Arzneimittel und Therapie

Offensichtlich similar!

Ein Kommentar von Prof. Dr. Theo Dingermann und Dr. Ilse Zündorf

Prof. Dr. Theo Dingermann
Dr. Ilse Zündorf

Wieder einmal deutet sich an, dass Biosimilars wirklich „similar“, also ähnlich sind. Erste Ergebnisse aus der Phase-III-Studie HERITAGE zeigen, dass auch diese klinische Head-to-Head-Studie die hohe Kopierqualität des Trastuzumab-Biosimilars Myl-1401O bestätigt. Sowohl hinsichtlich Ansprechrate als auch Sicherheit sind die Ergebnisse in beiden Gruppen vergleichbar.

Auch Referenz ist variabel

Was hätte man auch anderes erwarten können, folgt man konsequent der Logik der Entwicklung und Zulassung eines Biosimilars. Die Herausforderung eines solchen Unterfangens besteht darin, die Referenzarznei bestmöglich zu kopieren. Dabei geht es nicht um identisches Kopieren, denn dies ist bei derart großen und komplexen Molekülen schlechterdings ausgeschlossen.

Allerdings gilt das auch für die Referenzprodukte. Lange wurde über diese Binsenwahrheit eisern geschwiegen. Erst die systematischen Studien von unzähligen Chargen der Referenzprodukte durch die Biosimilar-Hersteller haben glasklar gezeigt, wie erstaunlich strukturell variabel einzelne Chargen der Innovatorprodukte in einzelnen Parametern sein können.

Eine Frage der Immunogenität

Gelingt es jedoch, eine Kopie einer Referenzarznei so herzustellen, dass sie sich innerhalb der unvermeidlichen Spezifikationskorridore der Referenzarznei bewegt, hält eine klinische Vergleichsstudie keine Überraschungen mehr bereit. Dies gilt im Übrigen auch für ein anderes Tabuthema von Biologicals: der Immunogenität. Zwar sind für die HERITAGE-Studie noch keine Daten zur Ausbildung von anti-drug-antibodies (ADAs) publiziert, aber es wird bereits angedeutet, dass sich auch hinsichtlich dieses unvermeidlichen „Schreckgespensts“ Vergleichbarkeit zeigt.

Sehr wohl kann sich das Ausmaß bei verschiedenen Molekülen oder bei verschiedenen Therapieregimen unterscheiden, dann aber immer ähnlich für die Referenzarznei und das Biosimilar. So wurden beim Einsatz von Infliximab und dem Biosimilar CT-P13 zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis fast doppelt so viele ADAs gemessen wie bei der Behandlung eines Morbus Bechterew [1]. Dies war überraschend, da die Patienten im ersten Fall nur 3 mg/kg Infliximab, zusammen mit dem Immunsuppressivum Metho­trexat erhielten. Im zweiten Fall waren die Patienten mit 5 mg/kg Antikörper, jedoch ohne Immunsuppressivum behandelt worden.

Etanercept hingegen, das als Fusionsprotein zwischen der extrazellulären Domäne des TNF-alpha-Rezeptors und dem konstanten Teil der schweren Kette eines humanen Antikörpers ein Kunstprotein repräsentiert, provoziert so gut wie keine ADAs, was natürlich für das Biosimilar ebenso gilt wie für die Referenzarznei [2].

Copyright aufgehoben

Biosimilars sind unwiderruflich in unserem Arzneimittelsegment angekommen. Das Qualitätssiegel hinsichtlich klinischer Wirksamkeit und Sicherheit liefert nach strenger Prüfung die europäische Arzneimittelagentur (EMA). Wer diese Hürde genommen hat, hat bewiesen, dass sein Produkt in allen Belangen vergleichbar ist mit dem Innovatorprodukt, das mit Ablauf des Patents den Status einer Innovation verloren hat.

Quelle

[1] Dörner T et al. Biosimilars in rheumatology: current perspectives and lessons learnt. Nat Rev Rheumatol 2015;11:713–724

[2] Emery P et al. A phase III randomised, double-blind, parallel-group study comparing SB4 with etanercept reference product in patients with active rheumatoid arthritis despite methotrexate therapy. Ann Rheum Dis 2015, published online 6. Juli; pii: annrheumdis-2015-207588. doi: 10.1136/annrheumdis-2015-207588

Prof. Dr. Theodor Dingermann

Dr. Ilse Zündorf

Goethe-Universität Frankfurt

Institut für Pharmazeutische Biologie

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