Aus der Hochschule

Alte Innsbrucker Pretiosen

Pharmaziehistorisches Kolloquium im Apothekenmuseum Winkler und Schloss Ambras

Am 18. und 19. Juni trafen sich die Doktoranden der pharmaziehistorischen Arbeitskreise von Prof. Dr. Sabine Anagnostou (Marburg) und Prof. Dr. FranÇois Ledermann (Bern) zu einem gemeinsamen Kolloquium in der historischen Stadtapotheke Winkler in Innsbruck.

Dr. Andreas Winkler präsentierte den aus Deutschland, Österreich und der Schweiz angereisten Doktoranden das in mehr als 400 Jahren gewachsene historische Apothekeninventar, darunter eine Fülle von Vorratsgefäßen, pharmazeutische Gerätschaften für Offizin und Labor, zahlreiche in der Vergangenheit gebrauchte Arzneidrogen, darunter das Einhorn (eigentlich ein Narwalstoßzahn), eine Mumienhand, Schlangenhäute und Bezoarsteine sowie eine einzigartige Sammlung pharmaziehistorisch relevanter Fachliteratur und Archivalien der seit 1578 im Familienbesitz befindlichen Apotheke. So erlaubt die Sammlung Winkler eine Zeitreise in die Apothekengeschichte und gibt Zeugnis einer reichen und bewegten Tradition apothekerlichen Wirkens und Werdens. Zugleich regt sie wegen ihrer Kontinuität, Komplexität und Vielfalt zu neuen pharmaziehistorischen Studien an.

Foto: Anagnostou
Alte gläserne Apothekenstandgefäße mit originalen Beschriftungen und Tekturen im Museum der Stadtapotheke Winkler in Innsbruck. Die Gefäße enthielten Rohdrogen, „präparierte“ („pp“ oder „ppt.“) Drogen und Zubereitungen (Spiritus, Pulvis) sowie angefertigte Arzneimittel (z. B. Trochisci Sieff sine opio, ein Augenmittel).

Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch der berühmten Kunst- und Wunderkammer von Erzherzog Ferdinand II. (1529 – 1595), die das auf einer Anhöhe im Südosten Innsbrucks gelegene Schloss Ambras beherbergt. Ferdinand hatte das Renaissanceschloss erbauen lassen und seiner heimlich geheirateten, bürgerlichen Frau Philippine Welser (1527 – 1580) geschenkt. Bei einer Schlossführung bestaunten die Pharmaziehistoriker nicht nur die prachtvolle Architektur und kunstvoll ge­stalteten Deckengewölbe, sondern entdeckten auch zahlreiche pharmazie- und medizinhistorische Raritäten. Zu den Exponaten zählen drei der ältesten noch erhaltenen Gemälde von Haar- oder Wolfsmenschen (16. Jh.), die aufgrund einer Hypertrichosis universalis congenita am gesamten Körper einen starken Haarwuchs aufweisen. Wegen dieser Gemälde heißt die Hypertrichose auch „Ambras-Syndrom“.

Die Sammlung des Erzherzogs Ferdinand umfasst auch kostbare Drogen und Gegenstände, denen man heilende Kräfte nachsagte, wie eine Alraunwurzel in Form eines Kruzifixes, Amulette aus Korallen, Perlmutt oder Elfenbein, Trinkpokale aus Kokosnüssen und in Gold gefasste Bezoare. Ein besonders wertvolles Exponat ist „das Tödlein“, ein filigran aus Birnbaumholz geschnitztes halbbedecktes Skelett mit Pfeil und Bogen, das den Tod darstellt (um 1500).

Die Teilnehmer danken Prof. Dr. Ana­gnostou, Prof. Dr. Ledermann und besonders Mag. Dr. Winkler für das lehr- und erlebnisreiche Wochenende. |

Sara Gnehm, Kerstin Grothusheitkamp und Mareike Tiepolt

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