Arzneimittel und Therapie

Ein Arzneimittel gegen die Nebenwirkung

Metformin zur Behandlung der iatrogenen Gewichtszunahme bei autistischen Kindern

Reizbarkeit bei Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spek­trum-Störung wird häufig mit atypischen Neuroleptika behandelt, die jedoch zu Übergewicht führen können. Ernährungsumstellungen sind in dieser Patientengruppe oft erfolglos. Die Therapie mit Metformin könnte eine Alternative sein.

Laut eines Reviews bewirken die atypischen Neuroleptika Clozapin, Risperidon, Olanzapin, Quetiapin, Aripiprazol und Paliperidon eine Zunahme des Körpergewichts und des Appetits in unterschiedlichem Maße [1]. Nur Ziprasidon zeigte keine Auswirkungen auf das Körpergewicht.

Diese Effekte sind oft nach Absetzen reversibel, aber auch die Verhaltens­auffälligkeiten kehren dann häufig zurück. Aufgrund spezieller Essensvorlieben und Ablehnung von Veränderungen in der gewohnten Routine sind Lebensstilumstellungen nicht unproblematisch zu vermitteln.

Foto: ruslanshug – Fotolia.com
Nicht mehr aggressiv, dafür übergewichtig: Mit Metformin könnte diese Nebenwirkung von Neuroleptika behandelt werden.

Verhalten nicht beeinflusst

Eine Studie hat nun analysiert, ob sich Metformin zur Behandlung von Übergewicht in Folge der Gabe von atypischen Neuroleptika eignet [2]. Dazu wurden 60 Patienten im Alter von sechs bis 17 Jahren, deren BMI während der medikamentösen Therapie ihrer Verhaltensstörungen um mindestens 7% gestiegen war, in zwei Gruppen behandelt: 30 Patienten erhielten über 16 Wochen eine altersgerechte und individuell eingestellte Dosis Metformin-Saft (bis zu 2 × 850 mg täglich), die andere Hälfte Placebo. Als primärer Endpunkt wurde die Änderung in der Standardabweichung (Z-Score) vom mittleren BMI für die jeweilige Altersgruppe herangezogen. In der Metformin-Gruppe sank der Z-Score um 0,08, während er in der Kontrollgruppe um 0,02 stieg. Zudem waren die Kinder und Jugendlichen in der Verumgruppe nach 16 Wochen durchschnittlich 2,7 kg leichter als die Patienten in der Placebogruppe. Es gab keine signifikanten Unterschiede im Verhalten der beiden Gruppen, die auf vermehrte Nebenwirkungen oder Unwohlsein der Patienten hingewiesen hätten. Metformin wurde gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren gastrointestinaler Art, z. B. Unregelmäßigkeiten im Stuhlgang.

Langzeitgabe prüfen

Insgesamt liefert diese Studie Hinweise, dass Metformin eine Option zur Behandlung des iatrogenen Übergewichts bei autistischen Kindern und Jugendlichen sein kann (siehe auch Kommentar auf S. 41). Zu untersuchen bleibt die Langzeitverträglichkeit sowie langfristige positive Effekte auf die Stoffwechsellage (z. B. Schutz vor metabolischem Syndrom) und ob es möglich ist, eine Gewichtszunahme mit der rechtzeitigen Gabe von Metformin am Anfang einer Neuroleptika-Therapie zu verhindern.  |

Quellen

[1] Doyle CA, et al. Dialogues Clin Neurosci 2012;14(3):263-279

[2] Anagnostou E, et al. JAMA Psychiatry 2016;73(9):928-937

Apothekerin Sarah Katzemich


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