DAZ aktuell

Union bringt Zyto-Rabattverträge ins Spiel

Michael Hennrich (CDU) will freie Apothekenwahl erhalten und trotzdem sparen

BERLIN (bro/ks) | Auch im Bundestag ist angekommen, dass es bei den Zytostatika-Ausschreibungen massive Probleme gibt. In der Unionsfrak­tion besteht offenbar Konsens, dass die freie Apothekenwahl wieder herzustellen ist. Ihr Arzneimittel-Experte Michael Hennrich (CDU) hat nun vorgeschlagen, dass die Krankenkassen künftig die Wirkstoffe bei den Herstellern ausschreiben sollen.

Der Druck auf die Politik war zuletzt gewachsen: In den vergangenen Wochen hatten die Zyto-Verträge eine ungewöhnlich hohe mediale Aufmerksamkeit. In vielen Berichten hieß es, dass die Versorgung krebskranker Patienten unter den exklusiven Ausschreibungen der AOK leide. Unter Beteiligung des Deutschen Apothekerverbands (DAV) und des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapo­theker (ADKA) hat sich zudem ein Bündnis mehrerer Organisationen gegen die Ausschreibungen formiert. Sie fordern den Gesetzgeber auf, die gesetzliche Grundlage für die Zyto-Ausschreibung zu streichen und die bis­herige effiziente Versorgung von Krebspatienten zu erhalten (AZ 2016, Nr. 37, S. 1).

Ein weiteres Problem sind die Verwürfe: Einige Krankenkassen beschweren sich, dass Apotheker die Verwürfe, die bei der Herstellung von parenteralen Lösungen für AOK-Patienten entstehen, bei anderen Kassen abrechnen. Die Techniker Krankenkasse (TK) hatte daher vergangene Woche angekündigt, sich an der nächsten Ausschreibungswelle zu beteiligen – zusammen mit Barmer GEK, Deutscher BKK und kkh (AZ 2016, Nr. 37, S. 4).

Union will die freie Apothekenwahl zurück

Foto: Michael Hennrich
Michael Hennrich, Berichterstatter für Arzneimittel-Themen in der Union, will die derzeitige Praxis der Zytostatika-Ausschreibungen ändern. Sein Vorschlag: Kassen sollen Wirkstoffe künftig bei den Herstellern ausschreiben.

Die Gesundheitsexperten der Unionsfraktion wollen das Thema nun anpacken. Michael Hennrich, Berichterstatter für Arzneimittel-Themen in der Union, sagte gegenüber DAZ.online: „In der Union herrscht Einigkeit darüber, dass wir die freie Apothekenwahl erhalten müssen. Wir brauchen die Versorgung durch die Apotheke vor Ort.“ Gleichzeitig wolle man aber auch in Zukunft im Zyto-Bereich Wirtschaftlichkeitsreserven heben.“ Hennrich: „Wie wir diese beiden Ziele mit­einander verknüpfen können, darüber diskutieren wir derzeit noch.“

Er hat allerdings schon eine Lösungsidee: Hennrich kann sich vorstellen, dass man im Zyto-Bereich ein Vertragssystem einführt, das dem Rabattvertragssystem bei Generika ähnelt. „Aus meiner Sicht wäre es eine gute Lösung, wenn die Kassen direkte Verträge mit den Herstellern über die jeweiligen, verwendeten Wirkstoffe abschließen.“ Laut Hennrich sind solche Verträge nicht nur für Generika, sondern auch für Originalpräparate denkbar. Der CDU-Politiker ist überzeugt: „Zum Einen hätten wir dann wieder eine freie Apothekenwahl, weil Versorgungsverträge zwischen Kassen und Apotheken dann ja nicht mehr nötig wären. Zweitens könnten wir somit auch alle Diskussionen über Verflechtungen zwischen Ärzten und Apothekern sowie einem grauen Markt endlich begraben.“ Als Honorar für ihre pharmazeutische Dienstleistung würden die Apotheker weiterhin die fixe Zubereitungspauschale bekommen.

Ein Problem sieht Hennrich noch bei den Verwürfen. „Das ist wahrscheinlich die größte Hürde und auch mit einer Rabattvertragslösung nicht einfach zu lösen.“ Man könne beispielsweise darüber nachdenken, an den ­Packungsgrößen etwas zu ändern. „Das könnte dann eventuell über eine Rahmenvereinbarung gelöst werden“, schlägt Hennrich vor.

Ein Vorschlag aus der Apothekerschaft

In der Apothekerschaft dürfte Hennrichs Vorstoß positiv aufgenommen werden – auch wenn es, wie so oft, auf die konkrete Ausgestaltung ankommen wird. Einen in diese Richtung gehenden Vorschlag hatte kürzlich in der DAZ der Erdinger Apotheker Dr. Franz Stadler eingebracht (DAZ 2016, Nr. 32, S. 17). Dr. Klaus Peterseim, Präsident des Verbands Zytostatika herstellender Apothekerinnen und Apotheker (VZA), hatte diesen im Grundsatz unterstützt. Und auch der DAV-Vorsitzende Fritz Becker hat mittlerweile erklärt, dass Rabattverträge zwischen Herstellern und Pharmaunternehmen eine Option wären. Die Apotheker wollten für ihre pharmazeutische Leistung bezahlt werden – auf die Aushandlung von Arznei­mittelpreisen würden sie gerne verzichten.

Thema in der Haushaltsdebatte

Seine Idee will Hennrich in den Gesetzgebungsprozess des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) einbringen. Bei der Haushaltsdebatte am 8. September im Deutschen Bundestag hat auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) erneut bekräftigt, dass sein Haus sich die Versorgungslage derzeit anschaue und Änderungen prüfe. Unterstützung bekam Hennrich in dieser Debatte zudem von Georg Nüßlein (CSU), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Unionsfraktion und zuständig für das Thema Gesundheit. Er sagte im Plenum: „Ich bin sehr dafür, dass wir über den Vorschlag vom Kollegen Hennrich nachdenken und dafür sorgen, dass Krankenkassen und Hersteller im Zyto-Bereich Rabattverträge über die Wirkstoffe ausschreiben.“ ­Somit wird es immer wahrscheinlicher, dass die Zytostatika-Ausschreibungen mit dem AM-VSG aufgegriffen werden. |

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