsatz steigt, die Vorfinanzierungskosten sind immens, und die ­Retax-Gefahr schwebt über ihnen. Wird nur eine Sovaldi-Packung in der Apotheke schadhaft oder geht sie verloren, so braucht eine Apotheke 300 weitere Sovaldi-Rezepte, um den Schaden zu kompensieren, veranschaulichte Diener. Die von einigen Politikern diskutierte Deckelung der Drei-Prozent-Marge würde diese ­Risiken nur verschärfen.

Was ist korruptionsverdächtig?

Dr. Elmar Mand, Rechtswissenschaftler an der Universität Marburg, stellte das neue Korruptionsstrafrecht vor. Für ihn zeigt sich hier ein großer Erfolg der ABDA-Lobbyarbeit. In einer „Nacht- und Nebelaktion“ sei es geglückt, die Apotheker bei den Tatbestandsvarianten rund um den Arzneimittelbezug herauszuhalten. Dennoch können sich Apotheker der Korruption strafbar machen – insbesondere, indem sie andere Heilberufler bestechen. Wer sich als Apotheker aber an das Heilmittelwerbe-, Apotheken- und Berufsrecht hält, muss in der Regel keine Strafe fürchten. Verstößt er hingegen gegen diese Gesetze, handelt er unlauter. Dies ist ein Anknüpfungspunkt für den Korruptions­tatbestand.

Damit es zu einer Strafbarkeit kommt, muss zudem eine „Unrechtsvereinbarung“ vorliegen, es muss also bezweckt sein, einem ­anderen einen unlauteren Vorteil zukommen zu lassen. Eine solche Vereinbarung wird kaum offensichtlich in Verträgen festgelegt werden – doch die Ermittler werden nach Indizien ­suchen: Stehen Leistung und Gegenleistung in einem stimmigen Verhältnis zueinander? Stellt sich die Lage transparent dar? Mand rät: Etwaige Geldflüsse an Heilberufler, auch wenn sie nicht anrüchig sind, sollten immer gut dokumentiert und plausibel erläutert werden, um Verdachtsmomente ausräumen zu können.

Ein besonderes Augenmerk legte Mand auf Zuwendungen an Ärzte im Zusammenhang mit der Anmietung von Praxisräumen in Apothekennähe. Er betonte, dass allein die Praxisnähe noch nicht das Tatbestandsmerkmal der Patientenzuführung erfülle. Sollte eine Apotheke dennoch Mietkosten für einen Arzt übernehmen wollen, sollte sie klar in den Vertrag schreiben, dass der Arzt seinen Patienten die Apotheke nicht empfehlen dürfe. Allerdings sei es heute möglich, dass Staatsanwaltschaften mit Kassendaten Patientenströme nachverfolgen können. Wichen diese markant von den Erwartungen ab, dürften die Ermittler skeptisch werden. Für die Staats­anwälte, so Mand, handele es sich bei solchen Konstellationen um einen „Paradefall des anrüchigen Verhaltens“ – Ermittlungsverfahren, die durchaus rufschädigend sein können, seien ­daher vorprogrammiert. Ob es dann wirklich zu einer Verurteilung kommt, ist eine andere Frage. Mand meint: Ohne eine weitere ungünstige Vereinbarung, dürfte die Vermietung von Praxisräumen (zu ortsüblicher Miete) nicht strafbar sein.

