Retax statt Patientenwohl
In der sogenannten Substitutionsausschlussliste (Teil B der Anlage VII der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA) sind Wirkstoffe mit zugehörigen Darreichungsformen definiert, für die ein grundsätzliches Austauschverbot gilt. Das gilt auch dann, wenn zu dem verordneten Präparat Rabattverträge existieren. In der Praxis tun sich mit dem Austauschverbot aber Probleme auf, denn für Fälle wie beispielsweise die Akutversorgung oder den Notdienst, die Wirkstoffverordnung oder auch die Nichtlieferbarkeit gibt es bis dato keine Regel, wie bei der Rezeptbelieferung vorzugehen ist. Es stehen also noch einige Ergänzungen der Liste aus, unter anderem im Hinblick auf einen zulässigen Austausch zwischen Original und Import.
Der Fall
Verordnet waren zulasten der DAK-Gesundheit (IK 101767997) „Tacrolimus-1-Wasser 1,02 mg 50 St. HKP und Tacrolimus-1-Wasser 5,11 mg 50 St. KAP“. Es handelte sich also um eine Verordnung über einen Wirkstoff der Substitutionsausschlussliste. Da sich aus dem der Apotheke vorgelegten Entlassungsbericht ergab, dass der Patient in der Klinik mit Prograf eingestellt wurde, wurde der Patient auch weiterhin mit diesem versorgt.
Jedoch verweigerte die Krankenkasse für das Rezept die Erstattung, retaxierte auf Null und untersagte zudem auch eine nachträgliche Arztbestätigung.
Die Apotheke wehrte sich und erhob mit Unterstützung der Klinik Einspruch – zusätzlich wandte sich der behandelnde Arzt mit einem Schreiben direkt an die DAK, um über die Wichtigkeit der Prograf-Behandlung aufzuklären:
„Auf dem eingereichten Rezept ist leider Tacrolimus als Wirkstoff angegeben. Der Patient muss aber, um den Transplantationserfolg zu gewährleisten, unbedingt mit Prograf weiterbehandelt werden, wie vom Transplantationszentrum vorgegeben. Eine Änderung der Immunsuppression, auch eine Änderung von Original auf Generikum, obliegt einzig dem Transplantationszentrum oder ist nur in Rücksprache mit dem Transplantationszentrum statthaft. Um den Transplantationserfolg nicht zu gefährden hat die XXX-Apotheke richtigerweise das Originalpräparat, wie im Entlassungsbrief der MHH vorgegeben, herausgegeben, und den entsprechenden Beitrag zur Abrechnung Ihnen in Rechnung gestellt.“
Die DAK zeigte sich unbeeindruckt und lehnte den Einspruch ab – in einem Schreiben an den Arzt teilte sie diesem zudem mit, dass er die korrekte Verordnungsweise missachtet habe, die Überprüfung der ordnungsgemäßen Ausstellung aber der Apotheke obliege.
Fazit
Diese Verordnung entsprach tatsächlich nicht den Erfordernissen für Wirkstoffe der Substitutionsausschlussliste, dies stellen weder die Apotheke noch der verordnende Arzt infrage. Besonders ärgerlich ist aber, dass die Apotheke für ihre Handlung zum Wohle des Patienten retaxiert wird, obwohl es bis dato auch keine Vereinbarung im vdek-Vertrag zu folgenden Punkten gibt:
- Berechtigung zur Nullretaxation bei Wirkstoffverordnungen der Substitutionsausschlussliste,
- Berechtigung zur Ablehnung nachträglicher Arztbestätigungen (Heilung). |
Apothekerin Marin Herpertz, DAP-Team
Apotheker Dieter Drinhaus, DAP-Retax-Forum
DeutschesApothekenPortal
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