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Nächster Zyto-Engpass

Ausgangssubstanz für Etoposid-haltige Arzneimittel wird rar

BERLIN (ks) | Erst Mitte April hat die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO) auf einen erneuten Lieferengpass bei Alkeran® (Melphalan) hingewiesen. Einen guten Monat später mahnt die Fachgesellschaft, dass der nächste Engpass bei Krebsarzneien zu erwarten ist. Bristol-Myers Squibb (BMS) hat mitgeteilt, dass es bei den Etoposid-haltigen Arzneimitteln Etopophos® und Vepesid®K ab August 2016 voraussichtlich für ein Jahr zu einer Liefer­unterbrechung kommen wird.

Die beiden Etoposid-haltigen BMS-­Produkte werden ab sofort nur noch kontingentiert abgegeben. Wie das Unternehmen mitteilt, befinde es sich zu dem Bestellablauf „in engem Austausch mit den relevanten Apotheken“. Daneben arbeite man auch daran, die Produkte wieder auf den Markt zu bringen. Als Grund für den Engpass nennt BMS Probleme bei der Beschaffung der Grundsubstanz des Wirkstoffs. Etoposidphosphat wird aus der Pflanze Podophyllum Hexadrum gewonnen, die unter das „Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES)“ fällt. ­Diese Pflanze liefert die Substanz ­Podophyllotoxin, welche das Ausgangsmaterial für Etoposid ist. Wie BMS erklärt, handelt sich um eine langsam wachsende Pflanze, die im Himalaya Gebirge beheimatet ist.

Etoposid wird als Einzelmedikation oder in Kombination mit anderen Substanzen im Rahmen der Chemotherapie verschiedener Malignome eingesetzt. Etwa bei der Therapie von ­Keimzelltumoren des Hodens, kleinzelligem Lungenkarzinom, von Hodgkin-Lymphomen (BEACOPP) und hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphomen (CHOEP). Eine essenzielle Rolle spielt die Substanz laut DGHO in der Hochdosis-Chemotherapie mit autologem Stammzellersatz und in verschiedenen Protokollen in der pädiatrischen Onkologie. In vielen dieser Indikationen handele es sich um kurative Therapieansätze, so dass vermeidbare Tumortodesfälle auftreten könnten, wenn die Substanzen fehlen.

Es gibt andere Anbieter, aber …

Die DGHO weist ferner darauf hin, dass die Applikation von Etoposid sowohl durch die in Alkohol gelöste Zubereitung als auch in Form des alkoholfreien Etoposidphosphats möglich ist. Für alkohollösliches Etoposid gibt es mehrere Hersteller. Doch ist dieses laut DGHO vor allem für Hochdosis-Therapieprotokolle und in der pädiatrischen Onkologie wenig geeignet. So sei in der pädiatrischen Onkologie nur das Etoposid-Phosphat formal zugelassen.

Patienten dürfen nicht Spielball von Politik und Wirtschaft sein

Der DGHO-Vorstandsvorsitzende Prof. Carsten Bokemeyer betonte: „Dieses erneute Beispiel eines relevanten Lieferengpasses onkologischer Therapeutika zeigt einerseits die ganze Komplexität der jeweils zugrundeliegenden Ursachen, belegt aber andererseits, dass die Forderungen der DGHO nach einer vernünftigen gesetzlichen Regelung zur Sicherstellung der Versorgung aktueller denn je sind. Patienteninteressen dürfen nicht Spielball politischer und wirtschaftlicher Ab­wägungen sein.“

Ob andere Hersteller ihre Etoposid-haltigen Arzneimittel künftig weiter liefern können, oder das gleiche Problem wie BMS mit der Ausgangssubstanz haben, blieb bis DAZ-Redaktionsschluss unbeantwortet. |

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