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Euros für Ärzte – an wen zahlen die Firmen?

Journalisten erstellen Datenbank – Transparenzoffensive der Industrie soll transparenter werden

BERLIN (hfd/ks) | 575 Millionen Euro zahlten 54 große Pharmafirmen 2015 an Ärzte, andere Fachkreisangehörige sowie medizinische Organisationen und Einrichtungen. Dies legte die „Freiwillige Selbstkontrolle Arzneimittelindustrie“ (FSA) Ende Juni offen – denn so sieht es der Transparenzkodex vor, den sich die Branche auferlegt hat. Doch die Transparenz hat ihre Grenzen. Das Recherchebüro „Correctiv“ und „Spiegel Online“ helfen daher mit einer eigenen Datenbank nach.

Ziel der Transparenz-Offensive der Industrie ist, den Schleier zu lüften, wohin ein Teil ihrer Gelder fließt. Dies gelingt jedoch bisher nur bedingt: Honorare für klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen, die den Großteil der 575 Millionen Euro ausmachen, werden nicht nach konkreten Empfängern aufgeschlüsselt. Zudem willigte nur rund ein Drittel der Heilberufler freiwillig in die Veröffentlichung ihrer Namen ein.

Eine weitere Hürde ist, dass der FSA nur eine Liste mit Links zu den Veröffentlichungen der einzelnen Hersteller bietet. Und diese wollen Correctiv und Spiegel Online nun ausräumen: In den letzten Wochen bauten sie eine Gesamtdatenbank auf. Sie trägt den Namen „Euros für Ärzte“ (https://correctiv.org/recherchen/euros-fuer-aerzte/). Ihr Vorbild ist die US-Plattform „Dollars for Docs“, die Zahlungen an Ärzte in den USA veröffentlicht. Da in den USA ein Gesetz Firmen und Ärzte zur Transparenz zwingt, sind diese – anders als in Deutschland – allerdings vollständig erfasst.

Aber immerhin: Nun können auch Interessierte in Deutschland über eine Suchmaske Name oder Ort eines Heilberuflers eingeben und die Liste der Zahlungen abrufen, deren Veröffentlichung er zugestimmt hat. Beim Großteil der Honorar-Empfänger handelt es sich um Ärzte, doch auch Apotheker oder andere Personen aus der Gesundheitsbranche sind aufgeführt.

Ganz ausbügeln kann die neue Datenbank die Schwächen der FSA-Veröffentlichungen nicht. Denn auch bei Ärzten mit aufgeführten Zahlungen ist nicht klar, ob die Daten vollständig sind. Da sie jeder Veröffentlichung zustimmen müssen, können sie auch einzelne Zahlungen verstecken. Auf diesem Weg können sie Transparenz vortäuschen, da sie in der Liste erscheinen. Viele Hersteller erlauben dies zwar nicht, andere scheinen jedoch weniger strikt zu sein. |

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