Arzneimittel und Therapie

Entwarnung für künstliche Befruchtungen

In-vitro-Fertilisation erhöht nicht das Brustkrebsrisiko

Frauen, die sich künstlich befruchten ließen, erkranken nicht häufiger an Brustkrebs als Frauen ohne künstliche Befruchtung. Dies zeigt eine niederländische Kohortenstudie mit mehr als 25.000 Teilnehmerinnen.
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In-vitro-Fertilisation Es gibt keinen Kausalzusammenhang zwischen der künst­lichen Befruchtung und dem Risiko, an Brustkrebs zu erkranken.

Vor einer In-vitro-Fertilisation (IVF) werden Frauen in mehreren Behandlungsschritten auf die Follikelentnahme vorbereitet: Zunächst wird der natürliche Menstruationszyklus durch Gabe von GnRH (Gonadotropin releasing hormon)-Analoga unterdrückt, es folgt die ovarielle Stimulation mit Gonadotropinen. Dadurch steigen die Östradiol- und Progesteron-Spiegel im Blut bis auf das Zehnfache des natürlichen Zyklus an. Wenn sich in der Folge genug Follikel gebildet haben, werden die Frauen mit dem Hormon hCG (menschliches Choriongonadotropin) behandelt. Nach der In-vitro-Fertilisation folgt noch einmal eine Behandlung mit Gestagenen oder hCG, um die Einnistung des Embryos zu fördern. Die zeitweise Erniedrigung der Östradiol- und Gestagenspiegel während der Downregulations-Phase und die stark erhöhten Spiegel während der ovariellen Stimulationsphase stehen in Verdacht, das Brustkrebsrisiko zu erhöhen. Andererseits wäre auch ein protektiver Effekt durch die hCG-Gabe denkbar. Um zu klären, wie sich eine In-vitro-Fertilisation langfristig auf das Brustkrebsrisiko auswirkt, wurden in einer niederländischen Kohortenstudie die Daten von 19.158 Frauen ausgewertet, die sich zwischen 1983 und 1995 in einer Fertilitätsklinik künstlich befruchten ließen. Im Durchschnitt erhielten die Frauen 3,6 IVF-Zyklen. Als Vergleich dienten sowohl die Daten von 5950 subfertilen Frauen, die sich keiner künstlichen Befruchtung unterzogen hatten, als auch die Daten von gleichaltrigen Frauen der Allgemeinbevölkerung. Bei den Vergleichsgruppen zeigte sich im Alter von 55 Jahren kein signifikanter Unterschied bei den Brustkrebsinzidenzraten. Das durchschnittliche Risiko an Brustkrebs zu erkranken lag in allen Gruppen bei rund 3%. Einige Ergebnisse überraschten doch: So hatten Frauen mit der höchsten Zahl an IVF-Behandlungs­zyklen das geringste Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Die Frauen, die nach einer In-vitro-Fertilisation kein Kind geboren hatten, erkrankten im Vergleich zu den Frauen mit erfolgreicher In-vitro-Fertilisation seltener an Brustkrebs. Im Gegensatz dazu haben Frauen der Allgemeinbevölkerung ohne Geburten im Vergleich zu Frauen, die ein Kind bekamen, ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Ein Kausalzusammenhang zwischen der künstlichen Befruchtung und diesen Ergebnissen kann aufgrund des Beobachtungsdesigns der Studie nicht als gesichert angesehen werden. Die Autoren geben zu bedenken, dass sich protektive Effekte durch Schwangerschaften erst in der postmenopausalen Lebensphase bemerkbar machen und dass die meisten Frauen zum Zeitpunkt der Auswertung die Wechseljahre noch vor sich hatten. Auch wenn die Analyse mit Limitationen behaftet ist – so standen nicht für alle Einflussfaktoren ausreichend Informationen zur Verfügung – können die Ergebnisse dennoch Frauen beruhigen, die sich einer künstlichen Befruchtung unterzogen haben oder eine planen. |

Quelle

van den Belt-Dusebout AW et al. Ovarian Stimulation for In Vitro Fertilization and Long-term Risk of Breast Cancer. JAMA 2016;316:300-312

Apothekerin Dr. Birgit Schindler

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