Aus den Ländern

Blick zurück – und zum Nachbarn

Letzte Sitzung der „alten“ Vertreterversammlung der LAK Baden-Württemberg

STUTTGART (wes) | Die Mitglieder der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg haben gerade ihre neuen Vertreter gewählt, am 28. Juni trat die bisherige Vertreterversammlung das letzte Mal zusammen. Und so wurde nicht nur auf den Zeitraum seit der letzten Sitzung, sondern auf die gesamte Wahlperiode zurückgeschaut – und Abschied genommen. Doch auch aktuelle Themen beschäftigten die Delegierten.

So erläuterte ABDA-Justiziar Lutz Tisch als „Überraschungsgast“ die Sicht der ABDA auf das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, in dem die grenzüberschreitende Preisbindung für Arzneimittel auf dem Prüfstand steht. Tisch mahnte, die Ruhe zu bewahren – die Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts, die Anfang Juni für viel Aufregung gesorgt hatten, ­seien noch nicht das Urteil (s. „ABDA mahnt bei EuGH-Verfahren zur Ruhe“, AZ 2016, Nr. 27). Er gab sich überzeugt, dass das Gericht die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel für europarechtskonform erklärt.

Tisch ergänzte mit seinen Ausführungen den Bericht des LAK-Präsidenten Günther Hanke, der u. a. von der Vorstandssitzung der Bundesapothekerkammer berichtete. Auch der neuen grün-schwarzen Landesregierung widmete sich Hanke. Er freue sich auf eine weiterhin „verdammt gute“ Zusammenarbeit, vor allem mit dem neuen Sozial- (und Gesundheits-)Minister Manfred „Manne“ Lucha. Hanke versprach, dass sich die Kammer weiterhin in den entsprechenden Gremien engagieren werde, insbesondere in den neuen regionalen Gesundheitskonferenzen. In ihnen soll die Rolle der Kommunen in der Gesundheitsversorgung gestärkt werden. Die neue Koalition habe erklärt, die Sicherheit bei der Arzneimittelanwendung zu stärken, so Hanke – hier werden die Apotheker sich einbringen.

Eher wehmütig war der Bericht der Vizepräsidentin Karin Graf, die nicht mehr für die Vertreterversammlung kandidierte. Sie zog ein Resümee ihrer langjährigen Arbeit in den verschiedensten Gremien und Institutionen der Apothekerschaft – vom ABDA-Vorstand, dem sie noch eine Weile angehören wird, bis zum Apothekenmuseum in Heidelberg. Den Schwerpunkt legte sie aber naturgemäß auf die Aktivitäten in Baden-Württemberg, wo sie sich vor allem Kammeraktivitäten wie den pharmazeutischen Arbeitszirkeln (PAZ), der Etablierung des Pseudo­customer-Projekts oder der Vortragsreihe „Apotheke macht Schule“ ge­widmet hat.

Foto: Stefan Möbius
Fast alle dafür – bei dieser Kammerversammlung hatten die Delegierten nicht viel zu beschließen.

Anders als Graf ist Kammerpräsident Hanke wieder angetreten. Er ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er gern auch noch eine weitere Amtszeit als Präsident amtieren will: „Ich brenne noch und sehe noch nicht ein, jetzt schon aufzuhören“, erklärte er.

Sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Wahlen zur neuen Vertreterversammlung zeigte sich Kammergeschäftsführer Dr. Karsten Diers. Besonders erfreut war er über die zahlreichen Kandidaten. Die vielfältigen Aktionen der Kammer, Mitglieder zu einer Kandidatur zu bewegen, seien ­offensichtlich erfolgreich gewesen.

Zukunft der Apotheke aus Schweizer Sicht

Einen äußerst interessanten Blick auf das Apothekenwesen des Nachbarlandes Schweiz gab der Präsident des schweizerischen Apothekerverbands PharmaSuisse, Fabian Vaucher. Für ihn spricht schon der zunehmende Mangel an (Haus-)Ärzten dafür, die Kompetenzen der Apotheker auszuweiten. Es wäre sträflich, die vorhandene Qualifikation und Infrastruktur der Apotheker nicht zu nutzen, so Vaucher. Das Grundproblem für die Apotheker sei in allen Industrieländern das gleiche: Die Lebenserwartung steigt, mit ihr der Absatz an Arzneimitteln und dadurch auch der Umsatz der Apo­theken – gleichzeitig sinke aber die Marge bei den einzelnen Arzneimittelpackungen. Daraus ergebe sich die Grundsatzfrage, was Gesundheits­versorgung in Zukunft sein soll – und welche Rolle die Apotheken darin spielen werden.

Foto: Stefan Möbius
Fabian Vaucher

In Vauchers Augen ist die gesundheitliche Grundversorgung der Bevölkerung heute eine gemeinsame, inter­professionelle Aufgabe der Heilberufe. Die Stärke der Apotheke sei dabei ihre gute Erreichbarkeit, der einfache Zugang ohne Hürden wie lange Warte­zeiten. Eine besondere Rolle werden in Zukunft patientenzentrierte Modelle spielen, ist Vaucher überzeugt. Für die Apotheken sieht er hier besonders bei Disease-Management-Programmen, Medikations-Check und Medikationsmanagement, Impfprogrammen sowie bei der Prophylaxe chronischer Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-­Erkrankungen oder Typ-2-Diabetes viele Möglichkeiten. Dazu komme die dringend nötige Stärkung der Selbstmedikation, ohne die das solidarische Gesundheitssystem schnell an seine Grenzen käme.

Die Honorierung müsse sich diesen neuen Entwicklungen anpassen. Dabei ist Vaucher sich sicher, dass das Geld der Leistung folgt – die Apotheker müssten also zuerst beweisen, dass ihre Modelle funktionieren. Danach können sie mit einer Honorierung rechnen. Dabei entwickle sich die Bezahlung der Apotheker vom Prinzip des „pay for product“, also der Bezahlung für die Abgabe einer Packung, über das „pay for service“, also die Bezahlung von Dienstleistungen, die in der Schweiz heute bereits eine zweite Säule der Honorierung darstelle, zum „pay for performance“. Bei dieser Bezahlung nach Leistung werde der Apotheker für das Erreichen bestimmter, vorher definierter Ziele bezahlt, z. B. wenn sich bestimmte Patienten-Parameter (Blutdruck, Cholesterolwerte usw.) durch eine bessere Therapietreue verbessern. Heute basiere auch das Schweizer System noch auf dem Grundsatz der Menge (Bezahlung nach Anzahl der Behandlungen, abgegebenen Packungen usw.) statt auf dem der Zielerfüllung. Dies müsse sich ändern, damit das System bezahlbar bleibt.

So könnten die Apotheker beispiels­weise auch dafür bezahlt werden, dass ein Patient nicht in das Gesundheitssystem „eintritt“, indem sie durch die Unterstützung seiner Selbstmedikation seinen Arztbesuch oder gar Krankenhausaufenthalt vermeiden. |

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