Arzneimittel und Therapie

Bessere Lebensqualität unter Atypika

Die Sicht der Patienten: klassische Antipsychotika und Atypika im Vergleich

Die Lebensqualität schizophrener Patienten ist bei einer individualisierten Auswahl der Wirkstoffe unter Atypika signifikant höher als unter den klassischen Antipsycho­tika. Dieser Vorteil wird aber mit mehr metabolischen Nebenwirkungen erkauft.

Nach wie vor ist unklar, ob bei der Behandlung schizophrener Patienten die neueren Atypika (= Antipsychotika der zweiten Generation) den älteren klassischen Antipsychotika (= Antipsychotika der ersten Generation) überlegen sind. Die in den letzten zehn Jahren publizierten Studien, die die Wirksamkeit dieser zwei Gruppen miteinander verglichen haben, kamen zu keinen einheitlichen Aussagen. Den derzeitigen Einschätzungen zufolge bieten Atypika keine klinisch signifikanten Vorteile gegenüber den älteren Antipsychotika. In einer aktuellen Studie stand nun ein Vergleich der Lebensqualität unter der Behandlung mit Atypika und klassischen Substanzen im Vordergrund. Die Neuroleptic Strategy Study (NeSSy) mit 149 an Schizophrenie erkrankten Patienten war als multizentrische, randomisierte, doppelblinde Studie konzipiert und verglich zwei klassische Antipsychotika (Flupentixol und Haloperidol) mit drei Atypika (Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin). Innerhalb einer Wirkstoffklasse war eine gewisse Individualisierung der Therapie möglich, so dass die Auswahl der Substanz individuell auf den Patienten abgestimmt werden konnte. Der primäre Studienendpunkt war die Lebensqualität aus der Patientensicht, ermittelt über die SF-36-Skala (Short Form 36 Health Survey). Ferner wurden klinische Veränderungen mithilfe der Clinical Global Impression-Improvement (CGI-I)-Skala festgehalten. Die Behandlungsdauer umfasst 24 Wochen; 136 randomisierte Patienten erhielten mindestens eine Dosis der Studienmedikation.

Die Lebensqualität war bei den Patienten, die ein Atypikum erhalten hatten, höher als bei den Patienten unter einer Therapie mit klassischen Antipsychotika. Der Unterschied war statistisch signifikant (p = 0,0112). Die Veränderungen bei der Clinical Global Impression-Improvement-Skala unterschieden sich in den beiden Gruppen nicht signifikant. Das Gleiche galt für psychopathologische Parameter, gemessen mit der Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS). Unterschiede zeigten sich hingegen beim Body Mass Index, der unter Atypika stärker anstieg als unter den klassischen Antipsychotika (p = 0,0021 nach Woche 6 und p = 0,0041 nach Woche 24). Dieser Anstieg war im Wesentlichen auf den Anstieg des Body Mass Index bei den Patienten zurückzuführen, die mit Olanzapin oder mit Quetiapin behandelt wurden.


Literaturtipp

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Gut bewertete Studie

Kommentatoren dieser Studie loben das Studiendesign, das trotz Verblindung eine gewisse Individualisierung ermöglichte, und unterstreichen die praxisbezogene Auswahl der eingesetzten Wirkstoffe. Als weiteres Plus wird die Wahl des primären Studien­endpunkts – die vom Patienten eingeschätzte Lebensqualität – hervorgehoben. So konnte gezeigt werden, dass eine Therapie aus der Patientenperspektive Vorteile gegenüber einer Vergleichstherapie haben kann, während aus der Sicht des Arztes die negativen Aspekte – in diesem Fall die Zunahme des Body Mass Index – stärker bewertet werden. Da jedoch der Patient mit der Medikation zurechtkommen muss, ist auch dessen Beurteilung von Bedeutung. Dieser Tatsache wurde mit dieser Studie Rechnung getragen. |

Quelle

Gründer G et al. Effects of first-generation antipsychotics versus second-generation antipsychotics on quality of life in schizophrenia. Lancet Psychiatry 2016;3:717-729

Leucht S et al. Second-generation antipsychotics and quality of life in schizophrenia. Lancet Psychiatry 2016;3:694-695

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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