Feuilleton

Der Zoo des Conrad Gessner

Uni Zürich zeigt alte Bücher, Holzschnitte und Tierpräparate

cae | Der Zürcher Stadtarzt Conrad Gessner (1516 – 1565) schrieb das erste große Tierbuch der Neuzeit. Das Zoologische Museum der Universität Zürich widmet ihm zu seinem 500. Geburtstag eine Sonderausstellung, die bis zum 11. September läuft.

Zoologisches Museum der Universität Zürich; www.zm.uzh.ch

Karl-Schmid-Str. 4, 8006 Zürich

Geöffnet: Di. – Fr. 9 – 17 UhrSa. – So. 10 – 17 Uhr

Als Vorbild seiner „Historia animalium“ diente Conrad Gessner die gleichnamige Schrift des griechischen Philosophen Aristoteles. In Anlehnung an ihn gliederte er das Tierreich in vier Hauptgruppen, die er jeweils in einem Band abhandelte: lebendgebärende Vierbeiner (v. a. Säugetiere); eierlegende Vierbeiner (v. a. Echsen, Amphibien); Vögel und Fische. Zwei weitere Bände, die er über Schlangen und Insekten vorbereitet hatte, erschienen nach seinem frühen Tod. Insgesamt umfasst sein Werk über 1000 Tiere aus vier Kontinenten mit sehr schönen Holzschnitten.

„Eyn seltsam und wunderbarlich Thier“: Giraffe, Holzschnitt nach einer Zeichnung von Melchior Lorck, 1559.

Gessner beschrieb sowohl die Tiere selbst als auch ihre Lebensweise. Dabei übernahm er auch unwissenschaftliche Aussagen, die insbesondere das spätantike Werk „Physiologus“ über­liefert hatte, z. B. dass der Pelikan bei Nahrungsmangel seine Jungen mit ­seinem eigenen Blut füttert. Zudem beschrieb Gessner 25 Fabeltiere. Meistens zweifelte er ihre Existenz an, nicht ­jedoch beim Einhorn: Sein in Wunderkammern und in mancher Apotheke gezeigtes „Horn“, das tatsächlich ein Stoßzahn des Narwals ist, genügte ihm als Beweis.

Der vorherrschende Aspekt der „Historia animalium“ ist die Beziehung der Tiere zum Menschen. Inwiefern sind sie ihm nützlich, sei es als Haustier oder Wildtier? Wie soll man sie züchten, hegen, pflegen, wie jagt oder fängt man sie? Ist das jeweilige Tier essbar und – falls ja – wie wird es zubereitet? Welche Tiere liefern wichtige Rohstoffe, z. B. für Arzneimittel? (Letzteres traf z. B. für das „Einhorn“ zu.) Auch die Symbolik einzelner Tiere in der Literatur und Kunst war ein Thema.

Fotos: Zoologisches Museum der Universität Zürich

Die Amsel war früher ein scheuer Waldvogel. Das Gefieder konnte Gessner nur an einem toten Tier so genau studieren.

Da Gessner keine Expeditionen in ferne Länder gemacht hat, sondern eher ein Stubengelehrter war, war er auf ­Berichte von Kollegen in aller Welt angewiesen und führte eine ausgedehnte Korrespondenz. Als Vorbild für das Panzernashorn diente ihm der berühmte Holzschnitt von Albrecht Dürer (1515). Für die Giraffe war Gessner auf eine Abbildung des späten 15. Jahrhunderts angewiesen. Deshalb zeigt die Ausstellung zum Vergleich eine ­genauere Darstellung von 1559.

Ähnlich wie die Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts erlebte auch Gessners Tierbuch verschiedene Bearbeitungen. Er selbst gab 1553 die „Icones animalium“ heraus, die sich auf die Abbildungen und sehr wenig Text beschränkten und auch außerhalb der Fachkreise populär wurden. Bis ins 18. Jahrhundert wurde Gessner als zoologische Autorität zitiert. Seither ist sein Werk von historischer Bedeutung. |

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