Arzneimittel und Therapie

Fast zwei Monate länger leben

Trifluridin / Tipiracil als Therapieoption bei Patienten mit Kolorektalkarzinom

rr | Das Thymidin-Analogon Trifluridin wurde bereits vor 50 Jahren als Zytostatikum untersucht. In Kombination mit Tipiracil, einem Hemmer der Thymidin-Phosphorylase, kann es heute in weniger toxischen Dosen gegeben werden und kommt für Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom infrage, die bereits mit allen verfügbaren Therapien behandelt wurden.

Das Kolorektalkarzinom war im Jahr 2012 die zweithäufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle in Europa. Pro Jahr gibt es etwa 63.000 Neuerkrankungen. Im frühen Stadium verursacht die Erkrankung meist keine Symptome, deshalb haben Vorsorge und Früherkennung eine große Bedeutung (zum Weiterlesen in diesem Heft ab S. 66: „Darmkrebs-Screening – was ändert sich?“).

Aggressiv therapieren

Für die Wahl der Therapie ist die Molekularpathologie des Tumors ausschlaggebend, beispielsweise der RAS-Mutationsstatus. Die European Society for Medical Oncology (ESMO) fordert in ihrer Leitlinie zudem die Bestimmung des BRAF-Mutationsstatus, obwohl diese Information keine Auswirkung auf die Therapie hat, da derzeit keine optimale Behandlungsstrategie zur Verfügung steht.

Als First-Line-Therapie kommen meist Biologicals wie der Anti-VEGF-Antikörper Bevacizumab zusammen mit dem zytotoxischen Regime FOLFOXIRI (Folsäure, 5-Fluoruracil, Oxaliplatin und Irinotecan) zum Einsatz. Wird diese aggressive Therapie nicht toleriert, kann eine Fluoropyrimidin-Monotherapie oder eine Kombinationstherapie mit einem Anti-EGFR-Antikörper (z. B. Cetuximab) plus FOLFOX/FOLFIRI erfolgen.

Für Patienten, die bereits mit all diesen Wirkstoffen behandelt wurden oder die für diese Therapien nicht geeignet sind, könnte Trifluridin / Tipiracil eine weitere Möglichkeit sein, das Leben des Patienten zu verlängern. Das orale Zyto­statikum ist seit April 2016 unter dem Fertigarzneimittelnamen Lonsurf® zugelassen zur Behandlung von vorbehandelten Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom.

Trifluridin ist ein antineoplastisches Nukleosid-Analogon, das nach Phosphorylierung in die DNA eingebaut wird, auf diese Weise ihre Funktion beeinträchtigt und die Zellproliferation verhindert. Tipiracil bremst den Abbau von Trifluridin im Blut durch Hemmung der Thymidin-Phosphorylase.

Auch als First-Line denkbar

In der Phase-III-Studie RECOURSE (Refractory Colorectal Cancer Study) senkte Trifluridin / Tipiracil das Sterberisiko signifikant um 32% im Vergleich zu Placebo. Sowohl die 534 Patienten in der Verum-Gruppe als auch die 266 im Kontrollarm erhielten eine supportive Therapie. Das mediane Gesamtüberleben konnte von 5,3 auf 7,1 Monate verlängert werden; der primäre Studienendpunkt einer 25%igen Risikoreduktion wurde damit erreicht.

Das Nebenwirkungsprofil des Zytostatikums ist beherrschbar. Dennoch sind gastrointestinale und hämatologische Ereignisse häufig, febrile Neutropenie möglich.

Seit Anfang dieses Jahres bestand für Trifluridin /Tipiracil ein Härtefallprogramm, das mit der Markteinführung am 15. August endete. In dieser Zeit wurden über 250 Patienten in den teilnehmenden Zentren behandelt.

Derzeit wird Trifluridin /Tipiracil als First- und Second-Line-Therapeutikum getestet, in der Drittlinie auch als Monotherapie.

Trifluridin / Tipiracil wird über zwei Wochen zweimal täglich in einer Dosierung von 35 mg/m² an fünf aufeinanderfolgenden Tagen angewendet mit zwei Tagen Pause. Diese Behandlung wird alle vier Wochen wiederholt. Die Einnahme sollte innerhalb einer Stunde nach dem Frühstück bzw. dem Abendessen mit einem Glas Wasser erfolgen. |

Quelle

Pressekonferenz zur Einführung von Lonsurf®, 14.09.2016, München, veranstaltet von Servier

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