Prisma

Rezeptor zur Stressbewältigung

CRFR1-Antagonisten könnten vor allem Frauen helfen

cae | Stress wirkt sich auf den Stoffwechsel von weiblichen und männlichen Mäusen sehr unterschiedlich aus. Dies könnte erklären, warum Frauen häufiger an Ess­störungen leiden als Männer.
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Oh, wie ist mir kalt – verfluchter Stress!

Bei Stress aktivieren der Hippocampus und die Amygdala blitzschnell den Hypothalamus, der die Stressreaktion steuert. So veranlasst er über das Corticotropin-Releasing-Hormon die Hypophyse, Corticotropin zu sezernieren, worauf die Nebennierenrinde Cortisol ausschüttet. Zugleich erhält die Leber den Auftrag, Glykogen in Glucose zu spalten, sodass der Blutzuckerspiegel steigt. Welche Rolle der Corticotropin-Releasing-Hormon-Rezeptor Typ 1 (CRFR1) auf Neuronen im Nucleus arcuatus (syn. N. infundibularis) des Hypothalamus dabei spielt, haben Neurobiologen des Max Planck-Instituts für Psychiatrie in München und Kollegen in Israel untersucht. Dabei fanden sie, dass CRFR1 vor allem auf AgRP-Neuronen vorkommt, die das Agouti-related-Protein (AgRP) synthetisieren (vgl. Prisma in DAZ 2016, Nr. 10, S. 8). Das Corticotropin-Releasing-Hormon hemmt diese Neuronen, sodass sie weniger AgRP synthetisieren. Dadurch schwindet das Hungergefühl, und die Körpertemperatur steigt an – typische Symptome von Stress.

Versuche mit Knockout-Mäusen ohne CRFR1, die Aufschluss über dessen Funktionen geben sollten, zeigten überraschenderweise geschlechts­spezifische Unterschiede: Wenn die Tiere Kälte oder Hunger ausgesetzt waren, reagierten nur die Männchen adäquat, indem ihre Leber Glykogen spaltete und ihre braunen Fettzellen mehr Fett „verbrannten“; die Weibchen waren dazu unfähig und litten entsprechend unter Hypothermie und Unterzuckerung.

Wie die Männchen den Mangel an CRFR1 kompensierten, ist noch unklar. Dagegen ist klar, dass Stress bei weiblichen Mäusen den Stoffwechsel stärker beeinflusst als bei männlichen. Überträgt man diese Ergebnisse auf den Menschen, erhält man einen Erklärungsansatz, warum Frauen häufiger an Essstörungen leiden als Männer.

Übrigens sind schon mehrere CRFR1-Antagonisten bekannt, die aber nur präklinisch getestet wurden. Theoretisch haben sie das Potenzial für Arzneistoffe, um Erkrankungen durch chronischen Stress kausal zu be­handeln – idealerweise bei Frauen. |

Quelle

Kuperman Y, et al. CRFR1 in AgRP Neurons Modulates Sympathetic Nervous System ­Activity to Adapt to Cold Stress and Fasting. Cell Metab 2016;23(6):1185-99

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