Arzneimittel und Therapie

Pille danach: doppelt hält besser?

Bei Einnahme von CYP-Induktoren werden zwei Dosen Levonorgestrel empfohlen

jb/rr | Einige Antiepileptika und Mittel gegen HIV beschleunigen den Abbau Levonorgestrel-haltiger Notfallkontrazeptiva, die dann unter Umständen nicht mehr zuverlässig wirken. Um das zu verhindern, sollen Frauen, die Enzyminduktoren anwenden, in Zukunft die doppelte Dosis Levonorgestrel einnehmen. Für Ulipristal-haltige Notfallkontrazeptiva gilt diese Empfehlung nicht.

In der bisherigen Fachinformation Levonorgestrel-haltiger Nofallkontrazeptiva (z. B. PiDaNa®) findet sich der Hinweis, dass die Verstoffwechselung von Levonorgestrel durch die gleichzeitige Anwendung von Leberenzym-Induktoren (siehe Kasten) verstärkt wird und die Wirksamkeit der „Pille danach“ herabgesetzt werden kann. Diese Gefahr besteht bis zu vier Wochen nach Einnahme von CYP-Induktoren.

Die Handlungsempfehlung der Bundesapothekerkammer rät in diesem Fall, die betroffenen Frauen zum Arzt zu schicken, um sich hinsichtlich der Einlage einer Kupferspirale beraten zu lassen. Sollte dies nicht möglich sein, kann alternativ die Levonorgestrel-Dosis von 1,5 mg auf 3 mg erhöht werden. Diese Empfehlung wurde Anfang August von der europäischen Kommission abgesegnet.

Foto: Thomas Reimer – Fotolia.com
Die doppelte Dosis Levonorgestrel zur Verhinderung einer Schwangerschaft kann nötig sein bei Frauen, die gleichzeitig gegen HIV oder Epilepsie behandelt werden.

Großbritannien macht es vor

Hintergrund der Neuerung ist ein europäisches Risikobewertungsverfahren zum Notfallkontrazeptivum Levonelle, das im Mai abgeschlossen wurde. Eine Studie hatte gezeigt, dass bei gleichzeitiger Einnahme des HIV-Arzneimittels Efavirenz der Levonorgestrel-Spiegel im Blut 50% niedriger ist als normal. Die EU-Mitgliedstaaten waren sich einig, dass diese Interaktion in die Packungsbeilage aufgenommen wird, jedoch nicht darüber, wie damit in der Praxis umgegangen werden solle und ob eine spezielle Dosierungsempfehlung zu ergänzen sei. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) ist zu dem Schluss gekommen, dass die Wirkung von Levonorgestrel tatsächlich durch CYP-Induktoren beeinflusst wird. Frauen, die solche Arzneimittel einnehmen, sollten daher im Notfall eine Kupferspirale einlegen lassen. Wenn das nicht möglich ist, kann die Levonorgestrel-Dosis verdoppelt werden. Verstärkte Nebenwirkungen werden dadurch nicht erwartet, heißt es beim CHMP.

Um sicherzugehen, dass die „Pille danach“ richtig angewendet wird, sollen Hinweise, wann zwei Dosen benötigt werden, auf dem Umkarton und in den Beipackzettel aufgenommen werden. In Großbritannien wurden die Neuerungen bereits umgesetzt.

Vorsicht Interaktion!

Carbamazepin, Efavirenz, Griseofulvin, Johanniskraut, Nevirapin, Oxcarbazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Rifabutin, Rifampicin, Ritonavir

Welche Präparate sind betroffen?

Deutschland zieht jetzt nach: Stellvertretend für alle Hersteller Levonorgestrel-haltiger Notfallkontrazeptiva ist Gedeon-Richter (Postinor®) beauftragt worden, in Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Informationsschreiben für Fachkreise zu verfassen. Die Packungsbeilagen und Fachinformationen der betroffenen Präparate, darunter Pidana®, Postinor®, Unofem®, Levonoaristo® und Levonorgestrel Stada®, müssen entsprechend geändert werden.

Für Ulipristal-haltige Notfallkontrazeptiva (ellaOne®) gilt der Hinweis, bei gleichzeitiger Einnahme von CYP-Induktoren die Dosis zu verdoppeln, nicht. Die Plasmakonzentration von Ulipristal­acetat soll durch CYP-Induktoren so stark herabgesetzt werden, dass bei Anwendung von CYP-Induktoren gleich ganz von Ulipristal abgeraten wird. |

Quellen

Risikobewertungsverfahren „Levonelle 1500 microgram tablets and associated names“, verfügbar unter www.ema.europa.eu

Fachinformation PiDaNa®, Stand März 2015

Fachinformation ellaOne®, Stand April 2015

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