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Das Kreuz mit dem Kreuzkraut

Foto: DAZ/Kahrmann

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Pyrrolizidinalkaloide in pflanzlichen Arzneimitteln sind wegen ihrer Toxizität gefürchtet. Besonders problematisch wird es, wenn sie in pflanzlichen Arzneimitteln auftauchen, von denen nicht bekannt ist, dass die dort verwendeten Ursprungspflanzen diese Substanzen synthetisieren können. Wenn das der Fall ist, muss schon gleich bei der Rohstoffgewinnung etwas schief gelaufen sein. Hersteller pflanzlicher Zubereitungen kennen das Problem schon seit Langem. Sie wissen, dass schon zwei bis drei Pflanzen eines Pyrrolizidinalkaloid-haltigen Unkrauts die Ernte eines ganzen Hektars Arzneipflanze unbrauchbar machen können.

Seit dem 1. März dieses Jahres sind nun die Hersteller von Arzneimitteln pflanzlichen Ursprungs durch eine Verfügung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verpflichtet, je nach Kontaminationsrisiko gezielte Maßnahmen zu ergreifen (s. S. 34). Bei relevanter Kontaminationsproblematik muss danach vor der Freigabe routinemäßig sichergestellt werden, dass ein Grenzwert von 1 Mikrogramm Pyrrolizidinalkaloiden pro Tagesdosis nicht überschritten wird. Das kann natürlich dazu führen, dass manch ein Phytopharmakon dann einmal vorübergehend nicht in ausreichender Menge auf den Markt gebracht werden kann. Vielleicht sogar Johanniskraut. Denn hier handelt es sich um eine Pflanze mit relevanter Kontaminationsproblematik. Sie wird nicht nur kontrolliert angebaut. Sie wird auch in großem Ausmaß wild gesammelt, so dass hier besonders leicht Beikräuter in die Ernte gelangen können. Besonders gefürchtet sind Verwechslungen mit ähnlich ausse­henden Pyrrolizidinalkaloid-haltigen Kreuzkraut-Arten wie dem Jakobs-Kreuzkraut (s. S. 34).

Deshalb war es nicht verwunderlich, dass für das zurzeit so gut wie nicht lieferbare Johanniskraut-Präparat Laif® der Firma Bayer der Verdacht aufkeimte, der Hersteller habe mit den gefürchteten Pyrrolizidinalkaloiden zu kämpfen. Bestätigt wurde dies nicht. Zwar wird als Grund angegeben, dass die Ernte die hohen Qualitätsanforderungen nicht erfüllen konnte. Aber dabei soll es sich um Inhaltsstoff-Schwankungen handeln. Unabhängig davon betont Bayer wie viele andere pharmazeutische Unternehmer, dass man das Pyrrolizidinalkaloid-Problem sehr ernst nehme und die Maßgaben des BfArM befolgen wird. Darüber hinaus war auch Bayer mit weiteren Unternehmen an der Erarbeitung des Code of Practice beteiligt. Dieser sieht zur Risikominimierung unter anderem ein engmaschiges Monitoring sowie Maßnahmen über die gesamte Prozesskette vom Saatgut bis zur Wirkstoffproduktion vor (s. S. 33).

Wir können also davon ausgehen, dass die verfügbaren Johanniskrautextrakt-haltigen Arzneimittel sicher sind. Es bleibt zu hoffen, dass andere Hersteller entsprechender Arzneimittel weiterhin lieferfähig bleiben, so dass wir ruhigen Gewissens auf diese gut kontrollierten Produkte zurückgreifen können. Für Johanniskraut- und andere gefährdete pflanzliche Produkte, die nicht als Arzneimittel vertrieben und aus weit weniger gut kontrollierten Quellen stammen, gelten die strengen Vorgaben des BfArM übrigens nicht. Die Gefahr einer Pyrrolizidin­alkaloid-Kontamination könnte hier ungleich größer sein. Ein weiterer Grund, unseren Kunden und Patienten von solchen Produkten dringend abzuraten.

Dr. Doris Uhl

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