Arzneimittel und Therapie

Ivermectin als Tablette

Krätze kann nun systemisch behandelt werden

rr | Auf Drängen der Politik wurde oral applizierbares Ivermectin in einem ­beschleunigten Verfahren zugelassen und steht ab 1. Mai zur Therapie von Skabies zur Verfügung. In Deutschland ist man damit für eventuelle Krätze-Ausbrüche in Sammel­unterkünften besser gewappnet.

Im vergangenen Herbst erteilte das Bundesgesundheitsministerium ­eine Ausnahmegenehmigung für den Import oraler Präparate mit Ivermectin, darunter vorrangig Stromectol® aus Frankreich. Anlass waren Ausbrüche von Skabies in Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen, die mit der zur Verfügung stehenden topischen Therapie nur schwer einzudämmen waren und aufgrund der raschen Weiterverbreitung der Krätzemilbe als Gefahr für die Bevölkerung eingestuft wurden. Der Einsatz von Ivermectin-Tabletten erfolgte damals abweichend von der Einzelimportregelung in einer gesundheitlichen Notlage.

Zulassung statt Notfall

Auf der 88. Gesundheitsministerkonferenz wurde daraufhin angeregt, zu prüfen, ob die Zulassung für Ivermectin-haltige Humanarzneimittel erleichtert werden kann, auch um bei erneuten Skabies-Ausbrüchen die Versorgung sicher­stellen zu können. Am 25. Februar 2016 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in einem ­dezentralisierten Verfahren schließlich die ­Zulassung für Ivermectin-Tabletten (3 mg) unter dem Markennamen Scabioral® in Deutschland erteilt.

Laut Fachinformation ist die Behandlung von Skabies mit oral applizierbarem Ivermectin gerechtfertigt, wenn die Diagnose klinisch und/oder durch parasitologische Untersuchungen gesichert ist. Pruritus allein stellt keine Indikation dar. Empfohlen wird die einmalige orale Gabe von 200 µg Ivermectin pro Kilogramm Körpergewicht. Das entspricht bei einem Körpergewicht von 70 kg fünf Tabletten à 3 mg. Kontaktpersonen sollten sich sobald wie möglich einer medizinischen Untersuchung unterziehen und gegebenenfalls sofort eine Skabies-Therapie ­erhalten.

Bei Kindern unter sechs Jahren können die Tabletten zur Erleichterung der Einnahme zerkleinert werden. Zwei Stunden vor und nach der Anwendung sollte keine Mahlzeit eingenommen werden.

Leitlinie wird überarbeitet

Nach Angaben von Leitlinienautor Prof. Dr. med. Cord Sunderkötter, Medizinische Fakultät Universität Münster, wird die orale Gabe von Ivermectin in der neuen Leitlinie zunächst als Folgetherapie für ansonsten gesunde Patienten empfohlen, die auf eine Vorbehandlung mit Permethrin nicht angesprochen haben. Als Therapie der ersten Wahl kommen Ivermectin-Tabletten infrage, wenn die Patienten immunsupprimiert sind, die Haut sehr ekzematös oder erosiv ist und eine korrekt durchgeführte Ganzkörperbehandlung mit topischen Mitteln nicht durchgeführt werden kann. Gründe können neben körperlicher Behinderung oder kognitiven Einschränkungen auch größere organisatorische Schwierigkeiten (z. B. in Sammelunterkünften) sein. |

Quelle

Fachinfo Scabioral®, Stand Februar 2016

„Beginn einer neuen Ära in der Behandlung der Krätze“, Pressemitteilung von InfectoPharm vom 20. April 2016

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