Kommunikation vor Ort und hinter den Kulissen

Eine Lanze für heilberufliche Netzwerke brach Cynthia Milz vom Wissenschaftlichen Institut für Prävention im Gesundheitswesen (WIPIG). Sie ermunterte Apotheken, als „Spiderman“ aktiv zu werden und Kontakte nach ­allen Seiten zu suchen. Gerade in der Präventionsarbeit könnten Apotheken – nicht zuletzt in Zusammenarbeit mit anderen Heilberuflern, aber auch Gruppen aus allen anderen Gesellschaftsbereichen – einiges leisten. Auch auf Betriebe könnten Apotheken zugehen, diese seien zunehmend aufgeschlossen für die betriebliche Gesundheitsförderung. Apotheker könnten z. B. Vorträge halten – und sich so mit ihrer Kompetenz in den Köpfen der Menschen verankern. Wichtig sei stets, das persönliche Gespräch mit den potenziellen Mitstreitern zu suchen. Wer sich nicht komplett neue Ideen für seine Apotheke ausdenken möchte, kann auch auf vielfältige Materialien zurückgreifen, die das WIPIG auf seiner Webseite anbietet.

Dr. Reiner Kern, Leiter der Stabsstelle Kommunikation und Pressesprecher der ABDA, warf einen Blick hinter die Kommunikationskulissen der ABDA. Unter anderem in Internetforen wird Kern oft vorgehalten, nicht präsent zu sein. So wie er es in seinem Vortrag erläuterte, sieht Kern seine Hauptaufgaben auch tatsächlich eher im Hintergrund. Die ABDA habe eine Mission, eine Vision und dafür Strategien, betonte er. Die Mission ist recht klar: Es geht um eine Interessenvertretung der Apotheker, um Imagepflege und Service für die Mitglieder. Die Vision ist im Perspektivpapier 2030 zu sehen. Und daraus ergeben sich verschiedene Ziele und Strategien, sie zu erreichen.

Am Beispiel der Rezepturvergütung zeigte Kern auf, was alles in der ­ABDA-Maschinerie lief, um dahin zu kommen, wo wir jetzt stehen: Im Gesetzentwurf ist ein Plus von 100 Millionen Euro für die Apotheken vor­gesehen. Der Weg dorthin sei nicht nur von Gesprächen mit Politikern begleitet worden, „die aus guten Gründen geräuschlos verlaufen“. Auch die Imagekampagne habe die Rezeptur in den vergangenen 18 Monaten ins Zentrum gestellt. Die Pressearbeit konzentrierte sich ebenfalls auf das Thema. In diesem Zusammenhang betonte Kern, dass es monatlich im Schnitt 1722 Pressebeiträge mit ABDA-Erwähnung gebe. Doch zurück zur Rezepturvergütung: Nun heißt es abwarten, was mit dem Gesetzentwurf geschieht. Die ABDA hat sich auch hier Stillschweigen verordnet – solange die Regelung unverändert im Gesetz steht.

Gelungene Positionierung und Differenzierung

Zum Abschluss der Fortbildungsveranstaltung zeigte Professor Andreas Kaapke in gewohnt kurzweiliger Manier Ideen und Möglichkeiten für die Positionierung und Differenzierung der Apotheken im Markt auf. Wer sich von seinen Mitbewerbern abheben will, muss nicht nur ein besonderes Angebot bereithalten – er muss dieses auch in den Köpfen der Menschen verankern. Abheben von anderen können sich Apotheken auf viele verschiedene Weisen. Beispielsweise indem sie mehr Bequemlichkeit bieten. Das können (für die Kunden!) optimale Öffnungszeiten sein, oder aber tolle Parkmöglichkeiten, Platz für Rollatoren und Kinderwägen, Sitzmöglichkeiten in der Offizin, ein Kunden-WC. Aber auch über eine besondere Qualität, den Preis, das Image – und besondere Vernetzung, wie auch von Frau Milz beschrieben – kann eine Apotheke sich profilieren.

Ganz besonders pflegen sollten Apotheken aber den Aspekt der Nähe, betonte Kaapke. Hier haben sie vor allem gegenüber Versandapotheken einen klaren Vorteil. Nur mit einem starken und gut geführten Team sind Kunden auf Dauer zu gewinnen. Denn Freundlichkeit und Kompetenz sind für Apothekenkunden mit Abstand die wichtigsten Kriterien für die Apothekenwahl. |

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