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Keine Einigung in Sicht

Zytostatika-Ausschreibungen: Fronten zwischen DAV und Kassen sind verhärtet

BERLIN (bro) | Seit Wochen streiten sich Apotheker und Krankenkassen über die derzeitige Ausschreibungspraxis im Zytostatika-Bereich. Und eine Einigung wird immer unwahrscheinlicher. Der Deutsche Apothekerverband hatte den Kassen das Angebot gemacht, auf Honorare in Höhe von etwa 150 Millionen Euro zu verzichten. Die Kassen wollen ­einen höheren Honorarverzicht, der DAV lehnt dies ab – die Fronten sind verhärtet.
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Keiner bewegt sich Im Streit um die Zytostatika-Ausschreibungen kommen DAV und Kassen derzeit nicht mehr weiter. Ein Einschreiten der Politik wird somit immer wahrscheinlicher.

Im Sommer hatte der AOK-Bundesverband die Versorgung mit Zytostatika in mehreren Regionen exklusiv an ausgewählte Apotheken vergeben. ­Sowohl Ärzte, Apotheker als auch teilweise Patienten beschwerten sich in der Folge über heftige Qualitätsver­luste in der Versorgung. Anfang September hatte das Handelsblatt dann berichtet, dass die Apotheker den Krankenkassen ein ungewöhnliches Angebot unterbreitet hatten, in der Hoffnung, dass die Kassen im Gegenzug auf exklusive Zyto-Ausschreibungen verzichten: Die Apotheker sollen sich dazu bereit erklärt haben, auf rund 150 Millionen Euro pro Jahr bei der Bezahlung für Zytostatika-Zubereitungen zu verzichten.

DAV-Mitgliederversammlung bietet Honorarverzicht an

Aus Verhandlungskreisen heißt es in der Tat, dass die DAV-Mitgliederversammlung ein solches Angebot beschlossen hat: Die Verbandschefs der Apotheker haben einige Textpassagen der Hilfstaxe, in der die Vergütung für Zytostatika herstellende Apotheken festgelegt ist, geändert. Insgesamt sollten die Kassen mit dem Vorschlag der Pharmazeuten zwischen 130 und 150 Millionen Euro sparen. Die Strategie dahinter: Die Kassen sparen mit dem „Geschenk“ der Apotheker pro Jahr schon so viel, dass sich Ausschreibungen gar nicht mehr lohnen.

GKV-Spitzenverband mit Offerte nicht zufrieden

Der GKV-Spitzenverband hat dieses Angebot in den vergangenen zwei ­Wochen geprüft. Anscheinend sind die Kassen mit der Offerte der Apotheker nicht zufrieden. Denn der Kassenverband schickte den Apothekern dem Vernehmen nach eine Einladung, um nochmals über die Höhe des Honorarverzichts zu sprechen. Die Antwort der Apotheker war eindeutig: Der DAV soll darauf hingewiesen haben, dass er von seinen Mitgliedern kein weiteres Verhandlungsmandat habe und die Höhe des Angebotes somit feststehe.

AOK: Angebot ist nur Bruchteil des vorhandenen Sparpotenzials

Die Fronten sind derzeit also – wie so oft – verhärtet zwischen Kassen und Apothekern. Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, wies am Rande der Vorstellung des Arznei-Verordnungsreportes darauf hin, dass die Offerte der Apotheker aus seiner Sicht zu niedrig ist: „Wir erzielen durch diese Ausschreibungen finanzielle Einsparungen in Höhe von 20 bis 30 Prozent von einem Gesamtmarkt, der über drei Milliarden Euro wert ist. Im Gegensatz dazu bietet der DAV, der die Ausschreibungen unbedingt abschaffen möchte, in den Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband derzeit einen Nachlass von 130 Millionen Euro. Dabei weiß man, dass dies nur ein Bruchteil des tatsächlich vorhandenen Potenzials ist.“

Dass die Apotheker über die Höhe ihres Honorarverzichts nicht mehr verhandeln möchten, interpretiert Litsch folgendermaßen: „Dass man es mit diesem Angebot nicht ganz so ernst gemeint hat, zeigt auch, dass der DAV einen wichtigen Verhandlungstermin kurzfristig abgesagt hat.“

Höhere Qualität dank Ausschreibungen

Litsch verteidigte bei dem Pressetermin zudem die Ausschreibungspraxis der AOK. Mit den Zyto-Verträgen gebe es deutlich höhere Maßstäbe an die Qualität der Versorgung als noch in der Kollektivversorgung. Alle bezuschlagten Apotheken müssten innerhalb von 45 Minuten liefern können, versicherte der Kassenchef. Es sei außerdem schizophren der AOK vorzuwerfen, mit den Ausschreibungen gehe sie gegen die Apotheker vor. Ganz im Gegenteil: Die Apotheke vor Ort werde gestärkt.

Wenn sich Apotheker und Kassen nicht untereinander einigen, wird ein Einschreiten der Politik immer wahrscheinlicher. CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich hatte kürzlich Rabattverträge zwischen Herstellern und Krankenkassen für Zytostatika ins Spiel gebracht. Aber auch das lehnt die AOK ab. |

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